Durch das Kirchenjahr: Jesus – Mensch für alle
… mit Benedikt:
Erscheinung des Herrn A – Matthäus 2,1-12
In den letzten Tagen und Wochen waren wir umgeben von der Weihnachtsgeschichte. Wir haben sie in den Gottesdiensten und zu Hause gehört, wir haben sie in Bildern und in der Krippe gesehen: das kleine Kind in den Armen seiner Mutter, in einem Stall, weil niemand Platz für die bedürftige Familie haben wollte. Das ewige Wort Gottes liegt in der Kälte, an der Seite all der Menschen, die wir an den Rand drängen.
Ganz anders hört sich dieselbe Begebenheit im Matthäusevangelium an, das wir zum Hochfest der Erscheinung des Herrn hören. Matthäus erwähnt die eigentliche Geburt Jesu nur mit einem kurzen Satz, der beinahe überhört werden könnte. Über Josef wird da in Beziehung zu Maria gesagt: „Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus.“ (Matthäus 1,25) Das war es. Mehr wird zur Geburt nicht gesagt. Keine Volkszählung, keine Wanderschaft von Nazareth nach Bethlehem, keine Engel und Hirten.
Dafür aber kennt Matthäus eine andere Überlieferung, die er in sein Evangelium aufgenommen hat: Weise Männer aus dem Osten kommen nach Jerusalem. Sie sind einem Stern gefolgt, der sie bis zu König Herodes geführt hat. Diese weisen Männer sind nicht zu dritt unterwegs – das wurde später wohl aus der Anzahl der drei Geschenke gefolgert, die sie dem Herrn darbringen. Sie sind auch keine Könige, sondern allenfalls gebildete Männer, „magoi“, Sterndeuter könnte es ganz gut treffen. Sie kommen und fragen nach dem neugeborenen König der Juden; eine Frage, die nicht nur den König Herodes, sondern mit ihm die ganze Stadt Jerusalem erschrecken lässt. Die Gelehrten des Volkes Israel machen Bethlehem als den Ort aus, an dem dieser König geboren sein muss. Die Weisen gehen, finden den Herrn und beten ihn an.
Auf den ersten Blick mutet es sehr seltsam an, dass die beiden Evangelisten eine so konträre Erzählung überliefern. Dabei müssen sie aber zusammengelesen werden. Lukas unterstreicht besonders die Verwurzelung Jesu im Volk Israel. Er wird in Bethlehem geboren, der Geburtsstadt des großen König Davids. Die ersten Menschen, die ihm huldigen, sind die Hirten; einfache Vertreter des Volkes. Gleichzeitig aber zeigt Lukas, dass diese Geburt für die ganze Weltgeschichte von überragender Bedeutung ist, wenn er sie in den Kontext des römischen Kaisers Augustus und seiner Volkszählung stellt. Das zeigt: Dieser Herr ist auch gekommen, um die Heiden zu erleuchten (vgl. Lukas 2,32).
Bei Matthäus scheint es genau umgekehrt zu sein: Auf den ersten Blick schildert er die Bedeutung Jesu für die heidnischen Völker, wenn die ersten an seiner Krippe Weise aus dem Osten – also aus einer definitiv heidnischen Gegend – sind. Aber dafür bettet Matthäus die Geburt Jesu in die jüdische Geschichte ein, wenn er sein Evangelium mit einem „Stammbaum“ Jesu beginnen lässt, der die ganze Geschichte Gottes mit seinem geliebten Volk Israel zusammenfasst.
Jesus ist allen Menschen gegeben. Er ist gekommen, um alle Menschen zu rufen, um allen Völkern das Wort Gottes zu bringen. Matthäus beginnt sein Evangelium mit der Bedeutung Jesu für das Volk Israel, aus dem er stammt, und für die heidnischen Völker, die zu ihm kommen. Er beendet sein Evangelium mit der Aufforderung an seine Jünger, zu allen Völkern zu gehen. Das Hochfest der Erscheinung des Herrn ist damit das Fest, das die Universalität Jesu in den Mittelpunkt stellt: Er ist für alle Mensch geworden.