Maria Magdalena – Auf Gottes Stimme hören
Es gibt Heilige, über die wissen wir sehr viel. Ihren Lebenslauf können wir beinahe schon minutiös nachvollziehen. Wir wissen, was sie gedacht und wie sie gelebt haben. Von anderen Heiligen wissen wir kaum etwas. Zu ihnen gehört Maria Magdalena.
Ihr ist eine der ergreifendsten Szenen des neuen Testaments gewidmet: ihre Begegnung mit dem auferstandenen Jesus. Sie war Jesus gefolgt, hatte unter seinem Kreuz gestanden und muss nun irgendwie realisieren, dass er tot ist. Er, der Herr, lebt nicht mehr. Er ist gescheitert. Maria Magdalena geht zum Grab. Früh am Morgen will sie den toten Herrn noch einmal besuchen. Da kommt zu aller Trauer noch ein weiterer Schmerz: Jesus ist nicht mehr in diesem Grab. An eine mögliche Auferstehung denkt sie nicht. Für sie steht fest: „Sie haben den Herrn aus dem Grab weggenommen und wir wissen nicht, wohin sie ihn gelegt haben.“ (Joh 20,2) Möglicherweise Grabräuber? Aber was sollten die schon mit dem Leichnam anfangen wollen?
Wer war die Frau?
Maria hat keine Ahnung. Sie ist traurig, steht vor dem Nichts. Die folgende Szene gehört vielleicht zu den berühmtesten der Weltliteratur und der Kunst. Maria begegnet Jesus – hält ihn aber für einen Gärtner, der für die Anlage rund um das Grab zuständig ist. Das erscheint doch unbegreiflich: Wie konnte Maria von Magdala Jesus nicht wiedererkennen? Die beiden kannten sich nicht erst seit gestern. Der Evangelist Lukas berichtet davon, dass Maria eine der Begleiterinnen Jesu war. Sie gehörte zu einer Gruppe von Frauen, die Jesus von unreinen Geistern und Krankheiten geheilt hatte.
Mehr wissen wir von ihr eigentlich gar nicht – und das bei einer so bekannten und großen Heiligen. Doch die Begegnung mit dem Auferstandenen kann einiges über sie aussagen. Sie erkennt Jesus zunächst nicht. Bis Jesus ein einziges Wort sagt: „Maria“. Das Johannesevangelium hat hier ein wunderschönes Stilmittel eingesetzt. Die Frau aus Magdala hieß in ihrer Muttersprache sehr wahrscheinlich Miriam. Das Johannesevangelium muss diesen Namen ins Griechische übersetzen und wählt „Maria“ – durchgehend wird dieses Wort benutzt, bis auf eine Stelle: Als Jesus Maria mit ihrem Namen anspricht, schreibt Johannes „Mariam“. Das soll, so gut es durch die griechische Sprache eben möglich ist, das Wort wiedergeben, mit dem Jesus Maria von Magdala ansprach: „Mariam“.
Ein Wort genügt
Das ist zärtlich. Das ist liebevoll. Es zeigt, wie das Verhältnis Jesu zu seinen Jüngern war: ein so liebevolles Miteinander, dass schon der Tonfall, mit dem Jesus diesen Namen ausspricht, zeigt, dass es nur er sein kann, der hier spricht. „Mariam“. Jesus ist nach seiner Auferstehung ganz anders – so anders, dass Maria ihn gar nicht erkennt. Und doch bleibt er der gleiche. Ein Wort aus seinem Mund genügt, um ihn zu erkennen. In seiner bekannten Rede über den guten Hirten hatte Jesus gesagt: „Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich.“ (Joh 10,14)
Maria hat auf die Stimme Jesu gehört. Sie war wie das Schaf, von dem Jesus spricht: Die Schafe hören die Stimme des Hirten. Wenn wir nichts über Maria wissen, wissen wir doch das: Sie hat auf die Stimme ihres Herrn gehört. Deswegen ist sie ein überragendes Beispiel für das Gelingen christlichen Lebens. Es geht darum, auf die Stimme des Herrn zu hören. Das hat Maria beispielhaft getan.
Die Kirche gedenkt der hl. Maria Madgalena am 22. Juli.