Wunsch- und Wahlrecht von Eltern zur Schulbildung ihrer Kinder: Entscheiden, wo Bildung und Förderung am besten gelingen.

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Unsere Kinder brauchen diese Schule!

Sie verfolgen die Inklusionsdebatte mit großem Interesse: Ulrike Konen, Martina Riedl und Sandra Roggenbuck haben für ihre schulpflichtigen Kinder die Bischof-Wittmann-Schule der Katholischen Jugendfürsorge in Regensburg ausgesucht. Denn das ist die beste Schule für sie, sind sie sich sicher. Jetzt wollen sie sich zu Wort melden, weil ein Bildungssystem ohne Förderzentren für sie unvorstellbar ist, weil sie manche Diskussionen über die Inklusion ärgern und weil sie meinen, dass Inklusion von der Vielfalt lebt.

„Wir Eltern wollen einfach mal sagen, welche Vorteile uns das Förderzentrum bietet und was für unsere Kinder hier so gut ist“, erklärt Ulrike Konen, deren heute 19jährige Tochter bereits als Vorschulkind die Bischof-Wittmann-Schule besuchte. Martina Riedl nickt zustimmend. Ihre zehnjährige Tochter Johanna ist an Epilepsie erkrankt, hat mittlerweile bis zu zwei Grand mal-Anfälle pro Woche (epileptischer Anfall mit Versteifung der Muskulatur und Atemstillstand) und bis zu 100 Myoklonien (rasche, unwillkürliche Muskelzuckungen) täglich. „Unsere Johanna ist ein sehr empfindsames Mädchen. Sie braucht viel Ruhe, viel Struktur und eine klare Umgebung um sich zurechtzufinden und sicher zu fühlen.“ Martina Riedl erzählt, was passiert, wenn Johanna zu zucken anfängt. „Sie kann das Gleichgewicht verlieren und es fallen ihr dann natürlich ständig die Sachen aus der Hand. Dann wird sie richtig sauer. Die Myoklonien gehen oft einher mit Stress und Unsicherheit.“ Neue, völlig unerwartete Situationen beispielsweise können einen kleinen Anfall auslösen, der immer auch zu einem großen werden könnte. Viele Menschen - das bedeutet Stress für Johanna. Deshalb meidet Familie Riedl Menschenansammlungen. Deshalb kommt auch eine Regelschule mit Einzelinklusion nicht in Frage. „Sie würde noch mehr Anfälle haben“, vermutet Martina Riedl. Sie ist froh, dass es für die Schüler des Förderzentrum kleine Klassen mit etwa 9 Kindern, mehr Personal und zudem speziell ausgebildete Fachkräfte gibt, die sich mit neurologischen Erkrankungen gut auskennen.

 

Bewusste Entscheidung für das Förderzentrum

Sandra Roggenbucks Sohn Felix (11 Jahre) besucht dieses Schuljahr die vierte Klasse in der Bischof-Wittmann-Schule. Die Entscheidung für ein Förderzentrum fällten sie und ihr Mann, beide im Lehrberuf tätig, ganz bewusst. Felix hat kein Gefahrenbewusstsein, keinen Orientierungssinn. Er ist in vielen Dingen für sein Alter zu unselbstständig und braucht Begleitung. Besonders gut finden die Roggenbucks das therapeutische Angebot der Schule. Sie könnten es privat nicht leisten, mit ihrem Sohn das alles zu bewältigen. „Felix kann keine vier Stunden am Stück in einem Klassenzimmer sitzen. Deswegen kommt die Therapeutin und nimmt ihn heraus, geht mit ihm zum Schwimmen oder er bekommt Einzelförderung“, schildert Sandra Roggenbuck den Tagesablauf von Felix. Das geschehe einfach während der Unterrichtszeit, wenn er unruhig wird und dann Bewegung braucht. „An einer Regelschule wäre Felix überfordert und seine Klassenkameraden mit ihm ebenso“, ist sie sich sicher. Wenn sein Bewegungsdrang allzu groß wird, ist es gut, wenn Türen verschlossen sind. Große Räume, große Klassen, das alles braucht Felix nicht. Stattdessen braucht er Therapieräume, in denen er zur Ruhe kommen kann. „Wir sind so froh, dass es Förderzentren gibt“, meint Sandra Roggenbuck.

 

„Wir haben Angst, dass die Förderzentren dem Staat auf Dauer zu teuer werden.“

Ulrike Konens Tochter Johanna hat die Schulzeit schon bald hinter sich. Sie ist eines von vier Geschwistern, ihre Eltern haben mehr als genug Erfahrung mit Bildungseinrichtungen. Was Johanna für ihr Leben nach der Schule braucht? Davon hat Ulrike Konen eine ganz genaue Vorstellung: „Unsere Kinder müssen mit einem IQ von 70 oder weniger zurechtkommen und sie brauchen eine Zukunftsperspektive. Da sind praktische Lebenserfahrungen wichtiger als Theorie. Ich bin mir sicher, dass unsere Kinder nicht wissen müssen und verstehen werden, was zum Beispiel eine Integralrechnung ist. Was kostet ein Brot, wie wasche ich meine Wäsche, wie bereite ich meine Mahlzeit vor. Das sind Themen, die unsere Kinder für ein Leben nach der Schule lernen müssen.“ Förderzentren sind nach Konens Ansicht der ideale Lern- und Förderort, um diese Kompetenzen zu erwerben. Das ist ihre Erfahrung.

Was Ulrike Konen Sorge bereitet und was sie ärgert, wenn es um ein inklusives Bildungssystem geht, ist eine Entwicklung weg von den Förderzentren hin zu den Regelschulen. „Ich befürchte das Förderschulen dann zu einer Art Restschule werden, in der nur noch Schwerst-Mehrfach-Behinderte versorgt werden.“ Das wäre, so Konen, mehr Separation als Inklusion. Deshalb begrüßt sie die Öffnung der Förderzentren wie sie in Bayern aus dem Bayerischen Landtag heraus auf den Weg gebracht wurde. Das habe den Vorteil, dass weiterhin alle Fachleute unter einem Dach sind und auch alle anderen Ressourcen wie Schwimmbäder und andere Räume genutzt werden können. „Gemeinsames Leben in einem geschützten Haus für alle Schülerinnen und Schüler und nicht nur für Ausgewählte, die keine Verhaltensauffälligkeiten zeigen, das wünsche ich mir“, so Konen weiter. Sie befürwortet die Inklusion, Schule sei nur ein Lebensbereich dafür. In den Kirchengemeinden, Sportvereinen und in der Nachbarschaft müsse ein Umdenken stattfinden. „Warum können dort nur bestimmte Kinder mit Behinderung an Aktionen teilnehmen und warum werden viele Kinder mit Behinderung nicht zum Kindergeburtstag eingeladen?“, fragt sie. „Wenn wir in diesen Bereichen Ausgrenzungen erfahren, wie sollen da Kinder und Jugendliche mit Behinderung in der Regelschule akzeptiert werden? Hier muss Inklusion gelebt werden.“

 

Die Vielfalt macht Inklusion aus.

Schülerinnen und Schüler aus dem Förderzentrum in Partnerklassen an Regelschulen? Ja sicher, meint Ulrike Konen. Das sei ein Modell für die Inklusion, das sich besonders für leistungsstarke Kinder mit Behinderung eigne. Und selbstverständlich sollte jedes Kind mit einer Behinderung eine Regelschule vor Ort besuchen können, wenn es dem Unterricht folgen kann. Wichtig sei vor allem, dass die Eltern frei wählen können, in welche Schule ihr Kind gehen soll. Für die drei Mütter ist die beste Wahl die Bischof-Wittmann-Schule mit ihren inklusiven Modellen Partnerklasse, Einzelinklusion und Tagesstättengruppen an den Standorten der Partnerschulen. Auch dort ist die Vollversorgung mit therapeutischen Angeboten gewährleistet. Deshalb wünscht sich Ulrike Konen für ein inklusives Bildungssystem nichts mehr als dass Förderzentren auch Regelschüler aufnehmen können. „Alle Fachleute sind vor Ort um allen gerecht zu werden“, so Konen. Das ausdifferenzierte Bildungssystem in Bayern ist eine große Leistung, findet sie. Die Sonderpädagogen haben darin einen festen Platz und sind spezialisiert auf die Förderung, Bildung und Erziehung von Kindern mit Behinderung. Und das jeweils behinderungsspezifisch. Das gilt es zu erhalten und für die Inklusion auszubauen, wünschen sich die drei Mütter.

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Allgemeine Informationen:

Im aktuellen Schul- und Ausbildungsjahr besuchen insgesamt 3.258 Kinder und Jugendliche mit Behinderung die Förderzentren und Ausbildungseinrichtungen der KJF. In acht Förderzentren, einer Schule zur Erziehungshilfe und in drei Förderberufsschulen der KJF fördern die Pädagoginnen und Pädagogen die Kinder und Jugendlichen ganz individuell. In den Ausbildungseinrichtungen im B.B.W. Abensberg, Haus des Guten Hirten in Schwandorf und der Lernwerkstatt in Regensburg erhalten 1.500 junge Menschen eine fundierte und qualifizierte Ausbildung oder Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. 132 Schulanfänger, 71 Kinder in Schulvorbereitenden Einrichtungen und 672 neue Auszubildende sind in diesem Jahr hinzugekommen.

 



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