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Die Bedeutung der Schottenbibliothek liegt zunächst in der Tatsache, dass diese Bibliothek einer irisch-schottischen Benediktinerabtei nicht der Säkularisation durch den bayerischen Staat anheimfiel, sondern in kirchlichem Besitz verblieb. Zugleich bildet sie einen Spiegel der Gelehrsamkeit der Schottenmönche mit weit über Regensburg hinaus ausstrahlenden Verbindungen.

Der Fächerkanon der Schottenbibliothek

Der universale Sammelcharakter einer Bibliothek des Benediktinerordens lässt sich an den Beständen noch sehr gut ablesen. Vertreten sind nicht nur, wie zu erwarten, die klassischen Fächer der Theologie und Philosophie, sondern auch

  • Geographie
  • Geschichte
  • Recht
  • Politik
  • Mathematik
  • Physik
  • Technik
  • Medizin
  • Geschichte der Naturwissenschaft
  • Architektur
  • Malerei
  • Musik
  • Belletristik

Die Bibliothek erweist sich daher als eine Fundgrube wertvoller, vor allem barocker Drucke, deren systematische Auswertung durch die Forschung noch bevorsteht.

 

Überblick über wertvolle Inkunabeln aus der Schottenbibliothek

Neben spätmittelalterlichen Handschriften überwiegend theologischen oder liturgischen Inhalts und Barockliteratur der oben genannten Fachrichtungen birgt die Schottenbibliothek den Schatz von 168 Inkunabeltiteln, also von Drucken mit Erscheinungsjahr vor 1501.

Diese Wiegendrucke beginnen mit Justinians „Institutiones, pars 1“ des Corpus iuris civilis, gedruckt zu Straßburg von Heinrich Eggesteyn 1472 (SWS Ink. 1) und enden mit der vierbändigen lateinischen Bibel „Biblia cum glossa ordinaria Walafridi Strabonis aliorumque et interlineari Anselmi Laudunensis“, gedruckt zu Straßburg von Adolf Rusch für Anton Koberger kurz nach dem 23.9.1481 (SWS Ink. 132–135).

Hier eine Auswahl weiterer besonderer Titel:

die Historia Alexandri Magni in deutscher Übersetzung von Johann Hartlieb, gedruckt in Augsburg von Anton Sorg 1480 (SWS Ink. 16);
eine von Anton Koberger zu Nürnberg gedruckte lateinische Bibel von 1477 (SWS Ink. 4);

  • die in Venedig 1477 gedruckte „Summa theologiae“ des Thomas von Aquin (SWS Ink. 7);
  • die 1481 von Anton Koberger in Nürnberg gedruckten „Epistolae familiares“ Papst Pius II. (Aeneas Silvio Piccolomini) (SWS Ink. 21);
  • der 1491 ebenfalls von Anton Koberger in Nürnberg gedruckte „Schatzbehälter“ des Stephan Fridolin (SWS Ink. 128);
  • die 1496 von Johannes von Amerbach in Basel gedruckten „Opera“ des Franciscus Petrarca (SWS Ink. 101);
  • oder das 1492 zu Bamberg von Heinrich Perzensteiner und Johannes Pfeyl gedruckte „Missale Ratisponense“ (SWS Ink. 131).

An Theologen sind unter den Inkunabeldrucken der Schottenbibliothek neben Thomas von Aquin und Albertus Magnus besonders häufig folgende Verfasser vertreten: Aurelius Augustinus, Antoninus Florentinus, Johannes Balbus, Johannes Duns Scotus, Johannes Herolt, Petrus Niger, Petrus de Aquila, Guillelmus Duranti, Alexander de Hales, Jacobus de Voragine, Johannes Capreolus, Heinrich Herpf und Robertus Caracciolus.
An lateinischen Klassikern begegnen Terentius, Cato, Ovid, Lactantius, Cicero und Plinius.

 

Kleine Geschichte der Schottenbibliothek

Bei der „Schottenbibliothek“ handelt es sich um die Bibliothek des ehemaligen Regensburger Schottenklosters St. Jakob. Dieses war ein um 1090 gegründetes Benediktinerkloster der dritten irischen Missionswelle, das Anfang des 16. Jahrhunderts aus irischen in schottische Hände übergegangen war.
Die umfangreiche Schottenbibliothek mit mehr als 25.000 Bänden war deshalb von besonderem Wert, weil sie als einzige Benediktinerklosterbibliothek Bayerns die Säkularisation 1803 unbeschadet überstanden hatte. Der quasi-exterritoriale Status des nur von schottischen Mönchen belegten Klosters hatte die Bibliothek vor dem Zugriff des bayerischen Staates geschützt.
 

Zweiteilung bei Klosterauflösung

Allerdings ist das weitere Schicksal dieser Bibliothek durch eine Zweiteilung bei der Klosterauflösung 1862 gekennzeichnet: Der kleinere, aber wertvollere Teil wurde vom letzten Mönch zusammen mit einem Teil des Klosterarchivs nach Schottland transportiert. Rund 300 Urkunden und Handschriften finden sich heute nach der Auflösung der Benediktinerabtei Fort Augustus (1998) in den Scottish Catholic Archives in Edinburgh, weitere Handschriften und alte Bücher in der National Library of Scotland in Edinburgh.

Der Hauptteil der Bibliothek, vom 15. Jahrhundert aufwärts – darunter mehrere Dutzend Handschriften und 168 Wiegendrucke (Inkunabeln) – blieb aber in Regensburg. Dieser Bestand bildete zunächst in den alten Räumen des ehemaligen Schottenklosters die Bibliothek des Klerikalseminars Regensburg. Trotz mehrerer Umzüge im Haus und Granattreffern im Zweiten Weltkrieg traten keine größeren Verluste ein.
 

Schottenbibliothek wird Teil der Bischöflichen Zentralbibliothek

1972 wurde die Büchersammlung in die neugegründete Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg übernommen. Für die Regensburger Bibliothekslandschaft ist es ein großer Gewinn, dass hier – trotz gewisser Abgänge nach Schottland – eine gewachsene Klosterbibliothek erhalten blieb.