News Bild Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit
Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit

Zurück in der Heimat

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Waltenhofen, 20. September 2023

Veronika Wetzel ist 22 Jahre alt und stammt aus Waltenhofen im Oberallgäu. Seit Anfang September 2022 verbrachte sie ein ganzes Jahr als „Missionarin auf Zeit“ in Ruanda bei den Pallotinerinnen. Regelmäßig hat uns Veronika mit auf ihre Reise genommen und berichtete über ihre Erfahrungen bei diesem außergewöhnlichen Einsatz für die Menschen und die katholische Kirche. Nun ist sie wieder zuhause und erzählt, wie sie wieder zuhause angekommen ist.

Deutschland hat mich genauso begrüßt, wie ich es erwartet habe – 13 Grad, Regen, feuchte Kälte. Nach zehn Flugstunden bin ich wieder auf der anderen Hälfte der Weltkugel angekommen, mein Jahr als „Missionarin auf Zeit“ ist vorbei. Einen Vorgeschmack auf die Heimat habe ich bereits im Flugzeug bekommen: auf dem Flug von Kigali nach Istanbul saß ein Österreicher neben mir, mit dem ich mich allein wegen seinem Dialekt gern unterhalten habe. Ich liebe den österreichischen Dialekt! Vielleicht weil sich Bayern und Österreich ja doch recht ähnlich sind, bekomme ich immer Heimatgefühle, wenn ich ihn höre.

Wiedersehen mit der Familie

Nachdem ich meinen Rucksack vom Gepäckband geholt hatte, habe ich mir noch kurz Zeit genommen, zu realisieren, dass ich wieder in Deutschland bin, habe mir Zeit genommen, meine Gefühle zu ordnen, habe mir Zeit genommen, mich auf den neuen Abschnitt in meinem Leben vorzubereiten. Als dann die Schiebetür am Münchner Flughafen vor mir aufgegangen ist, habe ich sie ganz vorne stehen sehen: Meine Familie. Ausgerüstet mit Plüschtieren und Pralinen. Sogar meine Schwester war mit ihrem Ehemann dabei, die extra aus dem Urlaub früher zurückgekommen sind, um mich zu überraschen. Meine Mutter hat mich ausgiebig umarmt und als ich sie losgelassen habe, habe ich ihre feuchten Augen bemerkt. Und als ich meine Schwester, mit der ich immer ein Zwilling sein wollte, zum ersten Mal seit einem Jahr wieder umarmt habe, konnte auch ich die Tränen nicht mehr zurückhalten.

"Erstmal kräftig umarmen!" - Wiedersehen am Flughafen.

Am Flughafen sind wir direkt alle zusammen in ein Münchner Wirtshaus eingekehrt, wo ich mir einen Wurstsalat bestellt habe. Ich war so froh, wieder deutsches Essen essen zu können! Vor meinem Abflug habe ich meiner Mutter eine Liste mit Gerichten zugeschickt, die ich gern wieder essen würde, wenn ich zu Hause bin. Mit dem Wurstsalat haben wir gleich eines abgehakt.

Deutschland mit neuen Augen sehen

Auf der Heimfahrt sind mir so etliche Dinge aufgefallen, die mir vorher noch nie so bewusst waren: Erstens war es komisch für mich, dass – blöd gesagt – überall so viele Weiße waren, dass mich niemand anstarrt und ich nicht auffalle. Aber vor allem bin ich ein Jahr lang auf keiner dreispurigen Straße gefahren, bin durch keinen Tunnel gefahren. Und auch mein zu Hause habe ich mit neuen Augen gesehen: Allein, dass unser Haus zwei Stockwerke hat, dass unsere Küche mit Vollholz ausgestattet ist, war gewissermaßen „ungewohnt“ für mich und hat mir bewusst gemacht, wie komfortabel wir leben. Ich dachte mir: Wir sind wirklich ein sehr reiches Land. Als mir bewusst geworden ist, wieviel ich immer als selbstverständlich wahrgenommen habe und wie wenig es das doch ist, dachte ich mir: Die Dankbarkeit, die ich jetzt spüre, hätte ich gern immer. Was auch komisch für mich war: Ich konnte wieder mit dem Leitungswasser Zähne putzen. In Ruanda habe ich das wegen der Gefahr einer Lebensmittelvergiftung nie gemacht. Als ich meinen Mund in unserem Bad zu Hause dann gerade mit Leitungswasser ausspülen wollte, bin ich kurz zurückgeschreckt, weil ich mir dachte: Halt, das darfst du ja nicht trinken! Dann ist mir bewusst geworden: Ach, doch. Hier geht das ja.

Alle waren gekommen! Endlich wieder im Kreis der Familie.

Plötzliche Veränderungen

Auch ein wenig seltsam war für mich, dass sich die Zeit in Deutschland in meiner Abwesenheit weitergedreht hat. Meine Schwester ist jetzt fast 26, hat ihr Studium abgeschlossen, neben unserem Haus sind drei weitere Häuser gebaut worden. Irgendwie war es komisch, dass diese Dinge „plötzlich“ anders sind, weil ich die Veränderungen ja nicht miterlebt habe. Und andererseits fühlt es sich an, als wäre ich doch nie weg gewesen: In unserem Haus hat sich quasi nichts verändert (bis auf die Blumensträuße, die meine Mutter zu meiner Begrüßung überall im Haus aufgestellt hat) und mit meiner Familie ist es wie immer: Es geht herzlich zu, es wird viel gelacht, diskutiert, gealbert.

Die heimische Landschaft - Ein erster Ausflug mit der Familie.

Viel Zeit mit der Familie

Die Zeit nach meiner Ankunft habe ich einerseits genutzt, um mich um die Uni-Einschreibung zu kümmern (ich werde ab Oktober „Internationale Beziehungen“ an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg studieren), andererseits habe ich die Zeit mit meiner Familie einfach genutzt und genossen: Gemeinsam mit meinem Bruder und meinen Eltern habe ich einen Ausflug auf die Insel Mainau gemacht, ich war zusammen mit meiner anderen Schwester und ihrem Mann Sushi essen und im Kino, wir waren gemeinsam wandern und haben ein Grillfest veranstaltet, bei dem ich dann auch meine älteste Schwester zum ersten Mal seit einem Jahr gesehen habe. Und als ich so im Kreis meiner Familie in unserem großen Garten bei voll gedecktem Tisch saß und in die fröhlichen Gesichter geschaut habe, dachte ich mir: Es tut so gut, wieder zu Hause zu sein!

Lesen Sie hier Teil I des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil II des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil III des Auslandstagebuchs

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Text und Fotos: Veronika Wetzel



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