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Neue Studie von Misereor: Armutslücke gesunde Ernährung

Weltweit fehlen drei Billionen US-Dollar

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Aachen/Berlin/Göttingen, 28. September 2023

Neue Studie von Misereor und Wissenschaftlern der Universität Göttingen zur "Armutslücke gesunder Ernährung" zeigt: Enormer Armut steht extremer Reichtum gegenüber.

"Gesunde Ernährung ist ein Menschenrecht, von dem weltweit zwei von fünf Menschen ausgeschlossen sind", betont Lutz Depenbusch, Ernährungs-Experte bei Misereor anlässlich des Erntedankfestes am kommenden Sonntag. Maßgebliche Ursachen sind wachsende Ungleichheit und Armut. "Ungesunde Ernährung hat oft schwerwiegende Folgen für die Betroffenen, aber auch für die gesamte Gesellschaft", so Entwicklungsökonom Depenbusch weiter. Wie groß das Ausmaß des Problems ist, hat Misereor nun gemeinsam mit Wissenschaftlern der Uni Göttingen erstmals berechnet. Die Ergebnisse der Studie erlauben Rückschlüsse darauf, wo Länder im Kampf gegen den Hunger an ihre finanziellen Grenzen stoßen und in welchem Umfang die Weltgemeinschaft aktiv werden muss, um die Armutslücke zu schließen.

Vor allem Sub-Sahara Afrika und Südasien betroffen

Wie die Berechnungen zeigen, beläuft sich die "Armutslücke gesunder Ernährung" im Berechnungszeitraum 2021 auf insgesamt drei Billionen US-Dollar. "Diese Summe fehlt Menschen weltweit, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können," erklärt Depenbusch. Den drei Billionen US-Dollar stehe eine globale Wirtschaftsleistung von 135 Billionen US-Dollar gegenüber. Das heißt, die Armutslücke entspricht lediglich 2,2 Prozent der globalen Einkommen, hält aber fast die Hälfte, und zwar 41 Prozent der Menschheit von einer gesunden Ernährung ab.

"Besonders groß ist die Armutslücke in den Weltregionen Sub-Sahara Afrika und Südasien", fasst Jonas Stehl, Entwicklungsökonom an der Uni Göttingen, die Ergebnisse zusammen. "Allein Sub-Sahara Afrika macht 40 Prozent der globalen Armutslücke aus, Südasien 35 Prozent", so Stehl. Im Ländervergleich bestehen die größten Armutslücken in den bevölkerungsreichen Ländern Indien, Nigeria und Indonesien. Die Belastung pro Person ist in Madagaskar am höchsten. Dort fehlen den einzelnen Menschen durchschnittlich 73 Prozent des notwendigen Einkommens, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können. "Ohne Unterstützung von anderen Staaten wird es Ländern wie Madagaskar kaum möglich sein, die Versorgung mit gesunder Ernährung für alle Menschen zu gewährleisten", erklärt Stehl.

Gerechtere Verteilung der Vermögen sinnvoll 

"Die Ergebnisse machen deutlich: Wer Hunger und Mangelernährung besiegen möchte, muss Ungleichheit und Armut verringern", beschreibt Lutz Depenbusch die notwenigen Maßnahmen. Und mahnt: „Es ist ein moralisches Versagen, wenn die Weltgemeinschaft den wachsenden Reichtum nicht stärker dafür einsetzt, das grundlegende Recht auf eine gesunde Ernährung aller Menschen zu sichern.“ Beispielsweise würde bereits eine Besteuerung der Vermögen von Millionär*innen und Milliardär*innen von durchschnittlich 1,2 Prozent, Steuereinnahmen im Umfang von 78 Prozent der Armutslücke generieren. Der Steuersatz wäre so gering, dass die Gruppe trotzdem reicher würde. 

Aus Sicht von Misereor müssen zwei Schritte im Fokus stehen: die gerechtere Verteilung der Einkommen und die Ausrichtung der Ernährungssysteme auf die Bedürfnisse aller Menschen. "Wenn sich hungernde und mangelernährte Menschen die Lebensmittel nicht leisten können, produziert das globale Agrarsystem fast ausschließlich für die Bedarfe wohlhabenderer Menschen", fasst Depenbusch zusammen. "Das nachhaltige Entwicklungsziel, den Hunger zu besiegen (SDG 2), dem sich auch Deutschland verschrieben hat, ist in weite Ferne gerückt. Nur mit deutlichen Fortschritten bei der Verringerung von Armut und Ungleichheit (SDG 1 und 10) ist dieses Ziel erreichbar."   

Erntedank ist politisch

1958 als "Werk gegen Hunger und Krankheit in der Welt" gegründet, nimmt Misereor das Erntedankfest zum Anlass einer Publikationsreihe, in der aktuelle Herausforderungen bei der Hungerbekämpfung herausgestellt, Lösungswege zu Ernährungssouveränität skizziert und Vorschläge gemacht werden, wie das UN-Nachhaltigkeitsziel „Null Hunger“ bis 2030 noch erreicht werden kann. https://www.misereor.de/jahresheft-welternaehrung

Text: Misereor

(kw)

Weitere Infos

Die Studie "Die Armutslücke gesunde Ernährung" berechnet, wie viel Geld Menschen weltweit fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können und zeigt, wie diese Armutslücke im Verhältnis zum globalen Wohlstand steht.

Wissenschaftliches Arbeitspapier zur Studie (Englisch) Uni Göttingen: http://www2.vwl.wiso.uni-goettingen.de/courant-papers/CRC-PEG_DP_293.pdf

Weltkarte „Die Armutslücke pro Person“ im Ländervergleich zum Download

Die aktuelle Ausgabe der Broschüre „Herausforderung Hunger – Jahresheft Welternährung 2023/24“ mit ausführlichem Bericht zur Studie



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