Kirche und Schule – Symposium zum 100-Jährigen Gedenken an das Ende der Geistlichen Schulaufsicht in Bayern
Der Regensburger Herzogsaal war am vergangenen Samstagvormittag gut besucht. Anlass für das Treffen: Ein Symposium zum Thema "Ende der Geistlichen Schulaufsicht in Bayern vor 100 Jahren". Geladen hatten hierzu das Bischöfliche Ordinariat, der Verein für Regensburger Bistumsgeschichte e.V. und die Katholische Fakultät der Universität Regensburg.
Geistliche Schulaufsicht meint nichts anderes, als dass kirchliche Amtsträger die Oberaufsicht über das Schulwesen innehaben. Klingt verstaubt. Gehört in Bayern seit dem 1. Januar 1919 auch der Geschichte an. Domdekan Johannes Neumüller räumte in seiner Begrüßungsrede jedoch auf mit jeglicher Verstaubtheit. Er machte scherzhaft auf die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Symposium (griech. Symposion = gesellige Zusammenkunft oder Trinkgelage) aufmerksam, um dann zu revidieren, in wissenschaftlichen Kreisen würde das Wort Symposium mit einer Tagung oder Diskussionsveranstaltung gleichgesetzt. Daher tage und diskutiere man heute eben zum Thema "Das Ende der Geistlichen Schulaufsicht in Bayern - Historische Perspektiven und aktuelle Herausforderungen" - selbstverständlich mit Aussicht auf Geselligkeit bei einem gemeinsamen Mittagessen. Neumüller begrüßte anschließend die Festredner und Gäste herzlich.
Ohne Kirche keine Bildung
Nach einem musikalischen Intermezzo und einer kurzen Anmoderation durch Herrn Professor Dr. Peter Scheuchenpflug, ergriff Herr Domkapitular Dr. Josef Ammer das Wort. Er machte deutlich, wie eng die Kirche seit jeher mit dem Schulwesen verbunden und welch wichtige strukturelle Weichenstellerin sie für das heutige Bildungssystem war. Die Idee einer allgemeinen Volksbildung wäre nicht denkbar ohne die christliche Lehre von der Gleichheit aller Menschen vor Gott. Es war die Geistlichkeit, die bereits vor Jahrhunderten beklagte, für das Vieh werde angemessen gesorgt, für die Ausbildung der Kinder hingegen nicht. So entstanden erste schulische Einrichtungen - oft unter der Leitung der örtlichen Pfarrer.
1802 wurde mit der allgemeinen Schulpflicht auch die geistliche Schulaufsicht in Bayern gesetzlich verankert. Die Lehrerschaft - Laien wie Geistliche - war damit fachlich sowie hinsichtlich ihres sittlichen und staatsbürgerlich-politischen Verhaltens der Kontrolle durch die Kirche unterstellt. Im Zuge der Aufklärung gab die Kirche jedoch schrittweise ihre Aufsichtskompetenzen an den Staat ab. Am 1. Januar 1919 wurde die geistliche Schulaufsicht in Bayern endgültig abgeschafft. Aus heutiger Sicht nur konsequent: Für die Kirche war die Aufsicht über das Schulwesen ein großer finanzieller und personeller Aufwand. Fortan mussten die Geistlichen nicht mehr als "Diener zweier Herren" fungieren.
Vom armen Dorfschulmeisterlein zum emanzipierten Pädagogen
Professor Dr. Heinz-Jürgen Ipfing und Dr. Johann Kirchinger gingen in ihren Vorträgen auf die Rolle der Lehrerschaft im Streit um die Schulaufsicht ein. Die teilweise ungebildeten und von den milden Gaben der Dorfbauern abhängigen Lehrer forderten eine Verbesserung ihrer Ausbildung, eine angemessene Besoldung und mehr gesellschaftliches Ansehen. Mit der Abschaffung der geistlichen Schulaufsicht 1919 wurde das "arme Dorfschulmeisterlein" zur historischen Figur. Die Institution Schule ist seit jeher ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Herausforderungen von damals sind nicht verschwunden, es sind andere. Der Streit um die Schulaufsicht ist beigelegt. Heute, das wurde im Rahmen des Symposiums deutlich, müssen sich Schule und Kirche gemeinsam fragen, wie sie mit der Pluralität der Gesellschaft, der Abneigung gegen das Schulfach Religion, dem wachsenden Bildungsanspruch und der heutigen Werteorientierung umgehen möchten. Die Antworten auf diese Fragen sind sicher nicht einfach, aber zu bewältigen. Zum harmonischen Abschluss des Symposiums spielte das Bläserensemble noch einmal auf zum Lied der Bayern.