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Brauchtum in Ostbayern: Vom Sterben in früherer Zeit

Der Tod gehört zum Leben

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Regensburg, 30. Oktober 2023

Der November ist der Totenmonat. Allerheiligen am 1. November markiert den Beginn einer Zeit, die wie keine andere zur Beschäftigung mit den Themen Sterben und Tod anregt.

Allerheiligen ist ein alter katholischer Feiertag. Es ist ursprünglich das Fest für sämtliche Märtyrer und alle Heiliggesprochenen. Das Allerheiligenfest wurde von Papst Gregor im 9. Jahrhundert auf den ersten November festgelegt.

Jährliche Gedenktage für alle Verstorbenen als Sammelfest gab es in der Kirche bereits im frühen Mittelalter. Sie wurden meist nach der Osterzeit, z. B. am Pfingstsonntag oder am Montag nach dem Dreifaltigkeitssonntag, gefeiert. Im Jahr 998 wurde dann von Abt Odilo Cluny der Allerseelentag als fester Gedenktag für alle Verstorbenen eingeführt. Heute hat in der katholischen Kirche Allerheiligen – weil es als offizieller Feiertag übriggeblieben ist – beide Funktionen übernommen.

Der Totenmonat

Der November regt wie kein anderer Monat im Jahr zur geistigen Beschäftigung mit dem Tod an. Während heute das Sterben zum großen Teil verdrängt wird, gehörte der Tod in früherer Zeit ganz selbstverständlich zum Leben dazu.

Gestorben wurde nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause inmitten der Familie. Sobald man die letzte Stunde eines Menschen kommen sah, wurde der Pfarrer geholt, der dem Sterbenden die letzte Wegzehrung mit hinüber in die Ewigkeit geben sollte. Begleitet vom Mesner, der die Laterne trug, und einem Ministranten mit einem Glöckchen machte sich der Geistliche auf den Weg.

Beistand und Salbung

Im Haus des Sterbenden saßen betend Nachbarn und Verwandte, um ihm in der Todesstunde beizustehen. Wenn der Pfarrer kam, mussten alle nach draußen, nur er allein betrat die Krankenstube. Im Sterbezimmer war auf einem kleinen Tischchen die Versehgarnitur aufgestellt, die in keinem Haushalt fehlte. Oft brachte sie die Braut bei der Hochzeit als Aussteuer mit. Hatte der Kranke gebeichtet und die „letzte Ölung“ erhalten, durften Nachbarn und Verwandte wieder ins Zimmer um gemeinsam laut für den Sterbenden zu beten.

„Der Bauer is gstorbn“

War das Lebenslicht verlöscht, wurde sofort ein Fenster geöffnet, damit die „arme Seele“ hinauskonnte. Man hielt die Uhr an, verhängte den Spiegel, und sogar das Vieh im Stall wurde aufgetrieben, um den Tod eines Hausangehörigen mitzuteilen: „Der Bauer is gstorbn, Herr, gib ihm die ewige Ruh“. So ging es weiter zum Taubenschlag bis hin zu den Bienen, wo an jeden Bienenkorb geklopft wurde: „Der Herr is gstorbn“.

Nach der Totenwäsche – Utensilien wie Waschschüssel und Kamm wurden anschließend weggeworfen – kleideten die Angehörigen den Toten an und bahrten ihn auf. Zum Schluss steckte man noch ein kleines Holzkreuzchen zwischen die gefalteten Hände und wickelte einen Rosenkranz darum.

Gebet und Kartenspiel

Sobald der Mesner die Sterbeglocke geläutet hatte, machte sich der Leichenbitter auf den Weg von Hof zu Hof, um allen die Todesumstände sowie den Beerdigungstermin mitzuteilen. Der Tote selbst blieb bis zur Beerdigung im Sterbehaus. Solange er aufgebahrt war, versammelten sich an den Abenden die Nachbarn und Freunde zur Totenwache. Nach der Stallarbeit kamen die „Aufbleiber“ in die Totenstube, um gemeinsam für den Verstorbenen den Rosenkranz zu beten. Dabei wurde streng darauf geachtet, dass mindestens aus jedem Haus im Dorf ein Mitglied vertreten war. Und da es nicht so oft vorkam, dass alle so beisammen waren, fing bald eine rege Unterhaltung an. Die Mannerleut spielten Karten, die Bäuerin stellte einen Krug voll Bier auf den Tisch, es wurde gegessen und getrunken, und oft ist es dann gar lustig zugegangen. Um Mitternacht verstummte die allgemeine Unterhaltung, man kniete nieder zu einem oder mehreren Rosenkränzen und zur Totenlitanei. Anschließend ging es wieder weiter wie zuvor.

Die Totenwache

Wenn sich dann gegen zwei oder drei Uhr die oft nicht mehr ganz standfeste Gesellschaft mit einem „Vergelt’s Gott für die Armen Seelen“ verabschiedete, blieben immer noch ein oder zwei Aufbleiber in der Nähe des Verstorbenen und wachten bis zum Tagesanbruch.

Am dritten Tag fand gewöhnlich das Begräbnis statt. Der Tote wurde in den Sarg gelegt und unter lautem Beten aus dem Haus getragen. Im Türrahmen der Haustür blieben die Träger mit dem Sarg stehen und senkten ihn dreimal auf und nieder. Das sollte der letzte Abschied des Verstorbenen von Haus und Hof sein.

Text: Judith Kumpfmüller

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