Bild Agnes von Böhmen – Klostergründerin und Äbtissin in Prag

Agnes von Böhmen – Klostergründerin und Äbtissin in Prag

  • 02.
    März
    2035
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Geboren wurde Agnes an einem 20. Januar, wahrscheinlich im Jahre 1211, in Prag. An einem 6. März starb sie dort. Als Jahr ihres Todes wird 1282 angenommen. Sie war die Tochter des böhmischen Königs Ottokar I. Přemysl und seiner zweiten Frau Konstanze von Ungarn; Hedwig von Schlesien war ihre Tante. Schon als dreijähriges Kind wurde sie mit ihrem Cousin Bolesław von Schlesien verlobt und ihrer zukünftigen Schwiegermutter zur Erziehung überlassen. So kam sie zu den Zisterzienserinnen ins Stift Trebnitz – dem heutigen Trzebnica in Polen. Doch ihr Leben sollte schon zu Lebzeiten überraschende Wendungen nehmen. Damit nicht genug: Das Wirken der heiligen Agnes ist bis in das heutige, freie Europa konkret spürbar.

Die erste Wendung im Leben von Agnes, die zu diesem Zeitpunkt noch ein Kind war, ereignete sich, als ihr ausersehener Bräutigam starb. Ihr Vater verlobte sie nun im Alter von acht Jahren mit dem damals neunjährigen Sohn des deutschen Kaisers, dem zukünftigen Thronerben und späteren Kaiser Heinrich VII. Die kommenden sechs Jahre verbrachte sie deshalb am Babenberger Hof - an der Stelle der heutigen Kirche Am Hof – in Wien. Heinrich heiratete dann aber Margarethe von Babenberg, Agnes musste zurück nach Prag. Ein Jahr später sprach der englische König Heinrich III. in Prag vor, vier Jahre darauf löste auch er die Verlobung. Als sogar der deutsche Kaiser Friedrich II. um ihre Hand anhielt, lehnte die inzwischen erwachsene Agnes seine Werbung selbständig ab.

Agnes wollte ihrer Cousine Elisabeth von Thüringen nacheifern; unter andrem mit Klara von Assisi stand sie deswegen in Briefkontakt. Ab 1230 konnte sie, bedingt durch den Tod ihres Vaters, ein eigenständiges Leben führen. Der neue König von Böhmen, ihr Bruder Wenzel / Václav I., ermöglichte ihr eigene Entscheidungen. 1232 gründete sie in Prag ein Armenspital, das von Ordensmännern der Franziskanerminoriten versorgt wurde. Neben diesem Männerkloster errichtete sie auch ein Klarissenkloster für adelige Frauen, das sie mit Nonnen aus Trient besiedelte. 1234 legte sie ihre Krone ab und trat selbst in ihr Kloster ein, was im europäischen Adel einiges Aufsehen erregte. Ein Jahr später wurde sie von Papst Gregor IX. zur Äbtissin ernannt.

Agnes wollte einen eigenen Orden mit einer von ihr entworfenen Ordensregel strengster Armut gründen; der Papst aber betrachtete die neu entstandene Armutsbewegung kritisch und zwang sie zu Kompromissen. Sie trat daraufhin als Äbtissin zurück und lebte nur noch als "ältere Schwester" in ihrem Kloster. Den Plan, einen eigenen Orden auf der Grundlage der strengen, unverfälschten ursprünglichen Lehren von Franziskus zu schaffen, gab sie aber nicht auf; nach dem Tod von Gregor IX. konnte sie den einzigen original tschechischen Orden, die "Kreuzritter vom roten Stern", gründen.

Um ihr klösterliches Zentrum herum bildeten sich weitere Gemeinschaften, Pflegestellen, Waisenhäuser und Heimatlosenasyle. Agnes' Verbindungen zur päpstlichen Kurie ermöglichten ihr, für ihren Bruder Wenzel den Zwist zwischen ihm und seinem Sohn Ottokar II. Přemysl zu schlichten; auch diesem ihrem ehrgeizigen Neffen stand sie dann bei. Dennoch musste sie im Alter nach der Schlacht auf dem Marchfeld 1278 den Niedergang des Königreichs Böhmen erleben. Die Legenden erzählen von ihrem Leben voller Entsagung, Aufopferung für die Armen und Wundertaten. Klara von Assisi schrieb ihr vier Briefe.

Agnes wurde in dem von ihr gegründeten und heute nach ihr benannten Kloster in Prag bestattet. Die Prager Bürger haben in einer tagelangen Prozession von ihr Abschied genommen und „unsere heilige Frau“ beweint. Die Seligsprechung von Agnes ließ gleichwohl lange auf sich warten. Einer der Gründe war, dass ihre Gebeine in den Wirren der Hussitenkriege verloren gegangen waren. Eine Selige wurde sie erst 1874 durch Papst Pius IX.; die Heiligsprechung erfolgte am 12. November 1989 durch Papst Johannes Paul II., und zwar in Rom. Die damals noch kommunistischen tschechoslowakischen Behörden verweigerten dem Papst die Einreise.

In Rom wurde ihre Heiligsprechung zu einer machtvollen Demonstration gegen Sozialismus und Kommunismus. Pilger aus der Tschechoslowakei durften nicht teilnehmen. Dasselbe galt für Gläubige aus Polen, die aus schlesischen Trebnitz anreisen wollten. Tausende von Schlesiern und Böhmen, also von Polen und Tschechen, begriffen diese verhinderte Fahrt als letzte Kampfansage, und sie machten daraus ein Fanal der gläubig-zivilen Auflehnung gegen das kommunistische Regime. Und die heilige Agnes half! Nur fünf Tage nach ihrer Heiligsprechung begann die „Samtene Revolution“ in der Tschechoslowakei, die die Kommunisten aus dem Hradschin hinfortfegen sollte.

Text: Ökumenisches Heiligenlexikkon / Sebastian Sigler

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