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Durch das Kirchenjahr: Grenzenlose Freiheit

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… mit Benedikt:

 

13. Sonntag im Jahreskreis – Galaterbrief 5,1.13-18

Freiheit ist ein grenzenloser Begriff. Durch die Geschichte hindurch konnten Menschen immer wieder die Erfahrung von Befreiung und Freiheit machen: Freiheit von der Sklaverei, Freiheit von Diktatur und Unterdrückung, Freiheit von der Begrenzung der eigenen Möglichkeiten. Als vor 30 Jahren die Berliner Mauer fiel, aus einem undurchdringbaren Grenzwall eine offene Grenze wurde, müssen die Menschen im Osten Deutschlands Freiheit gespürt haben. Jahrelang waren sie eingeschränkt gewesen, konnten nicht reisen wie sie wollten, konnten nicht einfach so Verwandte oder Freunde im westlichen Teil der Welt besuchen. Freiheit überwindet Grenzen, schüttelt Fesseln ab und lässt Beschränkungen enden.

Der Apostel Paulus beschäftigt sich in seinem Brief an die Galater ebenfalls mit diesem Thema. Viele Rätsel gibt uns dieser Brief bis heute auf. Wir wissen nicht einmal mit Sicherheit, an wen dieser Brief überhaupt geschrieben ist. Der Korintherbrief – klar, an die Gemeinde in Korinth. Der Römerbrief – klar, an die Christen, die in Rom leben. Der Philemonbrief – klar, an einen bestimmten Mann, der Philemon hieß. Anders der Galaterbrief. Das Problem: „Galatien“ kann eine Region bezeichnen, aber auch die gleichnamige römische Provinz. Wo genau die bezeichneten Christen leben, ist nicht ganz klar.

Und ein zweites Problem ergibt sich: Paulus schreibt den Galaterbrief gleichsam als letzte Warnung. Die Gemeinde hat sich von seiner Theologie entfernt. Grob zusammengefasst: Während der Apostel Paulus dafür eintritt, dass Menschen zum Glauben an Jesus Christus kommen können, ohne Juden zu sein oder zu werden – also nicht beschnitten werden müssen, nicht alle Gebote der Tora halten müssen – sehen andere Theologen im Umkreis der frühen Kirche das anders. Sie treten dafür ein, auch weiterhin die religiösen Gebote des Judentums zu halten und auch weiterhin die Männer, die Christus nachfolgen wollen, zu beschneiden. Die Gemeinde in Korinth hat sich vom paulinischen Denken entfernt und folgt anderen Predigern.

In diese Situation hinein schreibt Paulus: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!“ Hier mag es auch um die Freiheit gehen, Gesetze nicht mehr befolgen zu müssen – es geht aber um mehr, es geht um etwas ganz Grundsätzliches. Freiheit. Diese Freiheit ist – so sie christlich gedacht wird – keine Freiheit, die der Mensch sich selbst geben, selbst erringen könnte. Sie ist von Christus geschenkt, er ist der Befreier. Diese Freiheit aber geht nicht in folgenloser Indifferenz auf. „Nur nehmt die Freiheit nicht zum Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander in Liebe!“ Wer von Christus befreit ist, könnte ja nun auf die Idee kommen, alles zu dürfen – man ist ja schließlich befreit!

So aber sieht Freiheit für den Apostel Paulus nicht aus. Denn Freiheit ist nicht nur eine „Freiheit von“, sondern auch eine „Freiheit zu“. Wer von Jesus befreit wurde, sieht sich nicht grenzenlosen Möglichkeiten selbstverliebter und egoistischer Handlungen gegenübergestellt. Er sieht sich mit dem Reich Gottes konfrontiert und damit mit der Idee, an einer Welt zu bauen, die allen Menschen Freiheit ermöglicht. Noch immer leben Menschen unfrei, werden unterdrückt, unschuldig eingesperrt. Die Befreiung durch Christus ist auch Berufung. Paulus schreibt: „Dient einander in Liebe!“ Das ist der grenzenlose Horizont christlicher Freiheit – eine Freiheit, die immer wieder neu, jeden Tag wieder, verwirklicht werden muss.



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