Über Jahrhunderte waren die Arma-Christi-Kreuze fester Bestandteil der Volksfrömmigkeit und hatten ihren Platz nicht nur an Wegrändern, sondern auch an Haus und Scheune und im Herrgottswinkel in der Stube. Sogar in Glaskugeln, den sogenannten Eingrichtln, und in Flaschen wurden solche Arma-Christi-Kreuze eingearbeitet.
30 Silberlinge
Die Arma-Christi, die Marterwerkzeuge Jesu, waren in der Volksfrömmigkeit Kreuz, Geißel und Dornenkrone, der Essigschwamm, ein Hammer, die Nägel, mit denen Jesus ans Kreuz genagelt wurde, Zange und Lanze. Dazu kamen noch die Kreuzinschrift, die drei Würfel, mit denen die römischen Soldaten um das Gewand Jesu feilschten, ein Brett oder Sack mit den 30 Silberlingen des Judas, das Leichentuch Jesu und sogar der Hahn, der krähte, als Petrus seinen Herrn verriet. Neben dem Schweißtuch der Veronika und einem Totenhemd findet man an manchen Arma-Christi-Kreuzen auch die Schüssel für die Handwaschung des Pontius Pilatus, einen Kelch als Symbol der Eucharistie oder den Schädel Adams. Fast immer gehört eine Leiter für die Kreuzabnahme zur Ausstattung.
De armis Christi
Diese verschiedenen Symbole sollten den Gläubigen helfen, sich im Gebet in die Leidensgeschichte Christi hineinzuversetzen. Mit dem endgültigen Verlust des Heiligen Landes Ende des 13. Jahrhunderts fehlte der Christenheit ihr größtes Wallfahrtsziel, das Grab Christi. Daraus entstand der Kult um die als reale Reliquien angesehenen Zeugnisse des Leidens Christi – und die Verehrung der Arma Christi begann. Im Jahr 1353 führte Papst Innozenz IV. für Deutschland und Böhmen sogar ein Fest „De armis Christi“ ein und legte es auf den Freitag nach der Osteroktav, also nach dem Weißen Sonntag.
Vor allem im Alpenraum entstand aus dieser Leidensmystik die Tradition der Arma-Christi-Kreuze. Die verschiedenen Marterwerkzeuge wurden an den Kreuzdarstellungen als Attribute angebracht. So konnten sich auch die leseunkundigen Menschen ein Bild von der Leidensgeschichte Jesu machen.
In der Barockzeit waren die Arma-Christi-Kreuze auch im Bayerischen Wald verbreitet, hier waren sie vor allem an Häusern und Wegkreuzen zu finden.
Magische Kräfte
Bald wurden den Kreuzen in der Volksfrömmigkeit magische Kräfte zugeschrieben. Als Amulette getragen sollten sie vor Krankheit schützen und an Häusern oder Scheunen angebracht würden sie Haus und Hof vor Seuchen und Krieg bewahren, glaubte man. Und die Feldkreuze mit den Arma Christi sollten Hagel und Unwetter von Feld und Flur abhalten.
Noch heute findet man im Bayerischen Wald Arma-Christi-Kreuze in Kapellen und an Hauswänden. Sie entstanden seit der Barockzeit und zeigen den Gekreuzigten umgeben von bis zu 40 verschiedenen Passionswerkzeugen und -symbolen. Einer der bedeutendsten Schöpfer der Kreuze war der 1880 im Alter von 83 Jahren verstorbene Herrgottschnitzer Joseph Weidinger.
Text und Bild: Judith Kumpfmüller