München / Regensburg, 15. April 2025
Trotz anhaltender Verfolgung wächst die Zahl der Christen in Nordnigeria „geradezu astronomisch“. Das stellte Bischof Habila Daboh aus Zaria im Bundesstaat Kaduna gegenüber dem weltweiten katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) fest. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Anwendung der drakonischen Regelungen der Scharia in immer mehr Regionen von muslimischen Milizen und Gebietskommandeuren erzwungen wird.
Das Leben für Christen im Norden Nigerias ist vielerorts katastrophal: „Eine Mischung aus dschihadistischen Angriffen, Kriminalität und Stammeskonflikten bedroht ihr Leben“, sagte Bischof Daboh. Auch nach seinen Beobachtungen hat die Einführung der islamischen Rechtsprechung der Scharia in zahleichen Regionen die Lage zusätzlich verschärft. Schuld an diesen zunehmenden Konflikten sei nicht die muslimische Mehrheitsbevölkerung, sondern erstarkende Gruppen von Extremisten.
Das Zusammenleben von Christen und Muslimen sei zuvor über Generationen hinweg harmonisch gewesen, erklärte der Bischof: „Wir teilten unser Festtagsessen. Wir feierten zusammen, spielten zusammen Fußball, besuchten dieselben Märkte. Doch dann kamen die Extremisten. Sie behaupteten, wer kein Muslim sei, verdiene es nicht zu leben. Von da an wurde das Leben für Christen unerträglich.“ Doch trotz dieser von außen geschürten, höchst gewaltsamen Übergriffe gebe es in Nordnigeria immer mehr Menschen, die sich für das Christentum begeistern.
„Jesus, ein Mann des Friedens“
Extremistische Gruppen wie Boko Haram bekämpften jede Form von Bildung, die ihnen ihren Augen als „westlich“ gilt. Doch die Christen setzten auf Bildung als „Schlüssel zur Freiheit“, betonte Daboh. Deshalb betreibe die katholische Kirche auch in Nordnigeria zahlreiche Schulen: „Mein Volk ist hungrig nach Wissen. Bildung gibt den Menschen die Möglichkeit, sich zu entwickeln. Sie können herausfinden, was richtig und falsch ist.“
Daboh, der zuvor Leiter des Priesterseminars in Kaduna war, erinnerte an die Entführung von vier Seminaristen Anfang 2020. Einer von ihnen, der 18-jährige Michael Nnadi wurde ermordet. Die übrigen kamen frei. Nach dieser traumatischen Erfahrung hätten er und andere Verantwortliche befürchtet, dass junge Männer nun nicht mehr den Priesterberuf ergreifen würden. Doch das Gegenteil sei geschehen, erzählte der Bischof: „Es bewarben sich noch mehr junge Männer für das Priesterseminar. Als wir sie fragten, warum, sagten sie: ,Wir wollen den Menschen zeigen, dass Jesus ein Mann des Friedens war, dass er Liebe lehrte.‘“
„Die Menschen sind glücklich, weil sie Christus haben“
Er stelle fest, dass viele Menschen trotz Armut und Verfolgung glücklich seien und das auch ausstrahlten: „Sie sind glücklich, weil sie Christus haben“, sagte der Bischof. „Die Menschen wollen Liebe und Friede verkünden. Wir mögen nicht alle aus derselben Volksgruppe kommen oder derselben Religion angehören. Aber wir glauben daran, dass jeder unser Nächster ist und uns braucht. Das ist das Evangelium Christi.“
In Nigeria sind jeweils in etwa die Hälfte der rund 237 Millionen Einwohner Christen oder Muslime. Während im Süden die Zahl der Christen überwiegt, sind sie im Norden in der Minderheit. In zwölf Bundesstaaten ist die Scharia eine zentrale Quelle der Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltung. Im ganzen Land halten Angriffe auf Christen an. Die Gewalt geht von dschihadistischen Gruppen oder kriminellen Banden aus und verbreitet sich dann rasend schnell unter den eigentlich traditionell friedlichen Moslems. Nigeria verzeichnet aktuell die höchste Zahl von entführten Priestern und Ordensleuten weltweit.
Text: Kirche in Not
(sig)