Vohburg, 29. Dezember 2023
In unserem Jahresrückblick 2023 präsentieren wir Ihnen das Interview mit Thomas Zinecker, Dekan des neuen Dekanats Geisenfeld-Pförring, erneut. Wir haben ihn in seiner Pfarrei in Vohburg getroffen und mit ihm auch über die Themen Neuevangelisierung und Ehrenamt gesprochen.
Warum sind Sie eigentlich Priester geworden?
Ich war in der Ministranten- und Jugendarbeit in meiner Heimatpfarrei recht engagiert dabei und stellte mir eines Tages ganz bewusst die Frage, wie lange ich das noch machen will bzw. ob darin auch mein Beruf, meine Berufung stecken könnte. Von da an behielt ich dies die letzten Jahre der Schulzeit aktiv im Auge. Als ich dann tatsächlich den Weg zum Priestertum einschlug, war es damals mein erklärtes persönliches Ziel, ein wenig mitzuhelfen, dass die Kirche mehr Hilfe als Hindernis zum Glauben ist. Und unter den vielen Diensten in der Kirche konnte ich mir nichts Schöneres vorstellen als Pfarrer zu sein. Das ist bis heute so geblieben, weil die Vielfältigkeit und auch die Herausforderungen jedes Tages in einer Pfarrei einfach durch nichts zu ersetzen sind.
Wie sind Sie während der Corona-Pandemie auf Menschen zugegangen? Wie ist das kirchliche Leben nach der Pandemie?
Was ich immer schon besonders geschätzt habe: die Unmittelbarkeit des Umgangs mit den Mitmenschen. Durch die Pandemie war das ja über längere Zeit nicht oder nur eingeschränkt möglich. Die vielgepriesenen Online-Meetings usw. sehe ich zweideutig: Einerseits sind und bleiben sie ja in mancher Hinsicht recht künstlich, aber andererseits helfen sie immerhin, manche Fahrten (und damit Umweltbelastung und Zeitaufwand) zu vermeiden.
Die Kirche ist auf Zukunft gebaut. Gibt es da Angebote? Wie kann man Menschenfischer und Menschenfänger für junge Leute sein?
Da fällt mir sofort das Wort von Adolph Kolping ein: „Wer Menschen gewinnen will, muss sein Herz zum Pfand einsetzen.“ Das ist sicher eine notwendige innere Haltung dabei. Dazu kommt, dass Jugendliche und junge Erwachsene durch eine Aufgabe am leichtesten eine Bindung zur Kirche entwickeln. Oft ist es erstaunlich, wie viel Interesse, Kreativität und Einsatzbereitschaft die jungen Menschen dabei an den Tag legen. Es muss uns also darum gehen, möglichst viele passende Aufgabenfelder zu finden und mit viel Vertrauen auch Verantwortung zu übertragen.
Wie steht es bei Ihnen im Dekanat mit der Verbands- und Ministrantenarbeit?
Unsere pastoralen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Dekanat haben am Pfingstsamstag mit großem Erfolg einen Ministrantentag durchgeführt; im ehemaligen Dekanat Geisenfeld gab es das auch früher schon. Ebenso kommt das Mini-Zeltlager im Keldorado-Gelände in Kelheim, veranstaltet von der Katholischen Jugendstelle, immer gut an. Jugendverbände treten in unserem Dekanat meines Wissens nicht groß in Erscheinung. Als Kreispräses der KAB weiß ich um die Schwierigkeiten, mit denen die Arbeitnehmerbewegung zu kämpfen hat. Beim Katholischen Frauenbund und bei der Kolpingsfamilie steht und fällt vieles damit, ob vor Ort eine gute Vorstandschaft gefunden werden kann. Dann tragen die kirchlichen Vereine das Pfarrleben mit.
Welche Rolle spielt die Rolle der Ehrenamtlichen in der Zukunft?
Eine gute Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen ist das unerlässliche A und O in jeder Pfarrei. Denn nicht nur die Seelsorger oder das Seelsorgeteam tragen die Kirche, sondern auch die Ehrenamtlichen tragen mit und tragen mit ihren je eigenen Charismen und Fähigkeiten dazu bei, dass eine bunte Vielfalt von Ideen und Taten die Glaubensweitergabe bereichert. Kraft Taufe und Firmung können sie auf vielfache Weise eingebunden werden. Dies ist nicht erst in der Zukunft, sondern schon hier und jetzt ganz wichtig und unverzichtbar. Die Einsatzbereitschaft von Ehrenamtlichen ist aber andererseits auch keine unendliche Ressource: Auch die Zeit und Kraft jedes engagierten Christen ist begrenzt. Das muss man sich im Blick auf die Zukunft auch vor Augen halten und darf nicht meinen, die Ehrenamtlichen werden dann schon evtl. entstehende Lücken immer auffüllen können.
Welche Rolle spielt das Thema Neuevangelisierung?
Es muss uns allen klar sein, dass es immer wieder neue Impulse in der Glaubensweitergabe braucht. Solche Impulse können als Themen von der Weltkirche oder vom Bistum kommen, können aber auch vor Ort überlegt werden, etwa auf welche Weise die Advents- und Weihnachtszeit oder die Fasten- und Osterzeit, also die sog. „geprägten Zeiten“ tatsächlich und ganz konkret geprägt werden sollen. Über die üblichen gottesdienstlichen Feiern hinaus gibt es gerade in diesen Kirchenjahreszeiten viele Gestaltungsmöglichkeiten. Oder: Aus dem Johannisfeuer lässt sich mit den hinführenden Gedanken zur Feuersegnung eine Johannisfeier machen, die ganz niederschwellig einen Aspekt des Glaubens sogar in geselliger Runde vermittelt. Über besondere Aktionen hinaus kann Neuevangelisierung auch heißen: das Gewöhnliche außergewöhnlich gut tun, um auf diese Weise die Menschen wieder mehr und positiv auf Glauben und Kirche aufmerksam zu machen.
Welche seelsorgerischen Angebote machen Sie an ältere Menschen?
Ich bin sehr froh darüber, dass unsere kirchlichen Einrichtungen für Senioren so sehr geschätzt werden. Neulich kam jemand sogar zum Wiedereintritt in die Kirche zu mir, weil er die Pflege eines Elternteils in einem kirchlichen Seniorenheim so positiv erlebt hat. Natürlich gibt es in den Pfarrgemeinden auch Seniorennachmittage, Seniorencafés und Ausflüge, um Aktivitäten für Senioren anzubieten – und bei uns in Vohburg sogar Senioren-Ministranten, die dann dran sind, wenn für die anderen Minis Schule ist!
Wie unterstützen Sie Familien und wie bringen Sie diesen den Glauben näher?
Alle Kinder und Jugendlichen, die auf irgendeine Weise in der Pfarrgemeinde mitmachen, zeigen, dass der Glaube in diesen Familien eine Rolle spielt. Außerdem hat unsere katholische Kirche den Vorteil der vielen Zeichen und Bräuche. Durch diese Veranschaulichung des Glaubens lässt sich so manches vom Kirchenjahr auf einfache Weise ins Familienleben hineinbringen. Familiengottesdienste, aber auch Familien-Ausflüge möchten die Familien noch mehr in Kontakt bringen zur Pfarrgemeinde. Weitere Angebote, die Ehe und Familie stärken wollen, sind Tauffamilien-Treffen und Ehejubilare-Treffen. Nicht zuletzt ist heutige Erstkommunion- und Firmvorbereitung ja nicht nur auf die Schüler und Schülerinnen, sondern auf die ganze Familie ausgerichtet.
Interview und Foto: Stefan Groß
(kw)