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Myanmar: Bistum Loikaw dankt für Unterstützung aus Regensburg

Wenn Tiefflieger über den Sonntagsgottesdienst kreisen

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Regensburg/Loikaw, 1. Dezember 2022

„Ich plane mehrere Weihnachtsbesuche in den Flüchtlingslagern. Weihnachten ist die Zeit, in der wir an die Armen und Bedürftigsten denken. Danke für Euere Unterstützung für sie!“ Diese Dankmail hat Celso Ba Shwe, der Diözesanadministrator der Diözese Loikaw, in Myanmar (früher Birma) Mitte November an Bischof Rudolf Voderholzer geschrieben. Das Bistum Regensburg hat dieses Jahr insgesamt 81.000 Euro Nothilfe für die Binnenflüchtlinge im vom Krieg besonders betroffenen Bistum Loikaw bereitgestellt. Gerade in den Landesteilen, in denen es Widerstand gibt, schlägt das Militär gnadenlos zu. Das gilt neben anderen Landesteilen vor allem auch für den Kaya-State. Dort ist das Bistum Loikaw beheimatet.

Messe im Flüchtlingslager beim Besuch von Apostolischem Adminstrator Celso Ba Shwe. Die aus Regensburg finanzierten Planen werden auch zum Bau von Behelfskapellen verwendet.

Traumatisierung der Bevölkerung als Programm

Diözesanadmistrator Celso Ba Shwe ist immer wieder tagelang unterwegs in den Flüchtlingslagern, auch wenn die Wege jetzt in der Regenzeit oft beschwerlich sind und die Gefahren unkalkulierbar. „Ich bin gerade von einer riskanten Wochenendtour aus Westdimoso zurückgekommen“, schreibt er in einer anderen Mail. „Die Kämpfe gehen in dieser Region weiter, aber meine Leute brauchen unsere seelsorgliche Anwesenheit und Ermutigung in Zeiten der Angst und Unsicherheit.“ Im Gebiet einer einzigen Pfarrei gibt es dort mehr als 20 Lager mit Binnenflüchtlingen. Von den 35 Pfarreien des Bistums sind immer noch etwa die Hälfte verlassen und die Priester und Schwestern sind mit den Gläubigen in die vermeintlich sicheren Lager im Dschungel geflohen. „Um 7 Uhr morgens habe ich am Sonntag in einem Lager mit 200 Flüchtlingen die Totenmesse für einen gefallenen Kämpfer der Widerstandsarmee gehalten. Während der Messe sind zwei Tiefflieger knapp über die provisorische Kapelle und die Gläubigen geflogen. Viele sind in Panik geflohen. Gott sei Dank wurden sie nicht beschossen, aber die Leute werden dadurch in Angst und Schrecken versetzt und traumatisiert.“ Das scheint kein Zufall zu sein, denn an diesem Morgen flogen die beiden Flugzeuge fast alle Flüchtlingslager dieser Region während der Gottesdienste an.

Schläuche für die Wasserversorgung in den Lagern sind für die hygienischen Bedingungen entscheidend. Rechst der Pfarrer des Lagers, 2. v.r. Apostolischer Administrator Celso Ba Shwe beim Besuch im Lager.

Pfarreimitglieder verschwinden spurlos

Anfang November ist ein Ehepaar verhaftet worden, das Medikamente aus der Stadt in die provisorischen Krankenstationen in den Flüchtlingslagern bringen wollte. „Wir wissen nicht, wo sie jetzt sind. Die Pfarrei betet für sie. Heute Morgen ist ein jugendlicher freiwilliger Helfer auf dem Weg zum Pastoralzentrum verschwunden. Jemand glaubt, ihn noch bei einem Kontrollposten gesehen zu haben“, heißt es in einem weiteren Bericht. Noch Ende November gab es von den Dreien keine Spur und die Militärs behaupten, von nichts zu wissen. „Ihr könnte Euch nicht vorstellen, wie viele unschuldige Menschen fälschlich der Unterstützung des Widerstands beschuldigt, verhaftet und zu jahrelangen Gefängnisstrafen verurteilt werden. Wir wissen nicht, wann die Menschen dieses Landes in Frieden leben können, mit Menschenwürde und in wirklicher Freiheit“, beklagt Celso Ba Shwe. Wegen des Verdachts der Unterstützung der Widerstandsarmee ist ein Pfarrhaus mit schweren Waffen beschossen und geplündert worden. Der Priester wurde der Unterstützung der lokalen Verteidigungsarme des Volkes beschuldigt (PDF, Local People Defence Force). „Das stimmt nicht“, so der Apostolische Administrator, der danach lange mit den Militärs verhandelt hat. Eine nervenaufreibende Situation, einerseits die klare Position der Katholischen Bischofskonferenz zu vertreten, die den Putsch und die Menschenrechtsverletzungen klar verurteilt hat, und doch zu versuchen, zu Unrecht Verhaftete frei zu bekommen.

Der Apostolische Adminstrator mit Flüchtlingen vor deren provisorischer Behausung.

Weitere Verschärfung der Situation erwartet – Kirche plant langfristige Nothilfe

In den nächsten Monaten erwarten viele politische Beobachter nochmals eine Verstärkung des Kampfes der Militärregierung. Am 1. Februar 2023 jährt sich der Putsch zum zweiten Mal und die Militärs wollen später Wahlen abhalten, um sich ihre Macht formal bestätigen zu lassen. Es wird vermutet, dass sie deshalb ihren militärischen Erfolg erzwingen wollen. Die Zivilbevölkerung in den betroffenen Gebieten ist dem hilflos ausgeliefert. Sie können nur in vermeintlich sicherere Gebiete in Lager fliehen. Ändert sich die Frontlinie, müssen sie oft in andere Lager wechseln. Unter diesen Umständen ist klar, dass die Infrastruktur mit Behausung, Wasserversorgung, Ernährung und Schulen eine ständige Herausforderung ist. Mit mobilen Kliniken, Nothilfeplänen und Bildungsprogrammen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die nun seit fast zwei Jahren keine reguläre Schule mehr besucht haben, versucht das Bistum Loikaw, auf die immer neuen Herausforderungen zu reagieren und an der Seite der Menschen zu stehen. Dazu ist die schon vor dem Krieg bitterarme Bevölkerung auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen.  Das Bistum Loikaw hat einen Fünfjahresplan für Katastrophenhilfe aufgestellt und hofft, dass, wie bisher, das Bistum Regensburg, die Erzbistümer Köln und Tokio, die Hilfswerke Misereor, Missio oder das Kindermissionswerk weiter an seiner Seite stehen. Gerade in einer so aussichtslos erscheinenden Situation während der letzten fast zwei Jahre war nicht nur die finanzielle Hilfe wichtig. Auch die bistumsweiten Gebetsaktionen für die Menschen in Myanmar am Karfreitag 2021 und zum 1. Jahrestag des Putsches im Februar 2022 waren Zeichen einer Solidarität, die weit über materielle Hilfe hinausgeht und von den Katholiken im Bistum Loikaw als tiefes Zeichen der Verbundenheit und der Ermutigung erlebt worden ist. 

Father Celso Ba Shwe (Mitte) mit einem Ehepaar, das sich mit Bambusstangen und Planen, die von den Hilfsgeldern aus Regenburg finanziert worden sind, eine neue Behausung gebaut hat.

Aus der Dankmail von Diözsanadministrator Celso Ba Shwe an Bischof Rudolf

„Nochmals vielen herzlichen Dank für die zweite Rate von 50.000 Euro zur Unterstützung der humanitären Hilfe durch die Diözese Loikaw… Wir werden die Mittel für Nahrung und Kleidung in den Lagern von Binnenflüchtlingen verwenden. Bei und ist es Winter geworden und für die armen Leute in den Dschungelcamps ist es sehr kalt und viele fragen immer wieder nach Decken. Einen Teil des Geldes werden wir auch für den Kauf eines Ultraschallgerätes im entlegenen Lagerhospital in Hoya verwenden. Die Situation im Land, insbesondere bei uns im Kaya-State ist immer noch sehr unvorhersehbar. Die Kämpfe gehen fast jeden Tag an vielen Orten weiter und bedrohen die Sicherheit bestehender Flüchtlingslager … Eine Pfarrei in den Außenbezirken von Loikaw, die von Dominikanern betreut wird, ist jetzt vom Militär seit mehr als einem Monat besetzt. Wir haben mehrere Male mit ihnen zu verhandeln versucht, bisher aber ohne Erfolg. …Wir alle beten für die Wiederherstellung von Frieden und Recht im Land, Versöhnung und Umkehr unseres Volkes. Insbesondere beten wir für Sie, Ihre Diözese und alle unsere Wohltäter“.

Text: Gregor Tautz/jas, Bildnachweis: Bistum Loikaw



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