Regensburg, 25. August 2023
Die Reformation war für die katholische Kirche eine große Herausforderung. Sie reagierte, um ihrerseits überfällige Reformen in Angriff zu nehmen: die Gegenreformation war geboren. In unserer Themenreihe zur Kirchengeschichte erfahren Sie mehr darüber.
Die Reformation hatte die Kirche in Westeuropa tiefgreifend verändert. Bis ins 16. Jahrhundert gab es eine Kirche im Westen und eine im Osten. Über die Jahrhunderte hinweg hatten Rom und Konstantinopel sich voneinander entfernt; zum offiziellen Bruch kam es 1054. Im Westen selbst aber hatte sich die konfessionelle Einheit erhalten. Es gab zwar immer wieder Anfragen an den Glauben der Kirche, kleinere Gruppierungen, die sich vom Glauben der Kirche entfernten und als häretisch galten – im Mittelalter etwa die Katharer oder die Valdenser. Diese Gruppierungen aber waren klein; sie konnten die Einheit der Kirche im Großen und Ganzen nicht beeinträchtigen. Mit der Reformation lag es nun aber gänzlich anders. Im Lauf der Zeit wurden Nordeuropa und die Niederlande protestantisch, ebenfalls sehr große Teile Deutschlands und der Schweiz. England orientierte sich mit der anglikanischen Kirche ebenfalls immer weiter an der Reformation: Der Westen war nicht mehr länger konfessionell einheitlich.
Vergewisserung der eigenen Lehre
Für die katholische Kirche bedeutete das eine große Herausforderung. Sie wurde durch diese Entwicklungen geradezu dazu gezwungen, sich ihrer eigenen Lehre zu vergewissern und überfällige Reformen in Angriff zu nehmen. Lange schon war ein allgemeines Konzil gefordert wurden. 1518 appellierte Martin Luther an ein Allgemeines Konzil: Er wollte die Frage nach seiner Rechtgläubigkeit und seinen Thesen von einem Konzil behandelt wissen. 1523 forderte der Reichstag ein Konzil. Auf einer solchen Kirchenversammlung sollten die Fragen der Reformation debattiert und geklärt werden. Doch es kam nicht zum Konzil: Einerseits fürchtete Papst Clemens, der von 1523 bis 1534 regierte, ein solches Konzil. Die Entwicklungen im 15. Jahrhundert etwa mit dem Konzil von Konstanz hatten gezeigt, dass Teile der Kirche die Autorität eines Konzils zulasten päpstlichen Einflusses steigern wollten. Anderseits verzögerten Kriege und politische Auseinandersetzungen die Einberufung eines Konzils immer wieder.
Zahlreiche Beschlüsse in Trient
1545 endlich konnte das Konzil in Trient zusammentreten. Mit mehreren Unterbrechungen tagte es in drei Perioden bis 1563. Seine Impulse prägten die kirchliche Reform und die Bewegung der Gegenreformation. Zunächst erschienen nur wenige Konzilsväter. Sie nahmen die Arbeit auf und entschieden sich dafür, Fragen nach der Lehre der Kirche und Fragen nach den notwendigen Reformen parallel zu behandeln. Dabei setzte sich das Konzil mit den reformatorischen Lehren auseinander. Wo die Reformation mit dem Prinzip „sola scriptura“ die Heilige Schrift zur alleinigen Quelle kirchlichen Glaubens bestimmte, definierte das Konzil Schrift und Tradition als verbindlich. Wo die Reformatoren sich gegen die Sakramente gestellt hatten, bestärkte das Konzil von Trient die sieben Sakramente der Kirche. Wo in den reformatorischen Gruppierungen – mit zahlreichen Differenzen etwa zwischen Luther, Zwingli und Calvin – die bleibende Realpräsenz Jesu in der Eucharistie verneint wurde, betonte das Konzil diese katholische Lehre.
Breite Ansätze für eine Reform
So behandelte das Konzil die Quellen des Glaubens und die sieben Sakramente, ebenso die Lehre von der Kirche und die von Luther aufgeworfene Frage nach der Rechtfertigung. Aber auch eine Reform der Kirche wurde breit behandelt. Die Residenzpflicht für Pfarrer und Bischöfe wurde eingeführt: Danach muss ein Pfarrer auf dem Gebiet seiner Pfarrei leben, ein Bischof in seinem Bistum. Damit war, jedenfalls rechtlich, die „Pfründenhäufung“ abgeschafft. Im Mittelalter hatte es sich etabliert, dass Bischöfe und Priester teilweise mehrere kirchliche Ämter („Pfründen“) bekleideten – so etwa Albrecht von Brandenburg, der Erzbischof zweier Bistümer war. Wenn aber der Bischof in seinem Bistum leben muss, ist das nicht mehr möglich. An Sonn- und Feiertagen sollten Priester in Predigten den Glauben verkünden, Bischöfe sollten Stellen einrichten, an denen die Heilige Schrift erklärt wurde. Schließlich sollten angehende Priester in den „tridentinischen Seminaren“ ausgebildet werden. Die Bischöfe hatten in ihrem Bistum regelmäßig Visitationen abzuhalten und die Umsetzungen der Reformen so zu überwachen. Die Umsetzung dieser Beschlüsse dauerte teilweise lange. So konnte etwa erst 1570 und damit nach dem Ende des Konzils die Forderung umgesetzt werden, einen römischen Katechismus zu erstellen und sowohl das Stundengebet als auch das Messbuch neu herauszugeben. In den Bistümern selbst dauerte die Umsetzung der Reformen weiter an – letztlich aber folgten aus dem Konzil von Trient wesentliche Impulse für eine Reform der Kirche.
Eine Einigung war nicht mehr möglich
Ein Ziel aber konnte das Konzil nicht mehr erreichen: Eine Einigung zwischen katholischer Kirche und den Reformierten. Zwar erschienen letztlich doch noch protestantische Vertreter auf der Kirchenversammlung. Sie aber forderten, das Konzil dürfe nicht unter dem Vorsitz des Papstes stehen. Alle bisher gefassten Beschlüsse sollten nochmals neu verhandelt werden, wobei das Prinzip „sola scriptura“ beachtet werden sollte. Diese Forderungen waren für die katholische Seite aber nicht akzeptabel. Das Konzil von Trient kam letztlich zu spät, um die bereits zementierte Spaltung der Konfessionen noch zu heilen.
Mit dem Konzil setzte auch die sogenannte „Gegenreformation“ ein. Zahlreiche neue Orden gründeten sich zu dieser Zeit – unter ihnen vor allem der Jesuitenorden. Ignatius von Loyola (1491-1556) war ein Zeitgenosse Luthers. Gemeinsam mit einigen Gefährten gründete er die „Gesellschaft Jesu“, den Jesuitenorden, der sich besonders dafür einsetzte, den katholischen Glauben neu zu verkünden – im alten Europa, aber auch in Indien und auf dem amerikanischen Kontinent. Auf die Zeit der Reformation folgten in Europa viele neue Aufbrüche des Glaubens – die Stilrichtung des Barock ist etwa ein Ausdruck für die neue Freude am Glauben, die sich auch in den Kirchenbauten niederschlug.
Text: Benedikt Bögle
(kw)