Priester in Zivil auf einer Wiese

Person der Woche: Dekan Georg Birner

Der Gottesdienst bleibt das A und O des Gemeindelebens


Kelheim/Regensburg, 30. Mai 2025

Die Pressestelle des Bistums Regensburg sprach mit Dekan Georg Birner darüber, wie er zum Theologiestudium gefunden hat und über den Stand der pastoralen Entwicklung 2034. 

Was hat Sie zur Theologie geführt?

Meine Gymnasialzeit war bestimmt vom Leben in einem kirchlichen Internat und dem Besuch eines Gymnasiums in der Trägerschaft eines Ordens. Dass ich Theologie studieren und später Priester werden will, reifte bereits in dieser Zeit, die geprägt war von einer großen Offenheit für religiöse, theologische Fragen. Ich habe deshalb immer mehr gespürt, dass es die Theologie ist, die meinem Wesen entspricht, dieses sprichwörtliche Nachdenken und Reden über „Gott und die Welt“. Bis heute ist mir die Theologie eine große Hilfe, wenn ich auf die aktuellen Entwicklungen in der Gesellschaft schaue und versuche, diese einzuschätzen. Die Theologie weitet den Blick auf scheinbar nur Menschliches und Weltliches, weil sie Gott ins Gespräch bringt.

Welches Buch lesen Sie gerade?

Das ist das Buch von Peter Scheuchenpflug „Wenn Christen vor Ort Gemeinde bilden, Grundlagen einer raumorientierten Pastoral“. Scheuchenpflug ist Professor für Religionspädagogik an der Uni in Regensburg. In diesem Buch macht er sich Gedanken darüber, dass gelebtes Christsein und kirchliche Pastoral auf der Ebene der (Pfarr-)Gemeinde seit Jahren unter einem großen Veränderungsdruck stehen. So stoßen gängige Leitbilder, die die pastorale Planung und Praxis ermöglichen sollen, an ihre Grenzen. Der gebürtige Abensberger, der immer wieder in seine Heimat kommt, greift in seinem Buch auch die Gedanken der Seelsorgerinnen und Seelsorger auf, welche Chancen und Grenzen in der sich verändernden Gestalt der Kirche liegen.

Diese Fragen sind vor dem Hintergrund der Veränderungen im pfarrlichen Leben interessant: Wie können die Verbindungen zwischen den Menschen und in den Gemeinden aufrechterhalten beziehungsweise neu geschaffen werden, wenn sich Strukturen verändern? Wie gestaltet sich das Verhältnis zwischen Seelsorgerinnen und Seelsorger zu den Menschen, die ihnen anvertraut sind? Das ist gerade meine aktuelle Lektüre. 

Synodale Struktur der Kirche: Wo gibt es diese, welche demokratischen Formen existieren?

Klassisch für eine schon lange gepflegte synodale Struktur ist für mich der Pfarrgemeinderat, dieses gemeinsame Beraten über das Gemeindeleben. Das empfinde ich als sehr bereichernd, weil die Leute aus der Pfarrei Gesichtspunkte einbringen, die man als Pfarrer vielleicht übersieht. Für mich ist es hilfreich, dass ich von den Menschen, die an der christlichen Basis arbeiten, eine entsprechende Rückmeldung bekomme. Auch die Arbeit im Seelsorgeteam in unserer Pfarreiengemeinschaft ist synodal: Im wöchentlichen Dienstgespräch geht es nicht bloß um Terminpläne, sondern ganz konkret um die Entwicklung der Pfarrei – und letztendlich darum, gemeinsam einen Weg zu finden, der für alle zukunftsfähig ist.

Ganz treffend hat es der neue Papst bei seiner ersten Ansprache gesagt: „Wir müssen gemeinsam nach Wegen suchen, wie wir eine missionarische Kirche sein können, eine Kirche, die Brücken baut, den Dialog pflegt und stets offen ist, alle mit offenen Armen aufzunehmen, so wie dieser Platz, alle, alle die unseres Erbarmens, unserer Gegenwart, des Dialogs und der Liebe bedürfen.“

Demokratisch ist wirklich die Kirchenverwaltung. Da ist der Pfarrer auch nur mit einer Stimme und einem Sitz vertreten – und er merkt dabei, ich kann auch nur für meine Anliegen werben, sei es bei Fragen zu Personal, bei Investitionen und Renovierungen u.a. Ich bin abhängig von einer Abstimmung, die einfach demokratisch stattfindet. Beides, das Synodale und das Demokratische, ist sehr wichtig, um sich als Pfarrer nicht in einem Luftschloss zu versteigen und sich von der Gemeinde zu entfernen, und deshalb habe ich auch keine Angst vor mehr Synodalität und Demokratie in der Kirche!

Wie schaffen wir es eine wahrnehmbare Stimme in einer säkularisierten Welt zu werden?

Ich spüre, dass die Säkularisierung rapide fortschreitet – auch in dem Bereich, den ich überblicke. Gehört wird man als Kirche, wenn man sich auf Augenhöhe mit den Menschen begibt. Dies bedeutet nicht, dass man ihnen nach dem Mund redet oder alles kommentarlos hinnimmt und gutheißt. Die Menschen sagen so treffend „Der kann uns in die Augen schauen“, wenn das, was ich verkünde, ehrlich gemeint ist. Das klingt vielleicht nicht nach einer großen Breitenwirkung, ist aber meiner Meinung nach derzeit die einzige Möglichkeit, eine wahrnehmbare Stimme in einer säkularisierten Welt zu werden. Es sind also nicht die großen Verlautbarungen, sondern wie vor Ort zu den Menschen und zu seinem Glauben steht.

Ein Wort des Pastoraltheologen Herbert Haslinger ist mir wichtig geworden: „Seelsorge, eine gute Predigt oder Beistand im Trauerfall: Was Menschen von der Kirche erwarten können, müssen sie vor Ort verlässlich finden können. Mehr und anderes, sage ich etwas forsch, braucht man nicht. Wir müssen in der Kirche kein Feuerwerk der neuen Ideen zünden, das führt nur zur vielzitierten Überlastung. Einfach und verlässlich, das genügt.“

Wie ist der Stand bei der pastoralen Planung, wie nehmen Sie den Menschen die Angst davor?

Bei uns im Dekanat Kelheim ist in vergangenen Herbst die erste Pfarreiengemeinschaft aufgrund der pastoralen Entwicklung 2034 schon gebildet worden. Im letzten Jahr wurden zwei weitere teilweise umgesetzt und eine wird heuer im Herbst endgültig umgesetzt. Die Angst der Menschen ist in meinen Augen sehr berechtigt, weil sie Angst haben, dass die Kirche – aufgrund der größer werdenden Flächen und der größer werdenden Einheiten – noch weiter von ihnen weiter wegrücken könnte. Ich bin im Gespräch mit den Pfarrern, mit den pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mit den Pfarrgemeinderäten, um zu schauen, wie wir vor Ort das Gemeindeleben erhalten können. Denn: Nur durch das regelmäßige Zusammenkommen lebt eine Gemeinde, und wenn sie sich nicht mehr versammelt und trifft, bricht sie bald auseinander. Und deswegen ist es mir im Zuge der Pastoralen Entwicklung 2034 immer ein großes Anliegen, dass auch die kleinen Orte und Kirchen gottesdienstlich versorgt werden, dass man Wege geht, dort Gottesdienste in großer Vielfalt zu feiern. Dafür stehen auch die pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereit, und durch die Ausbildung und Schulung von Ehrenamtlichen für verschiedene Gottesdienstformen kann abgewendet werden, was die Gemeinden als besonders schmerzlich spüren würden: Wenn es vor Ort keine und nur sehr sporadisch Gottesdienst gäbe. Deshalb empfinde ich es als wichtige Aufgabe, ihnen diese Angst zu nehmen und zum Einsatz vor Ort zu motivieren.

Welche Angebote machen Sie Jugendlichen? 

Die Hauptarbeit bleibt wie in vielen anderen Gemeinden die Ministrantenarbeit, die zwischen Erstkommunion und Firmung beginnt und dann in den Jugendgruppen, bei uns zum Beispiel in der Kolpingjugend weitergeht und immer wieder in einen (Familien)-Kreis junger Erwachsener mündet.

Welche großen Feste planen Sie im Heiligen Jahr 2025?

Das Motto „Pilger der Hoffnung“ im Heiligen Jahr 2025 zieht sich bei uns wie ein roter Faden durch dieses ganze Jahr. Es hat eigentlich schon kurz vor dem Heiligen Jahr mit dem ökumenischen Gottesdienst für die Stadträte und die Stadtverwaltung angefangen. Auch unsere Wallfahrten sind davon geprägt. So die beiden Fußwallfahrten zur Wallfahrtskirche St. Salvator in Bettbrunn am Ostermontag und am Sonntag vor Pfingsten. Und kürzlich stand auch die jährliche Buswallfahrt nach Altötting unter diesem Leitwort. Im kommenden Jahr planen wir schließlich eine Pilgerreise nach Rom.

Interview: Stefan Groß

(kw)



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