Kardinal Dr.Friedrich Wetter spricht Paul Josef Nardini in Speyer selig - „Nardini ist euch ein Zeichen der Kraft und der Hoffnung“
(pdr) Am Sonntag, 22. Oktober wurde der Pfälzer Seelsorger und Ordensgründer Dr. Paul Josef Nardini im vollbesetzten Speyerer Dom selig gesprochen. Kardinal Dr. Friedrich Wetter stand der Feier als Legat des Heiligen Vaters vor. Nach der Neuregelung des Seligsprechungsverfahrens im vergangenen Jahr durch Papst Benedikt XVI. kann erstmals ein Vertreter des Heiligen Vaters die Seligsprechungsfeier vor Ort in einem Bistum leiten. Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller bezeichnete das Werk des Priesters vor dem Hintergrund der sozialen Frage im 19. Jahrhundert als wegweisend für Kirche und Welt. Der Einsatz seiner ganzen Lebenskraft für die Armen sei eine exemplarische Verwirklichung des kirchlichen Wesensvollzugs der Diakonia. Die Seligsprechung am Beginn des dritten Jahrtausends sei ein Signal dafür, dass dieser Dimension kirchlichen Lebens weiterhin hohe Bedeutung zukommt.
Prälat Dr. Wilhelm Gegenfurtner, Superior der von Nardini gegründeten Schwesterngemeinschaft der Franziskanerinnen von der Heiligen Familie, erklärte: „Ich empfinde diese Zeit für mich als große Herausforderung, weil ich in meiner Aufgabe als Superior für die Schwestern, die sich in den unterschiedlichsten Aufgabenfeldern der Not des Lebens und der Menschen annahmen und oft bis ins hohe Alter hinein in der Armen- und Krankenpflege oder der Erziehungsarbeit tätig waren, als Priester beistehen darf und mich in dieser Verantwortung immer am Beispiel und Vorbild des seligen Paul Josef Nardini ausrichten kann und muss.
In seiner Predigt hob Kardinal Friedrich Wetter hervor, dass Bischof Nikolaus von Weis den damals 30-Jährigen nach Pirmasens in eine sehr schwierige Diasporapfarrei geschickt habe, in ein Gebiet großer sozialer Nöte. Die materielle und seelische Not seiner Pfarrkinder ließ ihn nicht ruhen. Nardini spürte: „In den Armen klopft Jesus selbst an mein Herz.“ Nach seinem Tod habe er eine blühende Pfarrei hinterlassen, viel Not war gelindert oder beseitigt. Dazu habe er eine Schwesterngemeinschaft ins Leben gerufen, die das Feuer der Liebe weiter trug.
Nardini sei nicht nur Pfarrer einer großen Diasporagemeinde gewesen, sondern auch Dekan, Novizenmeister, Spiritual und Beichtvater seiner Schwestern; Schulinspektor, Leiter des Kinderheimes und Helfer in allen Nöten. Schon zu Lebzeiten habe man ihn „Vater der Armen“ genannt.
Weiter erklärte Kardinal Friedrich Wetter: „Paul Josef Nardini hat anschaulich vorgelebt, was der Heilige Vater uns Priestern in seiner Freisinger Predigt ans Herz gelegt hat: ‚Wir sollen die Gesinnung Jesu Christi haben.’ Liebe Mitbrüder im priesterlichen Amt! Jesus ließ nicht nur den Petrus über die Wogen gehen. Er lässt auch euch nicht untergehen. An unserem Seligen macht er das sichtbar. Paul Josef Nardini ist euch ein Zeichen der Kraft und der Hoffnung“.
Konzelebranten bei den Feierlichkeiten waren Kardinal Dr. Karl Lehmann, Kardinal Dr. Joachim Meisner, Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller, Erzbischof Dr. Henryk Muszynski aus Speyers polnischer Partnerstadt Gnesen, Erzbischof György Jakubinyi aus dem siebenbürgischen Erzbistum Karlsburg, Bischof Pater William Slattery aus Südafrika, Bischof Dr. Anton Schlembach, Weihbischof Otto Georgens aus Speyer und Superior Dr. Wilhelm Gegenfurtner.
Nardini, der Mitte des 19. Jahrhunderts als Pfarrer von Pirmasens den Orden der Mallersdorfer Schwestern gründete, ist eine herausragende Seelsorgergestalt und ein sozialer Vorkämpfer in der Zeit der beginnenden Industrialisierung. Mit der Seligsprechung werden sein Lebenswerk und sein Glaubenszeugnis als vorbildlich auch für Christen heutiger Zeit herausgestellt. Sich um den Menschen in seiner größten Verlassenheit anzunehmen", darin sah der am 25. Juli 1821 in Germersheim in der Pfalz geborene Paul Josef Nardini die Aufgabe der von ihm gegründeten Schwesterngemeinschaft. Als er 1851 Pfarrer in Pirmasens wurde, traf er in der noch kleinen Industriestadt, die sich damals zu einem Zentrum der Schuhherstellung entwickelte, auf großes soziales Elend. Armut und Hunger trieben viele Bewohner, insbesondere auch Kinder zum Hausieren oder gar Betteln. Um der Not zu begegnen, holte Nardini zunächst aus dem benachbarten Elsass Niederbronner Schwestern in seine Pfarrei, die sich um die verwahrlosten Kinder kümmerten und die Kranken pflegten. Als der Orden die Schwestern eineinhalb Jahre später wieder abzog, fasste der engagierte Priester den Entschluss, für die Diözese Speyer eine ähnliche caritative Schwesterngemeinschaft zu gründen.
Am 2. März 1855 übertrug er zwei jungen Frauen, die dem Dritten Orden des heiligen Franziskus angehörten, die Aufgabe der Armen- und Krankenpflege in seiner Pfarrei. Das war die Geburtsstunde der Armen Franziskanerinnen von der Heiligen Familie. Am 1. Mai zogen die Schwestern mit den inzwischen aufgenommenen Waisenkindern in das Armenkinderhaus ein, das zum Mutterhaus der neuen Gemeinschaft wurde. Schon ein Jahr später konnte Nardini die ersten Schwestern in andere Orte der Pfalz und sogar ins rechtsrheinische Bayern schicken. Wie in Pirmasens sahen sie auch dort ihre Aufgabe in der Armen- und Krankenpflege und der Erziehung verwahrloster Kinder.
Ebenso vorbildlich wie in der Caritas engagierte sich Nardini in der Seelsorge. Zu seiner Pfarrei mit ihren 22 Filialen übernahm er 1858 noch das Amt des Dekans und im selben Jahr in staatlichem Auftrag die Aufsicht über die Volksschulen im Kreis Pirmasens. Auf sich selbst nahm der unermüdliche Priester und Armenvater dabei keine Rücksicht. Gesundheitlich war er ohnehin schon seit langem angeschlagen. Im Januar 1862 erkrankte er an einer Lungenentzündung. Nach neun Tagen, am 27. Januar 1862, starb er - gerade 40 Jahre alt und viel zu früh für seine Ordensgemeinschaft, die bereits 220 Schwestern zählte.