News Bild Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit
Vom Allgäu nach Afrika: Aus dem Tagebuch einer Missionarin auf Zeit

Veronikas Mission – Teil VI

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Ruanda, 13. April 2023

Veronika Wetzel ist 22 Jahre alt und stammt aus Waltenhofen im Oberallgäu. Seit Anfang September 2022 ist sie als „Missionarin auf Zeit“ in Ruanda bei den Pallotinerinnen. Regelmäßig nimmt uns Veronika mit auf ihre Reise und berichtet in den nächsten 12 Monaten über ihre Erfahrungen bei diesem außergewöhnlichen Einsatz für die Menschen und die katholische Kirche.

Ein Schnitzel und viel Arbeit

Wenn man mich fragt, was ich an zu Hause mit am meisten vermisse, kommt von mir ziemlich schnell die Antwort: Das Essen. Deswegen war es ein echtes Highlight für mich, als ich neulich zum ersten Mal seit bestimmt einem Jahr ein echtes deutsches (ich weiß eigentlich eine österreichische Erfindung) Schnitzel in einem deutschen Restaurant in Kigali bekommen habe. Die Osterferien haben meine Mit-Freiwillige Emma und ich also gleich mit einer anständigen Belohnung begonnen.

So schmeckt Heimat! Ein Schnitzel in Afrika.

In letzter Zeit sind öfters einmal Lehrer in der Nursery School (Vorschule) ausgefallen, vor allem Lehrkräfte aus dem Kongo, weil dort jede volljährige Person nun einen neuen Ausweis bekommt und für die Ausstellung in den Kongo reisen muss. Die Lehrkräfte, die ausgefallen sind, habe ich dann so gut ich konnte, ersetzt. Das bedeutet, dass ich oft mehrere Tage den ganzen Vormittag mit über 40 Kindern alleine war und ich sie irgendwie unterrichten und beschäftigen musste. Das klappt zwar inzwischen dank einiger Lieder und Bewegungsspiele, die ich mir angeeignet habe, ganz gut, ist aber trotzdem anstrengend. Ruhiger wird es dann, wenn die Kinder von ihren Eltern abgeholt werden und man nur noch ein paar beaufsichtigen muss, mit denen man wegen der kleineren Zahl dann auch besser Spiele spielen kann.

Das Lehrer-Fußballteam unserer Schule.

Ansonsten ist in der Schule inzwischen nach dem Besuch der Generaloberin Sr. Josephina und dem Besuch des Bildungsministeriums ein bisschen Ruhe eingekehrt – nur der Weltfrauentag wurde an der Schule tatsächlich noch groß gefeiert, was mich überrascht hat, obwohl man in Ruanda Frauen genauso beim Straßenbau wie auch in hohen politischen Ämtern sieht. Die Lehrerinnen haben gemeinsam mit jeweils einem Mädchen aus ihrer Klasse eine Parade gebildet, die Schüler sind für sie Spalier gestanden und jede Frau hat eine Blume bekommen. Auch wenn ich persönlich den Weltfrauentag sonst nicht feiere – der Ausdruck von Wertschätzung und Anerkennung war doch rührend.

Mit Mama Helene, in deren Klasse ich am meisten aushelfe, am Weltfrauentag.

Besuch einer Genozid-Gedenkstätte

Neben der Arbeit haben Emma und ich aber doch inzwischen auch die Möglichkeit gefunden, das Leben hier ein bisschen zu genießen. Denn ich bin endlich einmal nicht krank, was fast schon an ein Wunder grenzt! Zusammen mit anderen Lehrern aus dem Kongo haben wir zum Beispiel bei einer anderen Lehrkraft zu Hause Abend gegessen oder waren gemeinsam nach einem Fußballspiel unserer Lehrer gegen die Lehrer einer anderen Schule von Masaka (das wir leider verloren haben) mit einigen Kollegen etwas trinken und tanzen.

Emma und ich haben die Zeit aber auch genutzt, um das Land noch besser kennenzulernen: Vor einigen Wochen waren wir in Ntarama in einer Genozid-Gedenkstätte, wo 1994 rund 5.000 Menschen in einer ehemaligen Kirche ermordet wurden. Einer von vielen Orten, an denen Massenvernichtungen stattgefunden haben. So richtig begreifen, was dort passiert ist, kann man eigentlich gar nicht, obwohl der Führer uns die Orte auf dem Gelände gezeigt hat, wo Frauen vergewaltigt und Babys erschlagen wurden und die Kleiderstücke der Opfer noch immer dort aufbewahrt werden. Das Thema ist in der Gesellschaft natürlich noch immer präsent. An dem Tag, an dem Emma und ich in Ntarama waren, war dort auch ein Treffen von Überlebenden aus Politik und dem medizinischen Bereich.

Anlässlich ihres Geburtstags zu Besuch bei der Pallotti-Freiwilligen Melanie in Ruhango.

Die Zeit vor der Osterwoche habe ich auch noch genutzt, um relativ spontan eine andere Freiwillige (Melanie) in Ruhango (etwa zweieinhalb Stunden von Masaka entfernt) zu besuchen, die ihren 19. Geburtstag hatte. Ich habe sie mit einem Schokokuchen überrascht und wir haben gemeinsam bei Filmeabenden die Süßigkeiten genascht, die ihr aus Deutschland geschickt wurden – für die paar Tage habe ich mich wieder wie mit 13 gefühlt. Zurück in Masaka wurde ich von den Postulantinnen (Schwestern in Ausbildung) so empfangen, als wäre ich ein Jahr weg gewesen: Mit ganz vielen „Schön-dass-du-wieder-da-bist“-Rufen, Umarmungen und Fotos, sodass es sich ein bisschen wie heimkommen angefühlt hat.

Lesen Sie hier Teil I des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil II des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil III des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil IV des Auslandstagebuchs

Lesen Sie hier Teil V des Auslandstagebuchs

Text und Fotos: Veronika Wetzel/jas



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