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Theologie des Alltags

Johann Michael Sailer von Dichter Matthias Claudius begeistert

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Johann Michael Sailer war von Matthias Claudius fasziniert. Er suchte zu ihm Kontakt durch Berichte, Grüße und Boten – auch wenn beide, äußerlich gesehen, völlig ungleich waren. Das sagte der Regensburger Pastoraltheologe Prof. Dr. Konrad Baumgartner am Donnerstag abend. Im „Leeren Beutel“ fand erstmals seit rund 15 Monaten wieder eine Präsenz-Vortragsverstanstaltung des Akademischen Forum Albertus Magnus statt. Auch Bischof Dr. Rudolf Voderholzer nahm an der Veranstaltung „Bischof Johann Michael Sailer und Matthias Claudius im Gespräch“ teil, zu der unter den bekannten Auflagen über 30 Teilnehmer und Teilnehmerinnen erschienen waren.

Bayerisches Urgestein vs. frohgemuter Familienvater

Sailer (1751-1832) war laut Prof. Baumgartner ein bayerisches Urgestein, ein bayerischer Priester und unermüdlicher Briefeschreiber, während Matthias Claudius (1740-1815) hauptsächlich bei Hamburg wirkte, Journalist und Schriftsteller, evangelisch-reformiert und ein frohgemuter Familienvater war. Sein Briefe dagegen waren kurz, wenig theologisch, jedoch von guter Sprachgestalt. Im Gegensatz zu Sailer, dem späteren Bischof von Regensburg, reiste Claudius wenig und verweilte bevorzugt zu Hause, wo er Zeit für seine Familie hatte.

Was Sailer, den Erneuerer der praktischen Theologie und „bayerischen Kirchenvater“, an Claudius faszinierte? Nicht nur war er, so wusste es Prof. Baumgartner, von seiner Kraft des Übersetzens beeindruckt, von seinen Gedichten und Liedern. Vielmehr entdeckte er darin eine Theologie des Alltags, die Gott in allen Dingen suchte und fand.

Verbunden, nie begegnet

Über nationale und konfessionelle Grenzen hinweg gab es an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert eine Hinwendung zu einer neuen christlichen Innerlichkeit. Sie führte in der Kirche und auch außerhalb der Kirche zu neuen Gemeinschafsbildungen (Baumgartner: „Heute würden wir von Netzwerken sprechen“). Die Christozentrik hierbei war es, was alle Christen zusammenführte. Konkret war dies eine gelebte Ökumene, die Johann Michael Sailer und Matthias Claudius verbunden hat, obwohl sie sich niemals begegnet sind. Denn bei dem späteren Regensburger Bischof Sailer war es so, dass er sich von einer allzu rational aufgelegten Aufklärung abgewandt hatte. Er wandte sich einer Mystik zu und praktizierte eine herzliche Innerlichkeit. Claudius, der in seinem Ausdruck der Epoche der Empfindsamkeit zugeordnet wird, seinerseits sah die Literatur als ein Mittel der Volksbildung und der Erweckung im Sinne des tätigen Christentums. Und Sailer bezog sich in seinen Freundschaftsrunden immer wieder auf wesentliche Teile der Arbeiten des Matthias Claudius.

Dem Weltgeist kein Kompliment

Dr. Baumgartner sagte: „Beide Persönlichkeiten wollten nicht groß sein.“ Im Übrigen wollte Johann Michael Sailer auch nicht, wie mancherorts behauptet, Claudius katholisieren. Anhand der Korrespondenzen der beiden sei dies klar zu widerlegen, sagte Prof. Baumgartner. Vor allem aber bedauerte es Johann M. Sailer sehr, als Claudius starb. Er erklärte, dieser sei von Gottesfurcht, Gerechtigkeit und einem entschiedenen Sinn für Christus getragen gewesen. „Dem Weltgeist hat er nie ein Kompliment gemacht.“

Zu Beginn hatte Prof. Dr. Sigmund Bonk, Direktor des Akademischen Forum Albertus Magnus, von dem „innigen Verhältnis“ gesprochen, das Genie und Einfalt in der Geschichte in manchen Künstlern eingegangen sind – etwa in der Person Anton Bruckners, jedoch genauso in Matthias Claudius bzw., vor allem zu ersehen, in seinem Werk. Claudius sei geistig arm und doch oder gerade deshalb geistlich reich gewesen. Das gewähre die Möglichkeit, ihn nicht zuletzt in die Strömung eines Christlichen Humanismus einzuordnen.



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