Mit Gottes Segen durch das Jahr
Segnungen im Jahreskreis
Regensburg, 2. Januar 2024
Früher begann und endete das Leben mit einem Segen. Gleich nach der Geburt bekam das Neugeborene den Muttersegen, später segneten die Eltern ihre Kinder, wenn sie zur Schule gingen. Der Elternsegen, bei dem Vater und Mutter bei der Hochzeit ihren Kindern die Hände auflegten, war auch ein fester Bestandteil der kirchlichen Trauung. Und wenn jemand aus der Familie eine Reise antrat, erteilte der Vater den Reisesegen.
Weihe oder Segnung
Auch in der Kirche sind Segnungen ein fester Bestandteil im Jahreskreis. Den Anfang macht die Kerzenweihe an Mariä Lichtmess am 2. Februar. Denn obwohl sich im Volksmund der Begriff Kerzenweihe eingebürgert hat, werden die mitgebrachten Kerzen – ebenso wie bei der Speisenweihe an Ostern oder der Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt – vom Pfarrer nicht geweiht, sondern gesegnet. Denn eine Weihe durch einen Priester können nur Gegenstände für den liturgischen Gebrauch erhalten. Darunter fallen zum Beispiel Altäre, die Kirchenglocken und die Kirchenorgel, Kirchen und Friedhöfe und natürlich auch das Weihwasser. Auch wenn der Volksmund von einer Weihe spricht, das neue Feuerwehrfahrzeug, der Johanniswein oder die Eier im Osterkorb können niemals geweiht, sondern nur gesegnet werden. Und solch einen Segen kann jeder Gläubige aussprechen.
Gesegnet durch das Jahr
Noch heute gehen die Gläubigen am 3. Februar, dem Gedenktag des heiligen Blasius in die Kirche zum „Einblasln“. Der Pfarrer hält jedem einzelnen zwei übereinander gekreuzte brennenden Kerzen in Form des Andreaskreuzes vor das Gesicht und spricht die Segensworte: „Auf die Fürsprache des heiligen Blasius bewahre dich der Herr vor Halskrankheiten und allem Bösen“. Die wohl eindrucksvollste Segnung ist für Viele das Aschekreuz auf der Stirn, mit dem der Pfarrer die Gläubigen zu Beginn der Fastenzeit an die Vergänglichkeit des Lebens erinnert. Nach der feierliche Segnung der Palmbuschen am Palmsonntag werden überall in Altbayern an Ostern die Speisenkörbe zur „Weihe“ in die Kirche gebracht. Vom Markustag, dem 25. April, bis zum Fest der Kreuzerhöhung am 14. September wird zum Schluss des Gottesdienstes der Wettersegen gebetet, und um den 24. Juni erhalten landauf landab die Johannisfeuer ihren Segen.
Kräuterbuschen und Gräber
Am höchsten Marienfeiertag im bayerischen Festkalender, an Mariä Himmelfahrt am 15. August, tragen die Frauen traditionell ihre Kräuterbüschel zur Weihe in die Kirche. Bis zum nächsten Jahr sollen die Sträußchen Haus und Hof vor Unwetter, Blitz und Hagelgefahr schützen. Wenn sich das Jahr zu Ende neigt, versammeln sich die Familien an Allerheiligen auf dem Friedhof, um bei der Gräbersegnung der verstorbenen Angehörigen zu gedenken.
In der Adventszeit werden in vielen Kirchen die Adventskränze gesegnet. Den Abschluss des Jahres bildet die Segnung des Johannisweins als Trank der Liebe, und auch die Sternsinger erhalten bei ihrer Aussendung den Segen des Pfarrers.
Straßen und Brücken
Bis heute spielt ein kirchlicher Segen auch im öffentlichen Leben eine wichtige Rolle. Kindergärten, Schulen, Feuerwehrhäuser, aber auch Büroräume und Geschäfte, sogar neue Straßen und Brückenbauten werden oft erst nach dem feierlichen Segnen eröffnet oder für den Verkehr freigegeben. Und was wäre in Altbayern ein Feuerwehrfest ohne feierliche Fahnenweihe? Auch die vier- und zweibeinigen, die behaarten und gefiederten Mitbewohner werden nicht vergessen. Neben den traditionellen Pferdesegnungen werden in vielen Pfarreien inzwischen auch Haustiersegnungen, die meist im Freien stattfinden, angeboten. Wer seinem Haustier die Aufregung nicht zumuten möchte sei daran erinnert: Jeder Getaufte und Gefirmte kann einen Segen aussprechen!
Text: Judith Kumpfmüller
Bischof Rudolf segnet die Kinder eines Kindergartens.