Ein kleines Mädchen staunt beim Öffnen eines Weihnachtsgeschenks

Mit Kinderaugen die Schönheit im Alltäglichen neu sehen

Die Rückkehr des Staunens


Regensburg/Bonn, 16. Dezember 2025

Die Adventszeit lädt uns ein, sich berühren zu lassen. Denn Staunen kann man lernen. Es geht darum, aus der Gleichgültigkeit auszubrechen und die Welt wieder mit offenen Augen zu sehen, die Schönheit im Alltäglichen zu entdecken und sich von den kleinen Dingen begeistern zu lassen.

Staunen wir noch?

Wir sehen so viel – aber staunen wir noch? Lassen wir uns noch berühren oder treten wir mit einer immer größeren Gleichgültigkeit den Dingen gegenüber und mit der Aussage: „Ah, das kenne ich eh schon.“
Zwischen Terminen, To-do-Listen und Routinen verlieren wir oft den Blick für das Wesentliche, die Schönheit, die oft nah ist, aber sich eben nicht aufdrängt. Sie will gesehen und gefunden werden, auch im Alltag.

Wir haben viel gelernt – aber verlernt zu staunen

Als Kinder reichte ein glitzerndes Blatt, ein Sonnenstrahl oder eine Schneeflocke, um uns in ehrliches Erstaunen zu versetzen. Heute dagegen schauen wir, ohne wirklich zu sehen. Die Welt zieht an uns vorbei wie ein Film im Hintergrund, während wir funktionieren. Manchmal können Woche und Monate vergehen und wir können uns nicht mehr daran erinnern, was wir in dieser Zeit gemacht haben. Wir wurden getrieben vom Alltag, haben uns vom Leben treiben lassen, aber haben nicht aktiv und bewusst gelebt.

Staunen ist ein Akt der Lebendigkeit

Staunen ist kein Luxus, sondern ein Ausdruck von Tiefe. Es braucht kein großes Ereignis, sondern nur einen wachsamen Blick. Staunen entschleunigt, weckt Verbundenheit und lässt uns lebendig fühlen – mitten im Alltag. Es unterbricht den Autopiloten in uns, lässt uns innehalten und uns wirklich da sein.

Doch Staunen braucht ein weiches Herz. Eines, das sich noch berühren lässt. Kein Herz, das alles schon gesehen hat oder sich von Gleichgültigkeit verhärten ließ. Sondern eines, das Schönheit erkennt, auch wenn sie sich im Stillen versteckt. Das kann etwas Neues sein, aber ebenso die atemberaubende Natur oder die Schönheit deines Gegenübers, die wir wieder an einem Tag bewusster wahrnehmen.

Schönheit ist da – aber sie drängt sich nicht auf

Sie ist oft leise, zart, unscheinbar. In einem Sonnenstrahl auf dem Küchentisch, im Lächeln eines Fremden oder im Rascheln der Blätter. Wer ständig mit den Gedanken woanders ist, dem bleibt sie verborgen. Wer aber präsent ist, wird plötzlich wieder empfänglich – für Wunder im Kleinen, Alltäglichen.

Diese Achtsamkeit lässt sich üben: Durch langsames Gehen, bewusstes Atmen, echtes Hinschauen. Wer nicht alles plant, sondern sich überraschen lässt, wird öfter von Schönheit berührt, auch wenn sie anders kommt als erwartet.

Mit Kinderaugen sehen – so geht’s

Kinder betrachten die Welt nicht als bekannt, sondern als neu. Sie haben eine Faszination für das Detail. Sie erklären nicht, sie staunen. Sie urteilen nicht, sie nehmen wahr. Diese Haltung können wir zurückgewinnen: durch Neugier, Langsamkeit und die Bereitschaft, uns verzaubern zu lassen.

Hilfreiche Rituale dafür:

  • Jeden Tag drei Minuten still beobachten
  • Ungewohnte Wege gehen
  • Fragen stellen, anstatt sofort zu bewerten
  • Kunst, Natur, Musik nicht analysieren, sondern wahrnehmen und fühlen

Die Einladung zur Rückkehr

Die Schönheit des Lebens ist nicht verschwunden – wir haben nur verlernt, sie zu sehen. Es braucht keine großen Reisen, keine spektakulären Erlebnisse. Was es braucht, ist ein Herz, das sich wieder berühren lässt. Die Rückkehr des Staunens beginnt mit einer Entscheidung: Wach sein. Offen sein. Hier sein.Denn das Leben ist schön. Die Schönheit ist nicht weit weg – sondern ganz nah.


Text: Imke Sornek/f1rstlife

(kw)

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