News Bild Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit
Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit

Veronikas Mission – Teil VII

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Ruanda, 12. Mai 2023

Veronika Wetzel ist 22 Jahre alt und stammt aus Waltenhofen im Oberallgäu. Seit Anfang September 2022 ist sie als „Missionarin auf Zeit“ in Ruanda bei den Pallotinerinnen. Regelmäßig nimmt uns Veronika mit auf ihre Reise und berichtet in den nächsten 12 Monaten über ihre Erfahrungen bei diesem außergewöhnlichen Einsatz für die Menschen und die katholische Kirche.

Wie hat es sich nochmal angefühlt, das erste Mal auf einem Fahrrad-Taxi, bei dem man ganz einfach auf dem Gepäckträger sitzt, mitzufahren? Wie war es, das erste Mal Isombe (Gericht aus den Blättern der Kasava-Pflanze, das ein bisschen aussieht wie der tiefgefrorene Spinat aus dem Edeka) zu probieren? Wie sehr hat es mich überrascht, dass die Busse hier so aussehen, als würden sie gleich auseinanderfallen, aber dass es trotzdem mobiles WLAN dort gibt? An all diese Alltagssituationen habe ich mich inzwischen so gewöhnt, dass sie sich normal für mich anfühlen. Aber durch den Besuch der Familie meiner Mit-Freiwilligen Emma sind mir all diese Dinge wieder erneut aufgefallen und ich musste bei ihren Erzählungen über unser „neues Leben“ oft schmunzeln.

Ein süßer Ostergruß aus der Heimat!

Rübli-Kuchen und ein Schoko-Osterhase

Gleichzeitig gibt es aber einige Dinge, an die ich mich wohl nie gewöhnen werde: Zum Beispiel, dass die Busse hier so mit Menschen vollgestopft, dass immer welche von der Tür eingequetscht werden, wenn diese sich an den Haltestellen öffnet. Oder dass lebendige (!) Tiere, beispielsweise Hühner aber auch Ziegen, auf dem Motorroller zum Schlachten transportiert werden. Aber auch der Umstand, dass man als „Weiße“ teilweise bevorzugt wird, wenn man zum Beispiel an der Bushaltestelle oder in der Bank an der Warteschlange vorbeigelotst wird, um als Erster dran zu sein. Und dass man immer auffällt – vor allem wenn man als Europäer zu sechst auf Fahrrad-Taxis unterwegs ist :D.

Durch den Besuch von Emmas Familie habe ich mich auch ein bisschen an zu Hause erinnert gefühlt: Die Tischgespräche beim Abendessen waren genauso lebendig wie in meiner Familie, wir sind gemeinsam in den Gottesdienst gefahren und weil ihre Familie über Ostern da war, haben wir zusammen einen Rübli-Kuchen mit Marzipan-Rüben aus Deutschland gebacken und am Ostersonntag ist sogar der Osterhase vorbeigekommen und hat eine Schoko-Version von sich auf unseren Nachttisch gestellt! ???? Weil ich gerade an den Feiertagen mein deutsches Zuhause ein bisschen mehr vermisst habe als sonst, war das ein kleiner Trost für mich.

Berührungsängste sollte man in den öffentlichen Verkehrsmitteln in Ruanda nicht haben.

Karfreitagsmesse im Land der 1.000 Hügel

Aber auch die heilige Woche wurde hier ziemlich ähnlich wie zu Hause gefeiert, was mich überrascht hat: Am Gründonnerstag hat der Priester in der Messe zwölf älteren, in der Gemeinde angesehenen Männern (genannt Muzees), die Füße gewaschen. Was mir aber neu war: Anschließend gab es bei den Schwestern ein Festessen, eine Erinnerung an das letzte Abendmahl. Am Karfreitag haben alle gefastet, also gar nichts gegessen, und geschwiegen und wir sind gemeinsam in die Karfreitagsmesse gegangen. Weil die Kirche von Masaka auf einem ziemlich steilen und ziemlich hohen Hügel liegt (das Land heißt nicht umsonst „Land der 1.000 Hügel“!) und ich nicht gerade Bergschuhe anhatte, hat es sich ein bisschen angefühlt, als würden wir auf einen Kreuzberg laufen. Die Messe war vermutlich die längste meines Lebens – oder vielleicht hat es sich auch nur so angefühlt, weil alles in der Landessprache Kinyarwanda war und ich die Sprache immer noch nicht wirklich kann. Auf jeden Fall haben wir erst draußen den Kreuzweg gebetet, dann hat sich der normale Karfreitagsgottesdienst mit Kreuzerhöhung und -verehrung angeschlossen. Insgesamt hat der Gottesdienst, glaube ich, viereinhalb Stunden gedauert und wir sind genau zum Einbruch der Dunkelheit in den Konvent zurückgekehrt.

Kochen african Style bei meiner Kollegin Mama Hélène.

Osterlob auf Kinyarwanda

Auch die Osternacht, die bereits um 18 Uhr angefangen hat, weil viele Personen hier zu Fuß in die Kirche kommen und wegen der teils fragilen Sicherheitssituation nicht nach Mitternacht nach Hause laufen sollten, erinnerte mich an Deutschland. Erst haben sich alle Gottesdienstbesucher vor der Kirche versammelt, wo das Osterfeuer entzündet wurde und daran die Osterkerze. Dann sind alle mit ihren kleinen Osterlichtern in die Kirche gegangen, wo das Osterlob auf Kinyarwanda vorgetragen wurde. Obwohl die Osternacht sehr festlich war, habe ich die Feier, wie ich sie von zu Hause kenne, vermisst: Den Einsatz der Orgel zum Hallelujah, die Männer-Schola meiner Heimatpfarrei, und vor allem die Lesungen in einer Sprache, die ich verstehe – wodurch es einem doch sehr viel leichter fällt, die Texte nachzuvollziehen.

Jetzt bist Du in Afrika angekommen

An den Feiertagen haben wir dieses Mal, wie üblich bei Festen, nicht getanzt. Denn die Osterwoche fiel mit der Gedenk-Woche an den Genozid in Ruanda zusammen. Alle Sehenswürdigkeiten und die meisten Geschäfte hatten geschlossen und es war auch nicht erlaubt, zu tanzen. Stattdessen wurde gesungen: Jedes „Team“ trug ein Lied vor. Die älteren Ordensschwestern, die jüngeren Ordensschwestern, die Novizinnen, die Postulantinnen und wir – heißt: Emmas Familie und ich.

Die Osterferien konnte ich auch ein bisschen nutzen, um Aktivitäten umzusetzen, die ich mir schon lange vorgenommen habe, zum Beispiel mit meiner Kollegin Mama Hélène zu kochen. Sie hat mir für die Küche einen Kanga (Wickelrock) und einen Stoffturban umgebunden und wir haben gemeinsam in ihrer Küche, in der sie auf dem Holzofen kocht, Isombe und Ubugali (Teig aus Maismehl und dem Mehl der Kasava-Wurzel gemischt mit Wasser) gemacht und ich durfte sogar ausprobieren, mit einem Holzstampfer eine Kräutermischung zu vermahlen. Dabei habe ich mich ein bisschen wie in dem Buch „Meine Oma lebt in Afrika“ gefühlt, das ich in der Grundschule gelesen habe und das mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf gegangen ist. Alle Personen, denen ich die Bilder vom Kochen gezeigt habe, meinten zu mir: „Jetzt bist du in Afrika angekommen.“

Text und Fotos: Veronika Wetzel/jas

Weitere Infos

Lesen Sie hier Teil I des Auslandstagebuchs

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