News Bild „Gott liebt die Normalität“ – Der Pilsener Bischof Dr. Tomáš Holub zelebrierte den Patroziniumsgottesdienst in Rohr

„Gott liebt die Normalität“ – Der Pilsener Bischof Dr. Tomáš Holub zelebrierte den Patroziniumsgottesdienst in Rohr

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In der Abtei- und Pfarrkirche in Rohr wird das Patrozinium „Mariä Himmelfahrt“ immer mit einem hochrangigen Geistlichen gefeiert. Heuer konnte als Hauptzelebrant und Prediger beim Festgottesdienst der Pilsener Bischof Dr. Tomáš Holub gewonnen werden, der aufgrund der besonderen Bezüge des Klosters Rohr nach Tschechien gerne die Einladung annahm – einen Tag vor seinem 51. Geburtstag.

Beim Festgottesdienst in der restlos gefüllten Abtei- und Pfarrkirche begrüßte Pater Fabian Jürgens OSB den Gast aus Pilsen. „Es ist uns eine große Freude, dass Sie zu uns gekommen sind, um den großen Frauentag und unser Patrozinium mit uns zu feiern“, freute sich Pater Fabian. Bischof Holub dankte für die Einladung und betonte, dass er immer wieder von Rohr, den Benediktinern dort und ihren Aktivitäten gehört habe. „Die Verbindung zum Kloster Břevnov in Prag ist mir bekannt. Daher ist es mir eine große Freude, hierher zu kommen und mit Ihnen Eucharistie zu feiern“, betonte der Pilsener Oberhirte in seiner Begrüßung.

 

Gott liebt das normale Leben und steht dem Menschen bei

In seiner Predigt machte der Bischof einleitend deutlich, dass es nicht einfach sei, diesen Festtag – Aufnahme Mariens in den Himmel – zu feiern. Er verwies darauf, dass diese Feste in wunderbar gestalteten und geschmückten Kirchen mit herrlicher Musik gefeiert werden. Dies komme auch der durchaus von Gott gewünschten „Menschlichkeit des Menschen“ entgegen. Gott gehe es ferner um die Normalität des Menschen. Holub hielt dem folgenden Gedanken entgegen: „Sind wir nicht in Gefahr, dass in der Form, wie wir feiern, Mariä Himmelfahrt etwas zu tun hat mit einer Situation, die nicht mit unserem Leben zu tun hat? Manchmal habe ich den Eindruck, die Festlichkeit ist ein Hindernis, um die Tiefe des Feiertages zu ergründen.“

Daher betonte Holub erneut die „Normalität des Lebens“ und verdeutlichte, dass Gott das normale Leben liebt und dem Menschen mit seinen konkreten Problemen beisteht. Feste nur um bestimmter schöner Bräuche willen verfehlen für Holub ebenso ihren Zweck. „Bei der Heiligen Messe versuchen wir, beide Aspekte in Einklang zu bringen“, kam der Bischof auf die zentrale Form der Feier in der Kirche – Festlichkeit und Normalität.

 

Schönheit im Äußeren, Wahrheit im Herzen

Anhand des Lobgesang Mariens erklärte er, dass sich Gott um das Normale, in diesem Fall die Sorgen der beiden Frauen Maria und Elisabeth, kümmert. „Feiern Sie in dieser Form, beide Aspekte zusammenzubringen. Dann entspricht das dem, was dieser Tag für uns bedeutet: Schönheit im Äußeren, Wahrheit im Herzen. Gott liebt die Normalität“, empfahl der Pilsener Bischof den Gottesdienstbesuchern.

 

Blumen und Kräuterbüschel

Natürlich segnete Bischof Holub am Ende des Festgottesdienstes die von den Gläubigen mitgebrachten Blumen und Kräuterbüschel. Der Pfarrkirchenchor unter der Leitung von Christoph Schäfer ließ, begleitet vom Orchester, die „Missa brevis in G. KV 140“ von Wolfgang Amadeus Mozart erklingen. Nach dem Gottesdienst bestand die Gelegenheit, mit Bischof Tomáš Holub ins Gespräch zu kommen. Den Abschluss seines Besuchs bildete die feierliche Vesper am Nachmittag in der Abteikirche.

Das Kloster Rohr und die Prager Abtei Břevnov

Ein paar Sätze zu dem von Bischof Holub angesprochenen Bezug des Klosters Rohr zur Prager Abtei Břevnov. Im Jahre 993 gründeten der heilige Adalbert und Boleslaus II. als erstes Benediktinerkloster im Osten Europas die Abtei Břevnov bei Prag. Diese wurde von den Hussiten 1420 zerstört. Der heutige Kirchen- und Klosterbau wurde 1708 bis 1716 vom berühmten bayerischen Barockbaumeister Christoph Dientzenhofer errichtet, Cosmas Damian Asam schuf das Deckenfresko im Prälatensaal und sein Bruder Egid Quirin die Stuckierung. Von Břevnov aus errichteten die Benediktiner um 1250 die Propstei Braunau in Ostböhmen, die sie im weiteren Verlauf zu einer burgartigen Klosteranlage auf dem Stadtfelsen von Braunau ausbauten. Bei den Hussitenstürmen im Jahr 1420 floh der Großteil des Konventes mit dem Abt von Břevnov nach Braunau, das bis 1939 Abtsitz des Doppelklosters Břevnov-Braunau blieb. 1939 kam es wegen nationaler Spannungen zur Trennung der beiden Häuser: die deutschen Benediktiner verblieben unter ihrem Abt in Braunau, die tschechischen Mönche bekamen in Břevnov mit einem eigenen Abt eine unabhängige Abtei.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die deutschen Mönche aus ihrem Kloster in Braunau vertrieben und nach Deutschland ausgewiesen. Das Kloster in Braunau diente danach als Konzentrationskloster für Schwestern verschiedener Orden. Im März 1946 zogen die heimatvertriebenen Benediktiner aus Braunau unter ihrem Abt Dominik Prokop in Rohr ein und übernahmen die Pfarrei. Unter großen Opfern, aber mit Hilfe kirchlicher und staatlicher Stellen, konnten die noch bestehenden Teile des früheren Klosters erworben und die nach der Säkularisation abgebrochenen Teile wieder aufgebaut werden. Die Mönche der Abtei Břevnov unter Abt Anastáz Opasek wurden im Jahr 1950 von den Kommunisten ebenfalls vertrieben. Die Gebäude dienten als staatliches Archiv, der Konvent lebte in der Zerstreuung, zum Teil im deutschen Exil. 1968 nahmen die Rohrer Mönche einige der vertriebenen Mitbrüder der Abtei Břevnov unter Abt Anastaz Opasek in Rohr auf. Erst 1990 konnte Abt Opasek die Abtei Břevnov wieder besiedeln.



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