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Brauchtum in Ostbayern: Erntedankaltar und Erntekrone

Dank für die Früchte der Erde

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Regensburg, 27. September 2024

Um Michaeli (29. September) wird in Altbayern das Erntedankfest gefeiert. In der katholischen Kirche gibt es keinen festen Termin, meist findet das Fest aber am ersten Sonntag im Oktober statt.

Dank für Gottes Gaben

Im Gegensatz zur Allerweltskirchweih am dritten Oktobersonntag, die nach dem feierlichen Gottesdienst mit einem üppigen Festessen gefeiert wurde,war und ist Erntedank in den meisten Pfarreien vor allem ein kirchliches Fest. Der Ursprung reicht bis in vorchristliche Zeit zurück. Bereits die heidnischen Völker feierten Erntedank als Opferfest. Die Früchte des Feldes wurden auf Altären Wotan dargebracht. In der katholischen Kirche ist das Erntedankfest seit dem dritten Jahrhundert belegt. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz legte 1972 den ersten Sonntag im Oktober als unverbindlichen Termin fest. Offizieller Bestandteil des Kirchenjahres ist das Erntedankfest aber bis heute nicht, es steht den Pfarreien also frei, ob und wann sie das Fest feiern.

Ehrenplatz für das Brot

Dennoch ist der Brauch des Dankes für eine gute Ernte vor allem in Altbayern aus dem Kirchenjahr nicht wegzudenken. Und so wird die Festmesse überall als „Dank für die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“ auf dem von Erntedank-Gaben umgebenen Altar gefeiert wird.

Zum kirchlichen Erntedankfest schmücken die Gläubigen den Altar noch heute mit Früchten aus Feld und Garten. Nicht fehlen darf natürlich das Brot. Auf dem Land, wo mit viel Mühen das Getreide gesät, geerntet, gedroschen, gemahlen und schließlich im eigenen Backofen zu Brot gebacken wurde, brachte man dem Brot früher höchste Achtung entgegen – es war der Mittelpunkt des Erntealtars. Heute wird das Brot schnell mal beim Bäcker geholt, doch seinen Ehrenplatz auf dem Altar hat es behalten.

Essen für die Dienstboten

Auch in früherer Zeit war Erntedank vor allem ein kirchliches Fest. Zwar gab es zum Abschluss der Ernte auf den Bauernhöfen ein üppiges Essen für die Dienstboten – da ließ sich keine Bäuerin lumpen – doch der Höhepunkt war der feierliche Erntedankgottesdienst. Am Sonntag nach Michaeli wurden die Kirchen mit Feld- und Gartenfrüchten, mit Obst, Pilzen und farbenprächtigen Herbstblumen wunderschön geschmückt. Alle aus der Gemeinde steuerten etwas bei: Früchte aus Feld und Garten, Getreide, Kraut, Kürbisse, Eier und Butter. In manchen Gegenden wurden die Gaben früher nach dem feierlichen Erntedankgottesdienst an bedürftige Familien verteilt. Mancherorts wird noch heute eine Erntekrone aus verschiedenen Getreidesorten oder grünen Zweigen gebunden, die dann in einem feierlichen Umzug zum Dankgottesdienst getragen wird.

Das „Bio-Kloster“

In der Nähe von Berching im idyllischen Altmühltal liegt das Kloster Plankstetten. Seit dem Jahr 1129 beten und arbeiten hier Benediktinermönche, wenn auch mit einer fast 100-jährigen Unterbrechung während der Zeit der Säkularisation. In all der Zeit hat das Kloster Land und Leute geprägt. Es hat viele Krisen überstanden und immer wieder nach neuen Wegen gesucht.

Bereits in den frühen 1990er Jahren wurde die Landwirtschaft auf ökologischen Landbau umgestellt und die ersten Fahrzeuge auf den Antrieb mit Pflanzenöl umgerüstet. In der Klosterküche werden seitdem nur noch eigene und regionale Bioprodukte verwendet, die ökologischen Produkte des Klosters aus Landwirtschaft, Gärtnerei, Metzgerei und Bäckerei und das nach dem Klosterrezept gebraute Bier werden im Öko-Hofladen vermarktet.

Erntedankmarkt im Kloster

Am letzten Wochenende im September lädt das Kloster zum großen Erntedankmarkt ein. 10 Klöster und 50 Aussteller präsentieren auf dem Klostergelände Selbstgemachtes rund um das Erntedankfest.

Für das leibliche Wohl ist mit den in den klostereigenen Betrieben hergestellten Speisen und Produkten, alle in Bioland-Qualität, bestens gesorgt. Zwei Weideochsen vom Spieß, leckere Grillspezialitäten, Kloster-Burger und Kloster-Hotdogs aus der Metzgerei gehören seit Jahren zu dem traditionellen Markt. Dazu schmeckt das frisch gezapfte Klosterbier aus dem Riedenburger Brauhaus – nach altem Klosterrezept gebraut – und zum Abschluss vielleicht ein Schnapserl aus der Klosterbrennerei. Ein buntes Rahmenangebot mit Musik, Führungen durch die Klosterbetriebe sowie Hüpfburg und Streichelzoo rundet das Fest ab.

Chorgebet und Festgottesdienst

Ein farbenfroher Erntedankaltar schmückt den romanischen Vorraum der Klosterkirche und regt zum Innehalten und Nachdenken an. Die Kirche ist während des gesamten Marktes geöffnet und die Mönche laden die Besucher ein, am Chorgebet teilzunehmen. Mehrmals am Tag werden verschiedene Führungen angeboten. Höhepunkt ist der Erntedankgottesdienst mit Blasmusik am Sonntag, bei dem auch der Erntealtar gesegnet wird. 

Erntedankfest in Schönberg

Ganz besonders festlich wird das Erntedankfest auch eine Woche später, am 6. Oktober, in Schönberg im Bayerischen Wald begangen. Gebunden aus allen im Waldland gedeihenden Getreidesorten, verziert mit Blüten und Ranken, bildet die Erntekrone den Mittelpunkt des kirchlichen Festes. In einem gemeinsamen Kirchenzug wird sie von den Schönberger Vereinen feierlich in die Pfarrkirche gebracht. Nach dem Festgottesdienst geht’s erst richtig los mit dem Feiern. Der ganze Marktplatz steht unter dem Motto „Brauchtum und altes Handwerk“. Besenbinder, Steinmetz, Schnupftabakreiber, Weber und Holzschuhschnitzer zeigen ihre schon fast vergessene Handwerkskunst, Imker bieten Honig und Met an. Hier können die Besucher sehen, wie anno dazumal Sauerkraut gemacht wurde und am Modell eines Dreschwagens wird gezeigt, wie man die Spreu vom Weizen trennt.

Festzug und Pferdesegnung

Pünktlich um 14 Uhr macht sich der große Erntedankfestzug auf den Weg durch den Markt. Pferdegespanne, Reiter und Fußgruppen geben einen Überblick über die landwirtschaftliche Arbeit im Jahreslauf. Den Abschluss des Zuges bildet die traditionelle Pferdesegnung. Den ganzen Tag über wird ein buntes Rahmenprogramm geboten. Auf die kleinen Besucher wartet ein Streichelzoo, und beim Schaudreschen kann man sehen, wie hart die Bauern und Dienstboten früher arbeiten mussten. Erst in den frühen Abendstunden klingt das Erntedankfest in Schönberg aus.

Text: Judith Kumpfmüller

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