Regensburg/ Neukirchen, 29. September 2023
Der Name leitet sich ab vom lateinischen Wort „devotio“, was soviel wie Andacht, Gottergebenheit oder Frömmigkeit bedeutet. Es gibt sie überall, wo Menschen zu einer Wallfahrtsstätte pilgern: die Devotionalien. Meist sind es Kreuze, Heiligenfiguren und –bilder, Andachtsbildchen, kleine Skapuliere und Medaillen – und natürlich die Rosenkränze.
Geschichte des Rosenkranzes
Auch in den altbayerischen Wallfahrtsorten gab und gibt es bis heute einen regen Devotionalienhandel. Zu den beliebtesten Devotionalien gehört der Rosenkranz. Er wird in den unterschiedlichsten Materialien angeboten, von Holz über Horn oder Glas bis hin zu Silber, Gold und Edelstein. Die älteste schriftliche Erwähnung einer Schnur mit aufgezogenen Steinen als Zählkette ist ein Bericht über die Gebetsschnur der angelsächsischen Adligen Lady Godiva († um 1085). Die Legende erzählt, der heilige Dominikus, Gründer des Dominikanerordens, habe den Rosenkranz 1208 bei einer Marienerscheinung als Waffe im Kampf gegen die Albigenser empfangen und ihn in seinem Orden eingeführt.
Rosenkranzpflicht in Bayern
Das Rosenkranzgebet breitete sich besonders im Zuge der Gegenreformation Ende des 16. Jahrhunderts sehr schnell im Volk aus. Die Marienverehrung erfuhr einen großen Aufschwung, in zahlreichen bayerischen Kirchen wurden Rosenkranzaltäre errichtet, und im 17. Jahrhundert gab es in Bayern sogar eine „Rosenkranzpflicht“. Der bayerische Kurfürst Maximilian I. schrieb allen seinen Untertanen den Besitz eines Rosenkranzes vor. 1884 führte Papst Leo XIII. den Oktober als Rosenkranzmonat verpflichtend ein. Diese Verpflichtung wurde zwar Mitte des 20. Jahrhunderts aufgehoben, doch in Altbayern lebt die Tradition bis heute fort.
Rosenkranzherstellung
Früher galten die Rosenkränze auch als Schmuckstück. Hergestellt wurden sie von „Paternostermachern“. Sie fertigten Rosenkränze aus Bernstein, Elfenbein, Holz, Perlmutt, Knochen, Horn oder Koralle, manchmal wurde auch Silber verwendet. Heute werden Rosenkränze meist industriell gefertigt, nur in einigen Klöstern und Wallfahrtsorten werden sie noch von Hand gearbeitet. So zum Beispiel in Neukirchen beim Heiligen Blut, ganz in der Nähe der tschechischen Grenze. Hier gibt es seit über 500 Jahren die Marienwallfahrt zur „Madonna mit dem gespaltenen Haupt“. Mit der Wallfahrt entwickelte sich in dem kleinen Ort eine regelrechte „Rosenkranz-Industrie“. Bis ins 20. Jahrhundert hinein wurden die Rosenkränze hier in Heimarbeit gekettelt, und noch heute halten einige Familien die Tradition hoch. Ende der 1970er Jahre gab es in Neukirchen und der Umgebung 10 Unternehmen mit insgesamt fast 600 Rosenkranzkettlern. Meist waren es Frauen, die die Rosenkränze in Heimarbeit fertigten.
Lange Familientradition
In der siebten Generation werden in der Familie Weber in Neukirchen Rosenkränze hergestellt. Über 100 Rosenkranz-Varianten bietet der Betrieb inzwischen an – geknüpft oder gekettelt, in hellem oder dunklem Holz oder mit bunten Perlen. Einer der weltweit größten Hersteller von Rosenkränzen und Devotionalien ist die Neukirchener Familie Neumeyer. Im Jahre 1772 gegründet, begann man hier Anfang des 19. Jahrhunderts erstmalig mit der industriellen Fertigung von Rosenkränzen. Heute liefert das Unternehmen Rosenkränze aus dem Bayerischen Wald von Europa über Afrika und den gesamten amerikanischen Kontinent bis nach Asien.
Alte Neukirchener Rosenkränze sind heute noch im Wallfahrtsmuseum der Gemeinde zu sehen, wo sich eine eigene Abteilung den Devotionalien und ihrer Herstellung widmet.
Text: Judith Kumpfmüller