Internationaler Tag der Pressefreiheit: Bischof Voderholzer erinnert an Fritz Gerlich (1883-1934) – Lob vom Postulator im Gerlich-Seligsprechungsverfahren für Regensburger Bischof
Er gilt als "Märtyrer der Pressefreiheit" (Süddeutsche Zeitung) – und kaum ein anderer bekämpfte Adolf Hitler journalistisch vehementer als er: Der katholische Publizist und NS-Gegner Fritz Gerlich (1883-1934).
Ursprünglich deutschnational gesinnt, wandte sich der Journalist und Publizist Gerlich in den 1920er Jahren durch die Begegnung mit Therese Neumann, der "Resl von Konnersreuth", dem katholischen Glauben zu. Sie ermutigte ihn außerdem in seinem bereits 1923 beginnenden publizistischen Engagement gegen Adolf Hitler und den allmählich erstarkenden Nationalsozialismus. Er bezahlte seinen publizistischen Kampf gegen Hitler schließlich mit dem Leben – doch durch die Verehrung im Erzbistum München und Freising wurde für Gerlich vor kurzem ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.
Auch Bischof Rudolf Voderholzer gehört zu Gerlichs prominentesten Verehrern und hält häufig über ihn Vorträge, um an dessen Lebenswerk zu erinnern. So auch vor kurzem in der Münchener Pfarrei Christi Himmelfahrt – PR Dr. Johannes Modesto, der Postulator im Seligsprechungsprozess um Fritz Gerlich, schildert seine Eindrücke:
Bericht von PR Dr. Johannes Modesto (Postulator im Seligsprechungsprozess um Fritz Gerlich) über den Vortrag von Bischof Dr. Rudolf Voderholzer im Pfarrsaal der Pfarrei München-Christi Himmelfahrt am 26. April 2018
Der Pfarrsaal der Münchner Pfarrei „Christi Himmelfahrt“ war gut besucht, als der Bischof von Regensburg, Dr. Rudolf Voderholzer, für einen Vortragsabend an seine alte Wirkungsstätte im Münchner Stadtteil Waldtrudering zurückkehrte. Von 1994 – 2004 war Bischof Voderholzer während seiner akademischen Ausbildung an der Ludwig-Maximilian-Universität München (Promotion und Habilitation in Katholischer Theologie sowie Forschungstätigkeit) als beliebte Seelsorgemithilfe in dieser Pfarrei mit großem Engagement tätig und deshalb noch vielen in guter Erinnerung.
Im Rahmen seiner Forschungstätigkeiten war Bischof Voderholzer bereits vor 25 Jahren auf den seinerzeit noch wenig bekannten Archivar, Journalisten und Märtyrer Fritz Michael Gerlich (1883-1934) gestoßen und zeigte sich von ihm und seinem christlichen Lebenszeugnis so beeindruckt, dass er sich öffentlich vornahm, für die Seligsprechung dieser markanten Persönlichkeit alles in seiner Macht Stehende zu tun. Deshalb komme er, so Bischof Voderholzer, heuer nicht mit bischöflicher Vollmacht zu diesem Vortrag, sondern als engagierter katholischer Christ, der sich für die Seligsprechung von Fritz Michael Gerlich einsetzt.
In seinem packenden, gut einstündigen Vortrag, unterlegt mit einem Faltblatt mit Zitaten von Fritz Gerlich, zeichnete Bischof Voderholzer ein plastisches Bild dieser eigenwilligen und eindrucksvollen Persönlichkeit mit ihrem ereignisreichen Lebenslauf. Geboren am 15. Februar 1883 im damals noch deutschen Stettin verließ der calvinistisch getaufte und erzogene Fritz Gerlich nach dem Abitur 1901 seine Heimatstadt und studierte in München Geschichtswissenschaften (mit Abschluss Promotion 1907). Nach seiner Übernahme in den Bayerischen Archivdienst verfasste er eine umfangreiche Arbeit zum Thema „Geschichte und Theorie des Kapitalismus“ (1913). Die Jahre bis 1920 sind geprägt von Archivarbeit, publizistischer und politischer Arbeit aus einer national-konservativen Einstellung heraus. Gerlich entwickelte auf Grund seines großen Allgemeinwissens schon früh ein sicheres Gespür für die Gefahren totalitärer politischer Diktaturen, wie u. a. seine Arbeit „Der Kommunismus als Lehre vom 1000-jährigen Reich“ verdeutlicht.
Gerlich stand Adolf Hitler zuerst vorsichtig abwartend gegenüber, wurde aber nach dessen vereiteltem Putsch am 9. November 1923 zum entschiedensten und kompromisslosesten Gegner Hitlers bis zu seiner Ermordung. Bereits im Jahr 1920 war er zum Hauptschriftleiter der „Münchner Neuesten Nachrichten“, der wichtigsten Zeitung im Süddeutschland und Vorgängerin der heutigen SZ, ernannt worden.
Resl und der christliche Glaube brachten die Wende
Eine weitere wichtige Zäsur im Leben von Fritz Gerlich war die Begegnung mit der Mystikerin Theresia Neumann („Resl von Konnersreuth“), die er am 14. September 1927 besuchte, „um den Schwindel (um ihre Person) aufzudecken“. Nach seinem ersten Besuch war er jedoch von ihrer christlichen Persönlichkeit zutiefst beeindruckt und wurde zu ihrem Biografen und Apologeten, der ihr bis zu seinem gewaltsamen Tod freundschaftlich verbunden blieb.
Bischof Voderholzer wies in seinem Vortrag eigens darauf hin, dass Theresia Neumann nicht nur Fritz Gerlich, sondern weitere Mitglieder des „Konnersreuther Kreis“ zum aktiven Widerstand gegen die Nationalsozialistische Diktatur veranlasst hat, ein Aspekt, der s. E. bislang nicht angemessen zur Kenntnis genommen wurde. Sie war es auch, die Gerlich eng mit dem Katholizismus in Verbindung brachte, so dass er am 29. September 1931 zur Katholischen Kirche konvertierte.
Im Jahr 1928 hatte sich Gerlich von den „Münchner Neuesten Nachrichten“ getrennt, um dann – nach Wiederanstellung im staatlichen Archivdienst - noch einmal eine große journalistische Herausforderung anzunehmen: mit finanzieller Hilfe des katholischen Fürsten Erich von Waldburg-Zeil übernahm er eine bislang eher der Boulevardpresse zugehörige Zeitschrift („illustrierter Sonntag“), die zum Verkauf anstand und formte sie zu einem Organ („der gerade Weg“) um, das massiv und unmissverständlich immer wieder gegen den aufstrebenden Despoten Adolf Hitler und seine nationalsozialistischen Gesinnungsgenossen literarisch und mit Karikaturen zu Felde zog. Bischof Voderholzer zitierte eines der bekanntesten Beispiele: „Nationalsozialismus aber bedeutet: Feindschaft mit den benachbarten Nationen, Gewaltherrschaft im Inneren, Bürgerkrieg, Völkerkrieg. Nationalsozialismus heißt: Lüge, Hass, Brudermord und grenzenlose Not. Adolf Hitler verkündigt das Recht der Lüge.“
Die Rache des NS-Regimes war unerbittlich
So war es nur noch eine Frage der Zeit, wann das totalitäre NS-Regime zurückschlagen würde: am 9. März 1933 stürmte eine SA-Schlägertruppe die Redaktion des geraden Wegs, zerstörte und beschlagnahmte Material und misshandelte Fritz Michael Gerlich auf das Heftigste. Dann wurde er in sog. „Schutzhaft“ (ohne Prozess und ohne Anwalt) genommen, wo weitere widerrechtliche schwere Misshandlungen erfolgten, bis er in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli 1934 im Zuge des sog. „Röhm-Putsches“ nach Dachau gebracht und dort erschossen wurde. Während dieser gut 15-monatigen widerrechtlicher Gefangenennahme, befasste sich Gerlich fast ausschließlich mit theologischer Literatur und führte auch Glaubensgespräche mit den Gefängnis-Insassen in der Ettstraße in München. Bischof Voderholzer sieht in ihm zu Recht einen katholischen Märtyrer.
An dieser Stelle möchte der Verfasser dieses Berichtes, Postulator der Causa Fritz Michael Gerlich, sowie der Causa Romano Guardini, Herrn Bischof Voderholzer ausdrücklich für sein schon 25 Jahre währendes Engagement für den Diener Gottes Fritz Michael Gerlich danken. Der Erzbischof von München und Freising, Reinhard Kardinal Marx, hat am 16. Dezember 2017 im Münchner Dom den Seligsprechungsprozess für den Diener Gottes Fritz Michael Gerlich (und für den Diener Gottes Romano Guardini) offiziell eröffnet und fungiert auch als Actor der beiden Seligsprechungsprozesse. Dass es bei Fritz Michael Gerlich soweit gekommen ist, ist sicher auch dem beeindruckenden Engagement von Bischof Rudolf Voderholzer in Sachen Fritz Michael Gerlich zu verdanken.
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