News Bild Interview mit dem Leiter der Hauptabteilung Personal des Bistums Regensburg Manfred Gerlach

Interview mit dem Leiter der Hauptabteilung Personal des Bistums Regensburg Manfred Gerlach

Wir setzen stark auf die Generation „Ü-50“

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Regensburg, 27. Dezember 2023

Der Arbeitsmarkt wandelt sich stark. Fachkräftemangel hört man aus vielen Branchen. Früher gehörte man mit 50 schon fast zum „alten Eisen“, heute sprechen wir von Bestagern, von Menschen mit viel Lebens- und Berufserfahrung. Das Bistum Regensburg möchte Menschen der Generation „Ü-50“, gerade mit Blick auf ihre persönlichen Lebensleistungen ermutigen, positiv in die Zukunft zu schauen. Ein Interview mit dem Personalchef des Bistums Regensburg Manfred Gerlach.

Ein Blick in die Realität bei Unternehmen sieht meistens so aus: Zwei von fünf Betrieben beschäftigen gar keinen Mitarbeitenden mehr, der über 50 Jahre alt ist. Und jedes siebte Unternehmen in der „Bundesrepublik gibt in Umfragen offen zu, grundsätzlich keine Älteren einzustellen“, so zumindest schreibt es der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) auf seiner Webseite. Was können Sie diesem Negativ-Trend in der freien Wirtschaft als Bistum entgegensetzen?

Das Bistum Regensburg ist ein attraktiver Arbeitgeber. Wir wollen die Attraktivität auch in Zukunft weiter verstärken, so dass Ü-50er und natürlich alle anderen Kolleginnen und Kollegen, die bei uns arbeiten, gerne bei uns arbeiten und bei uns bleiben. Diese gilt natürlich auch für externe Bewerberinnen und Bewerber, die sich für eine Tätigkeit in unserem Hause interessieren. Beschäftigte aller Altersgruppen bringen sich mit ihren Kenntnissen und ihrem Engagement in das Bistum Regensburg ein. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit diesem „Altersmix“ werden wir auch die zukünftigen Herausforderungen gut bewältigen. Wenn Sie so wollen, laufen wir dem in Ihrer Fragestellung angeführten Negativ-Trend entgegen. Und das ist gut so!

Arbeitsverhältnisse älterer Arbeitnehmer sind in der Regel sehr stabil und das Entlassungsrisiko ist sehr gering. Dagegen sind – trotz der guten Entwicklung – die Chancen Älterer, neu eingestellt zu werden, nach wie vor deutlich schlechter als dies bei jüngeren Altersgruppen der Fall ist.“ Wieso haben wir doch Fachkräftemangel?

Wir stellen Menschen ein, die für die ausgeschriebene Stelle qualifiziert sind. Weder jüngere noch ältere Bewerber haben bessere oder schlechtere Chancen. Den Fachkräftemangel spüren wir trotzdem.

Die Welt ist im Wandel. Dies sieht man auch an einer veränderten Personalpolitik, wie Sie diese im Bistum Regensburg anstreben. Gegenüber den 80er und 90er Jahren setzen Sie auf die Generation „Ü-50“. Was macht diese Berufsgruppe für das Bistum aus?

Wir erleben heute teilweise eine andere Haltung und Einstellung der Ü-50er zur Arbeit mit Lebensentwürfen, die vor 20 oder 30 Jahren noch undenkbar waren. Einige Ü-50er entscheiden sich z. B. bis zur Regelarbeitsrente und vielleicht auch darüber hinaus zu arbeiten. Das möchten wir ausbauen und mit gezielter Personal- und Organisationsentwicklung unterstützen z.B. durch die individuelle Entwicklung eines attraktiven Arbeitsmodells oder auch durch die Übernahme neuer Aufgaben mit ggf. entsprechender Einarbeitung. Die Ü-50er sind für uns sehr wichtig. Ohne die Ü-50er wäre es noch viel schwieriger, die vielfältigen Fachaufgaben zu bearbeiten und in dem umkämpften Arbeitnehmermarkt Vakanzen zu besetzen.

Wie kann man den Arbeitsplatz und die Arbeitsstruktur so gestalten, dass sich auch ältere Mitarbeiter produktiv einbringen können?

Unabhängig vom Alter bietet hier die Personalentwicklung vielfältige Möglichkeiten. Mit Hilfe des Jahresgesprächs mit dem Vorgesetzten, durch das Angebot von Weiterbildungsmöglichkeiten und der Nutzung des Dialogs mit dem Personalmanagement kann bei Interesse mit den Kolleginnen und Kollegen ein guter Plan entwickelt werden, der für beide Seiten attraktiv ist.

Wie kann man die Gruppe „Ü-50“ für ihre Arbeit motivieren? Sie wollen unterschiedliche Angebote machen, um das Arbeitsleben weiterhin attraktiv zu gestalten. Wie sehen diese aus?

Alle Kolleginnen und Kollegen dieser Altersgruppe, und alle anderen Beschäftigten natürlich auch, sind immer herzlich willkommen, sich gemeinsam mit uns über die Gestaltung ihres weiteren Arbeitslebens auszutauschen. Begleitend bieten wir spezielle Seminare an. Aber das ist nicht der entscheidende Hebel. Wir können nicht für alle automatisch die „Veränderung“ zum neuen Wirkungskreis starten. Jeder, der das möchte, kann mit der Begleitung seines Vorgesetzten und dem Personalmanagement seine „Learning Journey“ seinen Bedürfnissen entsprechend anstreben. Die Initiative soll vom Mitarbeitenden und vom Vorgesetzten ausgehen. Diesen Ansatz verfolgen wir, um eine für beide Seiten gute und individuelle Entwicklung von Kolleginnen und Kollegen umzusetzen.

Motivation, sei es durch den Arbeitgeber oder durch Selbstmotivation seitens des Arbeitnehmers, ist ein Kernbaustein für eine kreative Zusammenarbeit: Wie kann man die Freude, die Begeisterung am Job, auch in längeren Arbeitsverhältnissen immer wieder fördern?

In dem wir durch unsere Angebote des Dialogs, der Seminare und Offenheit gegenüber Veränderungswünschen signalisieren, dass uns alle Kolleginnen und Kollegen wichtig sind. Der eine liebt seine jahrelange Routine, während genau das den anderen weniger herausfordert und beglückt. Beides gilt es zu akzeptieren und ist in Ordnung. Kolleginnen und Kollegen die sich weiter entwickeln wollen und mit dem Wunsch oder sogar mit ersten Ideen zu uns kommen, werden gerne von uns beraten.

Sie wollen das Vorurteil ausräumen, dass man mit 50 Jahren – oder älter – keine wichtige Arbeitskraft mehr ist. Wie gelingt das?

Schauen Sie sich die heutigen Ü-50er an. Bei den Allermeisten nehmen wir eine ganz andere Offenheit und Haltung gegenüber dem Arbeitsleben und den gesellschaftlichen Themen wahr als bei früheren Generationen von Ü-50ern. Eine große Anzahl der Menschen haben das Konzept des lebenslangen Lernens verinnerlicht und bleiben neugierig, beschäftigen sich immer wieder mit neuen Themen. Die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen bringen gleichzeitig eine jahrelange Berufserfahrung und in der Regel einen großen Weitblick mit.

Im Dezember startete im Bistum das Seminar „Reife Leistung“. Was können Teilnehmer hier erwarten?

Teilnehmende bekommen die Möglichkeit, sich mit den eigenen Gedanken und Vorstellungen, auch im Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen, auseinander zu setzen. Sie können durch Impulse der Referentin und der anderen Teilnehmenden ihren Kompass neu ausrichten und einen Plan entwerfen, wie die Berufsgestaltung in den nächsten Jahren aussehen könnte und wie die Schritte dorthin realisiert werden können.

Ein Blick in die Zukunft: Laut vielen Studien ist die Leistungsbereitschaft, das Engagement und das Lernen-Wollen bei der Gruppe der „Ü-50“ nicht schlechter als bei der Generation Z. Dennoch haben viele Arbeitgeber die Generation 50 plus zu selten auf dem Recruiting-Schirm haben. Was können Arbeitgeber tun, um Leute mit Erfahrung für sich zu gewinnen und wie sieht die Recruiting-Situation im Bistum aus?

Da stimme ich Ihnen zu. Ü-50er sind engagiert, bestrebt zu lernen und können dabei auf ein großes Vorwissen und Berufserfahrung zurückgreifen. Arbeitgebern sollte bewusst sein, dass auch diese Zielgruppe sehr interessant für sie ist. Es handelt sich um reife Persönlichkeiten, die wissen, was sie vom Arbeitsleben wollen. Eine spezielle Recruiting Strategie wird es nicht geben, da wir grundsätzlich Menschen aller arbeitenden Altersklassen bei uns willkommen heißen. Wir möchten Menschen aller Altersgruppen signalisieren, dass wir interessiert sind, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Der Mix aus Jung und Alt, die Unterschiedlichkeit der Menschen mit all ihren Erfahrungen und Kompetenzen bereichert letztendlich eine Organisation und lässt die Mitarbeitenden voneinander profitieren. In einer Fußballmannschaft gibt es auch nicht nur Stürmer. Ein erfolgreiches Team lebt von der Unterschiedlichkeit der Teamplayer.

Interview: Stefan Groß

(kw)



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