Berlin / Regensburg, 19. November 2024
Es sei absurd, die vorgeburtlichen Kinder in zwei willkürliche Qualitäts-Klassen einzuteilen und davon ihr Leben abhängig zu machen: Dies ist die Meinung des Bundesverbandes Lebensrecht e.V. (BVL). Konkret gemeint ist damit ein Gesetzesentwurf, mit dem Abgeordnete aus dem grün-roten Lager im Bundestag offenbar in letzter Minute vor der Neuwahl des Bundestages versuchen wollen, wenigstens Teile eines Plans der Ampelregierung retten, mit dem ursprünglich die Abtreibung legalisiert und quasi zum Normalfall in der regulären Gesundheitsversorgung gemacht werden sollte.
Lebensschützer waren gegen die Ampel-Pläne zur de-facto-Abschaffung des Schutzes ungeborener Kinder mit Argumenten und all ihrer Kraft vorgegangen. Nun also ein neuer Gesetzentwurf einer Gruppe von Abgeordneten zum § 218, der zunächst sehr nach einem Kompromiss klingt. Dazu sagte Alexandra Linder, Vorsitzende Bundesverband Lebensrecht e.V.: „Der Gesetzesentwurf zu § 218 StGB beinhaltet unter anderem die Legalisierung der Abtreibung in den ersten 14 Schwangerschaftswochen und die Abschaffung der Wartefrist nach Beratung.“
„Mit dem ‚Geschenk“, die Pflichtberatung beizubehalten, hofft man offenbar, Mehrheits-Stimmen aus anderen Parteien zu bekommen“, so Linder weiter. Sie wies auf den Punkt „A. Probleme“ hin. Dort ist zu lesen vom „Recht, selbst zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen ein Mensch Kinder bekommen möchte, wird auch als reproduktive Freiheit oder als Grundrecht auf reproduktive Selbstbestimmung bezeichnet.“ Dem stimmt Linder uneingeschränkt zu, aber nur, solange kein Kind mit eigenen Grundrechten existiert.
Menschenrechte für Ungeborene
Im Gesetzestext wird weiter vermerkt, ein Eingriff in die unantastbare Menschenwürde Schwangerer sei „in keinem Fall zu rechtfertigen“. Auch das sei korrekt, so Linder, aber sie ergänzt: „Ebenso gilt das für die Menschenwürde vorgeburtlicher Kinder, die jedoch werden nicht erwähnt.“ Sie weist darauf hin, dass diese Auslassung ein wirklicher „Bruch mit der Menschenwürde“ sei: „Wer Abtreibung aus dem Strafrecht entfernt, schafft Grundrechte von Kindern ab.“
Abermals finde sich im neuesten rot-grünen Antrag schon bekannte die „Entmenschlichung der Kinder im Mutterleib“, so Linder. Dies werde durch das gewählte Vokabular dokumentiert: „Kinder heißen dort ‚Gebärmutterinhalt’ oder ‚Schwangerschaftsgewebe’!“ Tendenziöse Fotos sollten zudem beweisen, dass nichts Menschliches im „Ergebnis“ einer Abtreibung zu finden ist – also in dem in Stücke gerissenen, blutigen kleinen Menschen, der soeben getötet wurde. Linder mahnt eindringlich: „Jeder, der Abtreibungen durchführt, jeder, der sich mit der Wissenschaft der Embryologie beschäftigt, jeder, der eine frühe Fehlgeburt erlebt und den angeblichen ‚Zellhaufen’ gesehen hat, weiß, dass es jedes Mal hier um ein Menschenleben geht.“
Selbstbestimmung auf Kosten anderer
Ebenso vehement wird in dem Antrag ein „Versorgungsmangel“ konstatiert. Bei über 1.100 gemeldeten Abtreibungseinrichtungen und etwa 100.000 Abtreibungen in einem Jahr könne davon, so Linder, nicht die Rede sein. Noch mehr „Versorgung“ mit Abtreibung bedeutet nur noch mehr – und nicht gut durchdachte – Abtreibungen. Das Augenmerk auf der Unterstützung der werdenden Mütter, moralisch wie finanziell, sinke dagegen deutlich. Das sei exemplarisch in Berlin zu sehen. Nicht weniger als 135 gemeldete Abtreibungsstellen gibt es dort, aber nur 60 Beratungsstellen.
Linder stellt klar: „Der grundfalsche Tenor des rot-grünen Antrags lautet: Eine nicht erwünschte Schwangerschaft ist grundsätzlich eine Bedrohung der Autonomie und Gesundheit von Frauen. Die legale, flächendeckend angebotene Abtreibung soll ein Stück ganz normale Gesundheitsversorgung zur Rettung und Stärkung ihrer Rechte werden.“ Das sei sowohl im Hinblick auf die Natur des Menschen und der Schwangerschaft als auch im Hinblick auf Ethik absurd. Den roten-grünen Antragstellern schreibt sie ins Stammbuch: „Es handelt sich hier um nichts anderes als eine Definition von Selbstbestimmung auf Kosten anderer.“
Alles andere als ein Kompromissvorschlag
Vor allem sei es, so Linder, völlig absurd, die vorgeburtlichen Kinder in zwei willkürliche Qualitäts-Klassen einzuteilen, von denen dann ihr Leben abhängen sollte. Wenn sie „gewollt“ seien, seien sie Menschen und sollen mit einem geänderten § 218 StGB strafrechtlich geschützt bleiben. Wenn sie aber nach dem subjektiven Gefühl der Mutter „ungewollt“ sind, wirke dieser Antrag fatal: „Dann sind die ungeborenen Kinder keine Menschen und ihre Mütter können den Abbruch der Schwangerschaft auf Verlangen in Anspruch nehmen.“ Sie betont, dass der neuerliche rot-grüne Vorstoß alles andere als ein Kompromissvorschlag ist: „Frauen, die schwanger werden, haben Mit-Verantwortung bei der Entstehung und für die Lebenszukunft und Rechte ihres Kindes – sie sind emanzipiert und gleichberechtigt. Frauen, die nicht selbstbestimmt schwanger werden, brauchen mit ihren Kindern Schutz – die Beseitigung ihrer Kinder löst ihre Probleme nicht.“
Weil die Frage des Abtreibungsrechtes eminente ethische Bedeutung entfaltet, hat die BVL-Vorsitzende gerade im Bezug auf die Kleinsten und Schwächsten das große Ganze im Blick: „Staaten, die für ihre Bevölkerung eine lebenswerte und menschenwürdige Zukunft möchten, müssen insbesondere diejenigen schützen, die dies nicht selbst können. Und das sind insbesondere vorgeburtliche Kinder, Menschen in schwierigen Lebenslagen und Menschen am Ende ihres Lebens –unabhängig davon, ob diese Menschen gewollt oder ungewollt sind.“
Text: BVL
(sig)