News Bild Interview mit Landvolk-Berater Staudinger: Die Arbeit der Landwirte wird oft unterschätzt
Interview mit Landvolk-Berater Staudinger: Die Arbeit der Landwirte wird oft unterschätzt

Bauern brauchen mehr gesellschaftliche Anerkennung

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Regensburg, 01.06.2022

In den Supermärkten waren zwischenzeitlich die Mehlregale leer und Sonnenblumenöl ist schwierig zu bekommen. Der Krieg in der Ukraine ruft wieder in Erinnerung, wie wichtig die Arbeit der Bauern für unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln ist. Zum heutigen Weltbauerntag haben wir mit Harald Staudinger, Leiter der Beratung für bäuerliche Familien bei der Katholischen Landvolkbewegung, über seine Arbeit gesprochen und darüber, wie sich der Krieg auf die Landwirte auswirkt.

 

Herr Staudinger, was hat man sich unter der Beratung für bäuerliche Familien vorzustellen?

Die bäuerliche Familienberatung ist eine Beratungsstelle für Bäuerinnen und Bauern in schwierigen Lebenssituationen. In erster Linie sind es persönliche Schwierigkeiten, also Streit, Konflikte zwischen Jung und Alt oder Konflikte bei der Hofübergabe. Wenn die Familie das selber nicht lösen kann, weil sie sich in der Problemsituation verstrickt hat, dann bieten wir die Möglichkeit einer neutralen Beratung. Wir versuchen dann, mit den beteiligten Parteien, Lösungen zu finden.

 

Wer führt diese Beratungen durch?

Neben mir als Leiter gibt es neun weitere Berater. Die werden von mir beauftragt, vor Ort am Hof eine Beratung zu machen. Das sind Leute, die eine zweijährige Ausbildung zum Berater für bäuerliche Familien gemacht haben und meist selbst Landwirte sind. Für mich alleine wäre das nicht zu schaffen. Die Diözese Regensburg ist doch groß und wir haben knapp 50 Beratungsfälle im Jahr, von denen jeder mehrere Beratungsstunden beansprucht.

 

Warum macht ein kirchlicher Verband wie die KLB ein solches Angebot? Was ist das Plus, das hier die Kirche zu bieten hat?

Diakonie ist ja neben der Liturgie einer der Grundvollzüge der Kirche. Wir stehen Menschen zur Seite, die in Not geraten sind. Es ist vielleicht keine finanzielle, sondern mehr eine emotionale psychische Not. Aber nichtsdestotrotz ist es diakonische Aufgabe der Kirche, den Menschen zur Seite zu stehen und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Nichts anderes machen wir.

Wegen der Corona-Krise konnten im Mai 2020 keine Saisonarbeiter aus dem Ausland anreisen. Deshalb packten junge Katholiken, darunter auch drei Augustiner-Chorherren, beim „Hopfenanleiten“ in Mindelstetten mit an.

„In der christlichen Tradition besitzt die landwirtschaftliche Tätigkeit eine tiefere Bedeutung, weil sie mit mühevoller und harter Arbeit verbunden ist, und auch weil sie eine besondere Erfahrung der Gegenwart Gottes und seiner Liebe zu seinen Geschöpfen vermittelt. Christus selbst zieht Vergleiche aus der Landwirtschaft heran, um vom Reich Gottes zu sprechen, und zeigt so eine tiefe Achtung für diese Art von Arbeit.“

– Benedikt XVI.

Erfahren Sie bei den Beratungen auch viel, was die Bauern momentan umtreibt?

Das ist immer wieder Thema in der Beratung, weil es sich gar nicht voneinander trennen lässt. Die innerfamiliären Spannungen kommen oft dadurch zustande, dass sehr viel Druck auf der Familie lastet, der teilweise von außen kommt: von den politischen Rahmenbedingungen, von den Preisen. Oft ist es Arbeitsüberlastung, die bewirkt, dass der Kessel explodiert und dass es Streit in der Familie gibt.

 

Der Krieg in der Ukraine scheint da jetzt doch eine bessere Situation zu bringen. Die Preise für Weizen sind momentan unglaublich hoch und die regionale Versorgung wird mehr geschätzt?

Diesel ist extrem teuer geworden, genauso der Dünger. Ich weiß nicht, ob die höheren Preise das wirklich ausgleichen können, aber ich habe die Befürchtung, dass das nicht der Fall ist. Der Weizen ist zwar gestiegen, aber nicht jeder Landwirt hat große Weizenflächen. Es ist jetzt nicht so, dass die Verkaufspreise bei allen Produkten so wären. Der Preis für Schweinefleisch ist nach wie vor sehr niedrig, weil Russland als Exportmarkt weggebrochen ist. Für einen Bauern, der hohe Ausgaben und auf der anderen Seite gleichbleibende oder vielleicht sogar noch geringere Einnahmen hat, ist es gerade besonders kritisch.

Die Preise für Weizen sind momentan unglaublich hoch, aber nicht jeder Landwirt hat große Weizenflächen.

Das kommt wahrscheinlich vielerorts bei den Nicht-Landwirten nicht an. Woran liegt das?

Die Bedeutung lässt immer mehr nach. Früher hatte der größte Teil des Dorfes eine Landwirtschaft. Das hat sich total verändert. Dort, wo es früher 15 oder 20 Bauern gab, sind jetzt vielleicht zwei übriggeblieben. Deshalb sinkt auch das Verständnis für die Landwirtschaft, weil das für die Menschen immer fremder wird. Man steckt in diesen ganzen Abläufen nicht mehr drin und kann es vielleicht nicht verstehen, warum der Bauer an einem Sonntag Gülle fahren muss. Aber es ist nun Mal so, dass es da ganz enge Zeitfenster gibt, in denen man Gülle fahren darf und dass das Wetter passen muss. Da lässt auch am Dorf das Verständnis für Landwirte immer mehr nach.

 

Wie könnten man das Verständnis wieder fördern?

Nur, wenn man etwas versteht, hat man auch Verständnis. Wenn Menschen, die mit Landwirtschaft wenig zu tun haben, wirklich Interesse zeigen und etwas wissen wollen über die Materie, dann ist es wichtig, dass der Bauer oder die Bäuerin bereitwillig Auskunft gibt und sagt: Ah, da ist jemand, der interessiert sich irgendwie für mich und meine Tätigkeit. Es müsste mehr Dialog entstehen zwischen Verbraucher und Produzenten, zwischen Landwirten und Bevölkerung.

 

Was würden Sie sich denn für die Zukunft der Bauern wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass Bäuerinnen und Bauern mehr gesellschaftliche Anerkennung für ihre Tätigkeit bekommen. Damit meine ich nicht irgendein nettes Dankeschön oder ein „Ach, ihr seid ja so wichtig“, sondern eine monetäre Anerkennung, denn so drückt sich in unserer Gesellschaft Anerkennung aus, über’s Geld. Landwirte sollten auch weniger gegängelt werden. Man hat schon manchmal den Eindruck, dass von diesen Regeln und Regularien, die vom Gesetzgeber kommen, die eine oder andere zu viel ist und manche Dinge wahnsinnig kompliziert macht. Da würde ich mir wünschen, dass Manches ein bisschen vereinfacht würde. Das würde vielen Betrieben sehr helfen.

Armin Hofbauer

Im Jahr 2019 besuchte Bischof Rudolf den Bauernhof des Landwirts Josef Wendl und seiner Familie in Kemnath bei Fuhrn, Neunburg vorm Wald.

Weitere Infos

Beratung für bäuerliche Familien

Harald Staudinger

0941 / 597-2468

Sprechzeiten:

Dienstags von 14.00 bis 16.30 Uhr

Donnerstags von
9:30 bis 12:30 Uhr

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