In Gruppen trauern und neu zu leben beginnen – Trauerseminar für Betroffene im Haus Werdenfels
Von der Notwendigkeit, einen Raum für die Trauer zu finden
Wenn Beziehungen in Familien zerbrechen durch den Tod eines Kindes, Partners, Geschwisters oder (Groß)-Elternteils, schmerzt die Trennung sehr. Eine vertraute Welt bricht zusammen und löst meist eine Identitätskrise aus: "Wer bin ich ohne den anderen, der gestorben ist?" "Wie kann ich ohne ihn überleben?", fragen sich Trauernde. Nicht nur das seelische und psychische innere Gleichgewicht geht verloren, sondern auch die neue soziale Rolle - z.B. ehemals Ehefrau, jetzt Witwe - muss neu gefunden und erlernt werden. Zudem ist eine Aufgabe der Trauernden, dem Leben und Tod eine Bedeutung zu geben. Denn mit dem Tod stellt sich stets die Frage nach dem Sinn des Lebens. Warum-Fragen quälen und Trauergefühle brechen Bahn; eine sehr "bewegte und schmerzliche" Zeit für vom Verlust betroffene Menschen.
Wo aber finden sich eigentlich Trauernde? Wo sind sie?
Im Fernsehen oder in den Zeitungen erleben wir sekundenfach Tode von Menschen, diese sind meist weit weg: Von Verkehrsunfällen und Katastrophen bleiben Bilder im Gedächtnis haften: vom Tsunami in Südostasien um die Jahreswende 2004/2005 auf allen Fernsehkanälen, von Erdbeben im Iran, Flugzeugabstürzen. Hinter solchen Katastrophen und Unglücken stecken stets konkrete Menschen, stecken Familienschicksale, die alle einen Namen haben. Die Todesanzeigen in den Zeitungen zeigen täglich die Anwesenheit des Todes auch im näheren Umkreis. Wo aber sind Trauende im sozialen Umfeld präsent, wo kann Begegnung mit ihnen stattfinden? Einerseits ziehen sich Trauernde zurück, bedingt durch die aufbrechende Trauer, die viel Energie nach "innen" fließen lässt, andererseits werden sie isoliert, indem Begegnung mit ihnen vermieden wird. Trauernde führen - sind sie nicht von Berufs wegen gefordert - meist ein zurückgezogenes Leben.
"Was sag' ich ihr bloß?" Wie wir mit Trauernden umgehen
Ein Beispiel soll dies veranschaulichen: Frau Meier hat ihren Mann vor knapp sechs Wochen verloren. Sie ist Witwe und lebt nun allein, denn ihre Kinder haben schon alle ihre eigenen Familien gegründet. Frau Meier geht auf dem Gehsteig. In etwa zwanzig Meter Entfernung kommt ihr Frau Müller, eine Bekannte aus Pfarrgemeinde und Nachbarschaft, entgegen. Frau Müller sieht Frau Meier kommen. Sofort schießen ihr Gedanken durch den Kopf: "Oje, was sag' ich ihr bloß? Ich will ihre Wunde doch nicht wieder aufreißen."
Auch Frau Meier erkennt nun Frau Müller. Plötzlich kommt Frau Müller eine Idee, schnell fasst sie einen Entschluss und setzt ihn sogleich um: Sie wechselt die Straßenseite! Frau Meier verletzt dies und denkt vielleicht: "Habe ich denn eine Krankheit, dass mich die Leute meiden?"
Begegnungen mit Trauernden? Finden nicht statt
Nicht aus Böswilligkeit oder Argwohn, sondern einfach aus Unsicherheit, was man tun oder sagen soll, finden Begegnungen mit Trauernden häufig nicht mehr statt. Somit werden Trauernde auch von ihrem sozialen Umfeld isoliert und ausgegrenzt. In heutiger Gesellschaft gehen tradierte Verhaltensweisen, Bräuche und Riten um Sterben und Tod verloren, so dass die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr weiß, wie sie sich bei Verlust, Tod und Sterben verhalten, wie sie Trauernden begegnen soll. Anders - und darauf zielen auch die Fortbildungen, Seminare und Workshops für unterschiedliche Zielgruppen des Projektes Trauerforschung und Trauerbegleitung an der Universität Regensburg - ist es, wird die Schwelle von Unsicherheit überschritten und Mut entwickelt, Begegnung mit Trauernden zu wagen. Frau Müller könnte dann Frau Meier auf dem Gehsteig begegnen und beispielsweise sagen: "Guten Tag, Frau Meier, ich bin ziemlich unsicher und weiß auch nicht, was ich Ihnen sagen soll. Was mit ihrem Mann geschehen ist, tut mir leid. Vielleicht kann ich Ihnen ja etwas Gutes tun?"
Die eigene Unsicherheit im Gespräch mit Trauernden zu thematisieren, durch Nachfragen ihre Wünsche bezüglich des Umgangs mit ihnen zu erkunden und Hilfsbereitschaft zu signalisieren, kann hilfreich sein um ins Gespräch zu kommen. Sicher sind die inneren Haltungen von Frau Müller entscheidend, eben wie sie Frau Meier begegnet und wie sie spricht. Wichtig jedoch ist, dass der Kontakt zunächst einmal hergestellt ist und sich die trauernde Person gesehen und angenommen weiß. Die meisten Menschen aber wollen mit Trauernden nichts zu tun haben. Sie ziehen sich zurück und wenden sich den Alltagsgeschäften zu, weil Abschied und Tod eigene Ängste vor Sterben, Leid und Tod hervorruft.
Trauernde brauchen Gemeinschaft und offenen Umgang
Ein Raum für die Begegnung mit Trauernden sind Trauergruppen. In der Diözese Regensburg werden seit 2003 Seminare für Trauernde im Haus Werdenfels angeboten. In diesem können sich Betroffene untereinander und mit Begleitern treffen, um ein Stück in ihrer Trauer weiterzugehen. Es geht darum, einander in der erlebten Trauer wahrzunehmen, dabeizubleiben, einander zuzuhören, auszuhalten und ein Stück weit Hilfestellung zu geben, auf dem eigenen Trauerweg weiterzugehen.
Das nächste Trauerseminar findet vom 31. Mai bis 3. Juni statt
Leitwort: "Wenn du an mich denkst, erinnere dich an die Stunde, in der du mich am liebsten hattest." (Rainer Maria Rilke)
Offener Umgang mit der Trauer - das ist wichtig für Menschen, die trauern. Im Seminar im Haus Werdenfels haben Sie dazu die Möglichkeit.
Termin: Donnerstag, 31. Mai 2018 um 18 Uhr bis Sonntag, 03. Juni 2018 um 13 Uhr
Weitere Infos: <link https: trauergeschichten.de angebote trauerseminare.html _blank external-link-new-window trauerseminare>
trauergeschichten.de/angebote/trauerseminare.html
Anmeldung: Im Internet unter <link http: www.haus-werdenfels.de _blank external-link-new-window>www.haus-werdenfels.de oder per Mail an <link mail ans haus>anmeldung@haus-werdenfels.de