News Bild Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit
Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit

Veronikas Mission – Teil III

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Masaka/Ruanda, 13. Januar 2023

Veronika Wetzel ist 22 Jahre alt und stammt aus Waltenhofen im Oberallgäu. Sie beschreibt es als Kindheitstraum, als „Missionarin auf Zeit“ zu wirken. „Mein Wunsch war bereits damals, nach Afrika zu gehen. Meine Motivation für dieses Jahr war und ist vor allem durch das Mitleben im Konvent in meinem Glaubensleben zu wachsen, …“. Seit Anfang September 2022 ist sie nun tatsächlich als „Missionarin auf Zeit“ in Ruanda bei den Pallotinerinnen. Regelmäßig nimmt uns Veronika mit auf ihre Reise und berichtet in den nächsten 12 Monaten über ihre Erfahrungen und Gedanken bei diesem außergewöhnlichen Einsatz für die Menschen und die katholische Kirche. Hier folgt ihr dritter Tagebucheintrag.

Ich rolle behutsam den Erdnuss-Plätzchenteig aus, während mein Handy klassische Weihnachtshits dudelt – „O come, o come Emmanuel“, „Engel auf den Feldern singen“, aber auch Pop-Songs wie „All I want for Christmas is you“. Draußen zwitschern die Vögel, die Sonne scheint, es hat 24 Grad. Ich fühle mich ein bisschen so, als würde ich im August Plätzchen backen. Dass bereits der Januar vor der Tür steht, will mir nicht in den Kopf gehen. Ich fühle mich hier eher, als würde die Zeit nicht vergehen, als wäre immer noch August. Denn: Es hat in Ruanda immer rund 20 Grad, es regnet fast jeden Tag, die Sonne geht immer zur gleichen Zeit unter. Es fühlt sich an wie das Leben in einer Zeitkapsel.

Ganz Kigali funkelt: Lichterketten schlängeln sich an den Stämmen der Palmen hoch.

Sehnsucht nach zu Hause

Gleichzeitig sehe ich in den sozialen Medien die Bilder von meinen Freunden und meiner Familie auf Weihnachtsmärkten, ich sehe, dass es zu Hause schneit und ich muss gestehen: Ich bin ein bisschen neidisch. Denn obwohl ich selbst gern betone, dass es an Weihnachten um die Geburt Jesu geht und nicht den ganzen romantisierten Kommerz drumherum, merke ich selbst hier, wie sehr auch Weihnachtsmärkte, der Besuch des „Heiligen Nikolaus“ und Schnee für mich zu Weihnachten dazugehören. Und ich muss schon sagen: In dieser Zeit vermisse ich meine Heimat ein bisschen mehr als sonst.

Aber auch hier gibt es natürlich ein paar Anzeichen, dass Weihnachten vor der Tür steht, vor allem meine Mit-Freiwillige Emma gibt sich alle Mühe für weihnachtliche Stimmung zu sorgen: Am 6. Dezember als ich morgens aufwache, liegt mein Flip-Flop neben dem Bett, in einem Socken steckt eine Süßigkeit. Die ruandische Form des Weihnachtsstiefels. :D Eine kleine Überraschung, die mich riesig gefreut hat. In der Vorschule erzähle ich den Kleinen anlässlich des Festes des Heiligen Nikolaus die Geschichte über den Heiligen und spiele einzelne Passagen nach. Besonders als ich mit einem „Sack“ (meiner Tasche) auf dem Rücken ins Klassenzimmer komme und die Kinder schauen lasse, was drin ist, quietschen sie freudig.

Weihnachtsplätzchen backen bei 24 Grad!

Funkelnde Palmen

Aber auch als ich zum ersten Mal seit Langem in die Hauptstadt Kigali fahre, um ein Weihnachtspaket abzuholen, das meine Eltern mir geschickt haben, werde ich ein bisschen in Weihnachtslaune versetzt: An Läden und Regierungsgebäuden hängen Lichterketten, die wie glitzernde Lianen von den Dächern hängen, auch an den Stämmen der Palmen schlängeln sich Lichterketten hoch, auf einem Kreisverkehr ist eine Lichterpyramide aufgebaut. Die ganze Stadt funkelt!

In der Grundschule gibt es sogar zwei Weihnachtsfeiern, bei der ersten bekommen die Kinder alle Papierkronen, die Schulband spielt ein paar Weihnachtslieder und ich verteile die Lebkuchen, die meine Eltern mir geschickt haben, an die Lehrer der Vorschule. Bei der zweiten Weihnachtsfeier kann ich leider nicht dabei sein, weil ich wieder schwere Magenprobleme habe, nachdem ich mir zu Monatsbeginn irgendwie Parasiten eingefangen habe.

Meine Mit-Freiwillige Emma und ich haben den Schwestern zu Weihnachten Tischdecken geschenkt. Die haben sie allerdings für Wickelröcke gehalten und sich prompt um die Hüften gebunden.

Weihnachtsfeier am 25. statt an Heiligabend

Deswegen verbringe ich den Vormittag von Heiligabend auch komplett beim Arzt (inzwischen geht es mir aber wieder besser), nachmittags helfe ich den Schwestern dann dabei, die Christbäume im Konvent und vor ein paar Läden zu schmücken. An Heiligabend gehen wir gemeinsam in den Gottesdienst, der zu meiner Überraschung nicht viel anders war als sonst – vor allem, wenn man die Sprache nicht versteht. Danach essen wir zusammen Abend, von der Festlichkeit her in etwa so wie sonntags. Und ich muss zugeben, dass ich mich dann schon frage, ob das schon die ganze Weihnachtsfeier war. Letztendlich feiern wir dann aber am 25. abends so richtig: Im großen Salon, wo wir immer für besondere Anlässe sind, essen wir zuerst zu Abend. Es gibt Pommes, Fleisch, Erbsen, Reis und Kuchen, Tiramisu und die Plätzchen, die Emma und ich gemeinsam gebacken haben. Dann beschließen die Schwestern spontan, bei den Pallottinerinnen in Deutschland anzurufen, die sich sehr über die Überraschung und das Weihnachtsständchen auf Kinyarwanda (der Landessprache Ruandas) freuen und auch darüber, Emma und mich zu sehen.

Im Anschluss tauschen wir uns darüber aus, wie es unseren Familien geht. Denn wir wurden vormittags in Gruppen eingeteilt und sollten in diesen Gruppen mit den Familien der verschiedenen Personen reden und uns erkundigen, wie es ihnen geht. Einige Schwestern kommen aus dem Kongo, wo aktuell im Osten des Landes wieder Krieg herrscht. Eine Schwester erzählt, dass auf die Kirche in ihrer Heimat eine Granate geworfen wurde, dass die Brücke zu ihrem Heimatort gesprengt wurde, aber, dass ihre Familie lebt – noch, wie sie betont. Die Geschichte geht mir nahe und zeigt mir, was für ein Luxus es allein ist, ein friedliches Weihnachten feiern zu dürfen.

Zu Weihnachten wird bei den Schwestern vor allem getanzt. Eine Tradition, die ich auch in Deutschland schön fände.

Tanzen bis die Füße wehtun

Nach dem Austausch tanzen wir gemeinsam mit den Schwestern, bis mir die Füße wehtun, was total viel Spaß macht! Die Schwestern versuchen, mir traditionelle ruandische Tänze beizubringen. Aber gleichzeitig Hüften, Beine und Arme zu bewegen, ist doch schwieriger, als ich dachte. :D Zu guter Letzt ziehen wir dann noch mit verschlossenen Augen die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum und überbringen sie jeweils der Person, deren Geschenk wir gezogen haben. Emma und ich haben den Schwestern zu Weihnachten Tischdecken besorgt. Die Schwestern halten sie allerdings für Wickelröcke und binden sie sich prompt um die Hüften. :D Eins steht fest: Die Schwestern wissen, wie man die Freude, die an Weihnachten verkündet wird, Realität werden lässt. Und: Ich bin dafür, dass wir auch in Deutschland das Tanzen an Weihnachten einführen!

Lesen Sie hier Teil I des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil II des Auslandstagebuchs

Text und Fotos: Veronika Wetzel/jas



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