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Durch das Kirchenjahr: Gesetzesfragen

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… mit Benedikt

Dtn 4,1-2.6-8 – 22. Sonntag im Jahreskreis

Während des Jurastudiums lernt man viel. Manchmal sind es langweilige Dinge, die man dennoch beherrschen muss, manchmal sind es interessante Dinge, manchmal sind es vor allem nützliche Dinge. Vor allem eines lerne ich in meinem Jurastudium: Die Wissenschaft des Rechts und der Gesetze unseres Landes ist keine Wissenschaft vom guten Leben. Es gibt viele, sehr viele Gesetze, gegen die man verstoßen kann. Viele Normen regeln eigentlich nur, was passiert, wenn etwas schiefgelaufen ist. Was ist, wenn mir der Verkäufer eine kaputte Waschmaschine geliefert hat? Was passiert, wenn der Großonkel stirbt und sich seine Kinder über das Erbe streiten? Was geschieht, wenn eine Kneipenschlägerei aus dem Ruder läuft?

Das zeichnet kein sehr gutes Bild vom Menschen. Unser Gesetzgeber weiß, dass die Bürger falsche und manchmal wirklich böse Dinge tun. Als Gesellschaft brauchen wir entsprechende Regelungen, um das zu verhindern, und, sollte es dennoch passieren, zu ahnden: Vom Bußgeldbescheid für das Falschparken bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe für einen Mörder. Selbst wenn nun einer alle Gesetze des Landes befolgen würde, wäre er noch kein guter Mensch. Selbst wenn jemand noch nie falsch geparkt oder eine andere Ordnungswidrigkeit begangen hat, führt er kein gutes Leben. Er könnte noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten sein, und dennoch schlecht mit seinen Eltern oder seiner Ehefrau oder seinen Kindern umgehen.

 

Das Gesetz des Menschen - Das Gesetz Gottes

 

Unser Gesetz legt das Mindestmaß an geordneten Umgangsformen fest – nicht weniger, aber auch nicht mehr. Unser Gesetz erzieht nicht zur Heiligkeit. Ist ja auch gar nicht seine Aufgabe. Der gesetzestreueste Mensch könnte – moralisch gesprochen – böse sein. Umso mehr verwundern die Worte der ersten Lesung dieses Sonntags. Mose verkündet dem Volk die Gebote und Rechtsvorschriften Gottes. Die Gesetze der Tora regeln dabei auch viele Detailfragen, etwa zu Landwirtschaft, Rechtsprechung oder Ernährungsfragen. Eigentlich wie bei uns: Glyphosat ja oder nein? Wie sind die Gerichte aufgebaut? Wie müssen Tiere ordnungsgemäß getötet werden?

Doch Mose sagt: „Hört, und ihr werdet leben.“ Wer auf die Gebote der Tora hört, wird „leben“. Das meint hier mehr, als Leben in einem biologischen Sinn: „Hört, und eurer Körper wird funktionieren.“ Das ist nicht gemeint. Hört, und ihr werdet wirklich leben. Ihr werdet ein gutes und vollkommenes Leben führen – wer weiß, vielleicht auch über die Grenzen dieses biologischen Lebens auf Erden hinaus?

Das ist doch seltsam. Recht sichert Mindestgrenzen des Umgangs. Wer Mindestlohn etwa zahlt, ist noch kein großzügiger oder gar verschwenderischer Arbeitgeber. Er hält sich einfach an das Mindestmaß. So funktioniert unser Gesetz. Das Gesetz Gottes scheint das blanke Gegenteil zu sein: Es ist keine Mindestgrenze, sondern eine Grenze nach oben. Wer auf sein Gebot hört, wird leben, wirklich leben!

Wir vergessen das. Gesetze sind mühsame Angelegenheiten, mit denen wir uns nur ungern abgeben wollen. Gesetze muss man eben einhalten, sonst drohen unangenehme Sanktionen – vom Bußgeldbescheid bis zum Gefängnisaufenthalt. Diese unangenehme Sicht prägt unser Denken. Die Bibel hat aber ein ganz anderes Gottesbild. Seine Gebote zu halten bewahrt nicht nur vor Sanktionen irgendwelcher Art, sondern eröffnet Leben. Das ist der Grund, warum Israel Gott durch die Heilige Schrift hindurch immer wieder für die Gesetze und Gebote dankt. Sie bringen Ordnung in das Leben, sie eröffnen den Weg zu Gott. Das ist eine Wissenschaft vom guten Leben.



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