Durch das Kirchenjahr: Nicht meine Schuld?
… mit Benedikt:
Erster Fastensonntag A – Gen 2,7-9; 3,1-7
Die Fastenzeit kennt zwei Phasen: Während zu Beginn der heiligen vierzig Tage Umkehr und Buße im Vordergrund stehen, wird gegen Ende der Fastenzeit die Besinnung auf das Leiden und Sterben Jesu Christi immer wichtiger. Dieser Aufbau der Fastenzeit ist eine große Chance: Wir sollen uns ja auf das Osterfest vorbereiten. Wir sollen das Licht des Auferstandenen in unser Herz und in unser Leben lassen. Das aber macht einen Blick auf unser Leben notwendig. Wo brauchen wir denn ganz besonders das Licht des Auferstandenen? Wo lauern die dunklen und schattigen Ecken in unserem Dasein, die auf den Schein der frohen Botschaft warten? Eine Frage, die wir in der Fastenzeit klären sollten.
Also: Wo liegen unsere Fehler? Die Versuchung ist jetzt groß, unsere Sünden herabzuspielen. So schlimm ist das schon alles nicht. Immerhin sind wir ja keine Schwerverbrecher. Wir haben Fehler – aber wer hat die nicht? Wir machen nicht immer alles perfekt – aber wer macht das schon? Selbst wenn bei uns also nicht alles rosig läuft, schlimmer als bei anderen wird es wohl nicht sein. Schließlich ist jeder Mensch ein Sünder, das verkündet uns ja bereits die jahrhundertealte Lehre von der Erbsünde.
Ein Blick auf die erste Lesung dieses Sonntags könnte diesen Eindruck beinahe noch bestätigen. Wir hören vom „Sündenfall“. Adam und Eva befinden sich im Paradies. Eigentlich wäre alles perfekt, wenn da nicht die Schlange wäre, die in ihrer List Eva verführt. Das erste Paar wendet sich gegen Gott, isst vom verbotenen Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und provoziert so den Rauswurf aus dem Paradies. Da haben wir es doch: Sogar Adam und Eva sündigten. In einer paradiesischen Welt, in der es nur diese einzige Verlockung gab, war es das Schicksal des Menschen, sich gegen die Gebote Gottes zu erheben. Um wie viel mehr müssen dann doch auch wir sündigen; wir, die wir in dieser Welt ständig von Versuchungen umgeben sind?
Das wäre wohl ein allzu einfacher Blick auf das Buch Genesis. Ja, die Geschichte vom „Sündenfall“ versucht zu erklären, wie die Sünde in die Welt kommt. Und ja, sie zeigt auch, dass jeder Mensch von der Sünde bedroht ist, vom ersten Menschen bis zu unserer Generation. Eine Entlastung aber ist das nicht. Vielmehr stehen wir alle in der Gemeinschaft der Kirche und wissen voneinander, dass wir Sünder sind. Keiner von uns ist ausgenommen. Das macht aber Umkehr und Buße nicht entbehrlich. Es zeigt viel eher, dass wir auch in der Umkehr aufeinander angewiesen sind. Es hat schon einen Grund, dass wir nicht alle alleine die Fastenzeit begehen, jeder wann und wie er will. Nein, wir stellen uns auch in der vorösterlichen Bußzeit in die Gemeinschaft der Kirche.
Wir sündigen in und an der Gemeinschaft, an unseren Mitmenschen, an unseren Familienmitgliedern, an unseren Freunden. So wie wir an der Gemeinschaft schuldig werden, versuchen wir, in der Gemeinschaft umzukehren. Der Blick auf viele andere Menschen, die sündigen, vermag meine eigene Schuld nicht zu relativieren. Ja sicher, die anderen sündigen auch. Und meine Fehler sind vielleicht wirklich nicht schlimmer als die der anderen. Wirklich entlasten kann mich das aber nicht. Und ja: Menschen sündigen, seit es Menschen gibt. Aber auch das macht Umkehr und Reue nicht entbehrlich. Und doch dürfen wir immer wissen, dass wir diesen mühevollen Weg nicht alleine zu gehen brauchen. Und immerhin dient die Fastenzeit ja der Vorbereitung auf Ostern. Wir kennen das Ende dieses Weges, und das heißt: Erlösung.