Regensburg, 19. Oktober 2024
Jerzy Aleksander Popiełuszko, geboren am 14. September 1947 in Okopy, stammte aus bescheidenen dörflichen Verhältnissen im Nordosten Polens. Nach seiner Priesterweihe wurde er Studentenpfarrer, später Seelsorger für die Warschauer Stahlarbeiter während des nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch politisch motivierten Streiks im Jahre 1980. Am 19. Oktober 1984 wurde der glaubensstarke Priester bei Torun, dem ehemals westpreußischen Thorn, von drei Geheimdienstoffizieren entführt, brutal misshandelt und im Weichsel-Stausee bei Wloclawek ertränkt. Sechs Tage zuvor war ein Steinwurf-Anschlag auf sein vorbeifahrendes Auto gescheitert.
Pfarrer Popiełuszko war ein unbeugsamer Geistlicher. Der todesmutige Bekenner zelebrierte nicht nur in seiner Warschauer Stanislaw-Kostka-Kirche, sondern zum Beispiel auch in Warschau, Danzig oder in dem bekannten Marienwallfahrtsort Tschenstochau, in dem die sogenannte „Schwarze Madonna“ verehrt wird. Vor allem seine klaren Predigten gingen wie ein Lauffeuer durch das freiheitsdurstige Land. So sagte er bei einer Messe in Danzig am 13. August 1983, dem Gedenktag des 1981 eingeführten Kriegsrechts: „Wir brauchen die Madonna als Mutter, die uns die Hoffnung auch jetzt nicht verlieren lässt.“
Zwischen Pfarrer Popieluszko und der lnternationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) bestand ein vertrauensvoller persönlicher Kontakt. Unterstützt wurde er bereits damals von der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, IGFM, die auch seine Pfarrgemeinde mit regelmäßigen Hilfslieferungen versorgte. Auch Persönlichkeiten der „Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen“ waren mit dem tapferen Priester verbunden, was auch logisch ist, wurde sie doch von der IGFM gegründet.
Als echter katholischer Theologe nannte Pfarrer Popiełuszko die Gewaltmaßnahmen des kommunnistischen Regimes in Polen eine „Gelegenheit zur Versöhnung“. Seine Begründung: „Weil man die Amnestie einseitig zum Vorteil des Regimes manipuliert hat. Weil das juristische Labyrinth an Gesetzen und Vorschriften nur als Mittel zur Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten gedacht ist. Weil die Aufhebung des Kriegszustandes unsere Handschellen nur zum Schein lockert, indes man unser Herz und unseren Verstand in noch härtere Ketten legt. Unsere Brüder, die für uns das Symbol des unaufhörlichen Kampfes um die Menschenrechte bleiben, werden weiterhin in den Gefängnissen festgehalten; jene aber, auf die das Amnestiegesetz seine Anwendung fand, werden als Geiseln behandelt.“
Wortgewaltig gegen den Kommunismus
Er predigte nicht nur glaubensstark und spendete mit pastoralem Eifer die Sakramente, sondern war zudem sehr hilfsbereit und einsatzfreudig. Er besuchte Menschen, die ihren Arbeitsplatz verloren hatten, ebenso die Angehörigen von politischen Häftlingen und er ging mit ihnen zu den Gerichtsverhandlungen. Er forderte öffentlich Amnestie für Gewissensgefangene sowie die Wiedergutmachung des ihnen zugefügten Unrechts. Der couragierte Gottesmann hielt monatlich eine besondere „Messe für das Vaterland und für alle, die für das Vaterland leiden“, zu der immer mehr Gläubige strömten. Sein Gottesdienst wurde per Lautsprecher auf den Kirchplatz übertragen.
In seiner Predigt vom 29. Januar 1984, die in Warschau stattfand, erklärte er: „Auch durch die Arbeit kann man den Menschen erniedrigen und entwürdigen, wenn man ihn zum bloßen Arbeitswerkzeug macht. Ein rein materialistisches Profil macht den Menschen zum Sklaven seiner eigenen Produkte und entwertet ihn. Man darf niemals die Wahrheit vergessen, dass wir zur Bewahrung unseres Glaubens und unserer Würde sogar unsere Freiheit opfern können, dass wir aber nicht umgekehrt zur Bewahrung unserer Freiheit unseren Glauben und unsere Würde als Kinder Gottes opfern dürfen.“
Sofort ein Märtyrer
Lange vor seinem Maeryrium wurde Pfarrer Popiełuszko bereits mit staatlichem Mobbing, Bespitzelungen, zahlreichen Verhören, Sprengstoffanschlägen gegen sein Pfarrhaus und Morddrohungen verfolgt. Man versuchte, ihn einzuschüchtern, weil er die kommunistische Diktatur öffentlich kritisierte, besonders das Verbot der Gewerkschaft Solidarnosc. So war er bereits lange vor seinem gewaltsamen Tod in Polen zur Symbolfigur des Widerstands gegen das kirchenfeindliche Regime geworden. Seine Beisetzung fand am 3. November 1984 in seiner Warschauer Stanislaw-Kostka-Gemeinde statt. Sie wurde mit 800.000 Trauergästen zu einer Kundgebung für Freiheit und Gerechtigkeit – und gegen die staatliche Tyrannei von Moskaus Gnaden. Bereits 1985 erschien im Auftrag der IGFM eine Dokumentation von Siegfried Lammich unter dem Titel „Der Popielusko-Prozess“ im Verlag Wissenschaft und Politik, das Geleitwort stammt vom Augsburger Bischofs Josef Stimpfle.
Im Jahr 2009 entstand in Polen ein Drama-Spielfilm über sein Leben mit dem Titel „Popieluszko. Wolnonosc jest w nas“ –zu deutsch: „Die Freiheit liegt in uns“. Bald danach wurde ein noch ausführlicherer, vierteiliger Fernsehfilm über das Leben dieses hochverehrten polnischen Priesters gedreht. Am 6. Juni 2010 wurde Popiełuszko auf dem Pilsudski-Platz in Warschau vor rund 200.000 Gläubigen und in Anwesenheit seiner Mutter Marianna von der katholischen Kirche feierlich als Märtyrer zur Ehre der Altäre erhoben. Die Seligsprechung wurde von Erzbischof Angelo Amato als Vertreter von Papst Benedikt XVI. vorgenommen.
Text: Felizitas Küble / sig
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