„Hodie“ - Heute!Heute kommt der lang ersehnte Erlöser! - So beginnt der Introitus der hl. Messe am Morgen des 24.Dezember und dieser Gedanke, die Erwartung des Erlösers Jesus Christus bestimmt dann nicht nur das Chorgebet sondern unseren ganzen Tag.
Ab 14.00 sollen alle häuslichen Arbeiten erledigt sein und es beginnt das sogenannte große Stillschweigen. Um 16.30 singt die Kantorin in der dunklen Kirche das feierliche Martyrologium mit der Ankündigung der Geburt des Erlösers. Darauf folgt die lateinische feierliche Vesper zu der die Kerzen und die Lichter des Christbaumes angezündet werden. Im weihnachtlich geschmückten Refektor singt dann die Äbtissin das Weihnachtevangelium und legt ein kostbares Fatschenkind in die leere Krippe. Stillschweigend nehmen wir dann ein Gebäckstück und Kakao ein, da ja der Hl. Abend ein Fasttag ist und damit die Köchin keine Arbeit hat.
Nach dem Imbiss folgt das bei uns so genannte Familiengebet, bei dem wir alle wichtigen Anliegen der Welt aufgreifen und das jedes Jahr mit dem gleichen mittelalterlichen Gebet aus Schweden abgeschlossen wird.
"Wir beten für alle Sorgen auf Erden:
Für die Unglücklichen ohne Zahl, für die, so leiden durch Hungersqual
und welche frieren in nächtlicher Kälte
und deren Schiff auf dem Meer zerschellte. Für die, so verschmachten im Wüstensand
oder fliehen mussten aus Feuer und Brand;
für alle, die wandern am Bettelstab
oder die trauern an eines Lieben Grab.
Für alle Siechen in schlaflosen Nächten
und alle, die schmachten in Ketten und Schächten;
für die Verbannten und Heimatlosen,
für die Waisen, die in die Fremde gestoßen.
Für alle, die um ihr Vaterland klagen,
Versklavte, die fremde Ketten tragen,
Bedrückte, dem Willkürspruch verfallen,
verstoßen und auch vergessen von allen.
Für jene, die Jesus Christus den Herrn
nie kannten oder seit langem ihm fern;
für alle, die leiden, und alle Armen -
Gott, zeig ihnen allen dein Erbarmen!"
Gebet aus dem mittelalterlichen Schweden
Der Gang auf den Friedhof mit dem Gebet für die Verstorbenen gehört genauso zum weihnachtlichen Ritual wie das Stille Nacht-Singen in den Zellen der kranken Mitschwestern.
Nach den deutsch gesungenen Nokturnenum 19.30Uhr, dem Nachtgebet der Kirche und einer Phase der Ruhe feiern wir um Mitternacht die erste Weihnachtsmesse. Mit dem Introitus: „Dominus dixit ad me : Filius meus es tu, hodie genui te.“
(„Der Herr sprach zu mir: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt.“)
Erst am 25. Dezember beim Mittagessen endet das große Stillschweigen und am Abend dieses Tages sitzen wir dann bei Plätzchen und Punsch zusammen und singen die bekannten Weihnachtslieder.
Mögen Sie alle eine echte, tiefe Weihnachtsfreude erfahren durch den Glauben, wir sind nicht allein mit unseren alltäglichen Sorgen und Nöten, denn der Immanuel, Gott ist mit uns.