News Bild Dr. Kurt Koch: Das Konzil bildet den „roten Faden“ im Leben Joseph Ratzingers – Prof. Josef Kreiml über das neueste Buch des Kardinals

Dr. Kurt Koch: Das Konzil bildet den „roten Faden“ im Leben Joseph Ratzingers – Prof. Josef Kreiml über das neueste Buch des Kardinals

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Kurt Kardinal Koch, Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, weilte erst im vergangenen September in Regensburg. Anlass war die Errichtung des Ostkircheninstituts der Diözese Regensburg sowie ein zweitägiges und hochkarätig besetztes internationales ökumenisches Symposium zum Thema „Dialog 2.0 – Braucht der Dialog neue Impulse?“, das im Diözesanzentrum Obermünster in Regensburg stattfand. Nun hat Kardinal Kurt Koch den Band „Bund zwischen Liebe und Vernunft. Das theologische Erbe von Papst Benedikt XVI.“ im Verlag Herder, Freiburg, publiziert. Prof. Dr. Josef Kreiml, Professor für Fundamentaltheologie, künftiger Direktor des Institutum Marianum Regensburg (IMR) und Priester der Diözese Regensburg, beschreibt, worum es in dem Buch geht. Einen der hier veröffentlichten Vorträge hat Kardinal Koch übrigens 2013 in Regensburg gehalten.

Im Vorwort betont der Verfasser, dass Joseph Ratzinger seine Theologie immer „als Mit-Denken mit der ganzen Kirche und als kirchlichen Dienst an der objektiven Wahrheit des Glaubens“ verstanden hat. Jesus Christus hat sich als Liebe und als Logos offenbart. Im Dienst an der glaubwürdigen Bewährung dieses Bundes zwischen Liebe und Vernunft „liegt das große Erbe, das Joseph Ratzinger als Theologe und als Papst hinterlässt“.

Der Text „Ein hörendes Herz haben. Zur prophetischen Dimension der Theologie Benedikts XVI.“ enthält die Predigt, die der Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen 2012 im Freiburger Münster gehalten hat. Darin fragt Kurt Koch nach den biblischen Kennzeichen eines Propheten (Freundschaft mit dem lebendigen Gott, im Dienst eines Anderen stehen, prophetisch-marianische Kirche). Die Aufgabe eines wahren Propheten ist es, „sich selbst und die ganze Kirche immer wieder zum Gehorsam gegenüber dem Evangelium zu verpflichten, und zwar gegen alle Versuchungen zur Anpassung an den Zeitgeist und zur Verwässerung des lebendigen Wortes Gottes“. In ihrer gehorsamen Grundhaltung ist Maria das Urbild der Kirche. Die Mutter des Herrn ist „die wahre Prophetin“.


Der Weg zum Geheimnis der Schönheit Gottes

In seinem Vortrag „Offenbarung der Liebe Gottes und Leben der Liebe in der Glaubensgemeinschaft der Kirche“ (Universität Freiburg 2012; S. 18-53) führt der Kardinal aus, dass die Kirche Volk Gottes vom Leib Christi her ist. Joseph Ratzingers Theologie ist „im Kern Offenbarungstheologie“. Gerade in seiner Eschatologie zeigt sich, dass Benedikt XVI. eine personbezogene Theologie im Dienst an der Glaubensfreude entwickelt hat. Die Schönheit der Heiligkeit und die Schönheit der Kunst öffnen den Weg zum Geheimnis der Schönheit Gottes.

Den Vortrag „Theologie und Papst des Konzils. Joseph Ratzinger – Papst Benedikt XVI. und das Zweite Vatikanische Konzil“ (S. 54-93) hat Kardinal Koch 2013 in Regensburg gehalten: Das Konzil bildet den „roten Faden“ im Leben Joseph Ratzingers. Papst Benedikt XVI. werde als „großer Interpret“ des Zweiten Vatikanums in die Geschichte eingehen; er erweist sich als „ein ganz konsequenter Papst“ dieses Konzils.

Im Vortrag „Die Heiligen und die Theologie im Denken von Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.“ (S. 94-114), den Kardinal Koch 2013 in Rom gehalten hat, zeigt der Verfasser, dass die Heiligen die wahren Repräsentanten der Kirche sind. Sie sind authentische Interpreten des Wortes Gottes und glaubwürdige Zeugen des Glaubens. Theologie und Spiritualität müssen sich gegenseitig befruchten.

Ein weiterer Text des Kardinals ist dem Thema „Gottes Antlitz in Jesus Christus schauen. Grundlinien der existenziellen Christologie von Benedikt XVI.“ (S. 115-140) gewidmet: Darin zeigt der Verfasser, dass das Beten Jesu der „Ort seiner Identität“ ist. Während Mose nur den Rücken des Herrn sehen konnte, hat sich Gott in Jesus Christus „von Angesicht zu Angesicht gezeigt“.


Pontifikat: christozentrisch und evangelisch

Im Aufsatz „Einheit in Christus und in seinem Leib. Ökumenisches Lehramt im Pontifikat von Papst Benedikt XVI.“ (S. 141-165) zeigt Kardinal Koch, dass es Benedikt XVI. als „vorrangige Verpflichtung“ des Petrusnachfolgers gesehen hat, „mit allen Kräften an der Wiederherstellung der vollen und sichtbaren Einheit aller Jünger Christi zu arbeiten“. Das Pontifikat Benedikts war „konsequent ökumenisch“, weil es „ein ganz christozentrisches und evangelisches Pontifikat“ gewesen ist.

Den Vortrag „Begegnung zwischen biblischem Glauben und griechischem Geist. Joseph Ratzinger – Benedikt XVI. und die Welt der Orthodoxie“ (S. 166-190) hat der Kardinal 2014 in Konstantinopel gehalten: Es gibt eine „innere Nähe“ Ratzingers zur orthodoxen Theologie. Diese besteht darin, dass Benedikt XVI. mit der Orthodoxie die Anerkennung des Glaubens und der ekklesialen Struktur des ersten Jahrtausends als Kriterium für die Bewährung von Glauben und kirchlichem Leben auch in der Gegenwart teilt. Die Begegnung zwischen dem biblischen Glauben und dem griechischen Denken ist providentiell gewesen. Sie stellt die Vernunft auch heute vor neue Herausforderungen.

In seinem Beitrag „,Was ist Wahrheit?῾ Joseph Ratzingers Kernfrage angesichts der Diktatur des Relativismus“ (S. 191-208) fragt der Kardinal nach Implikationen der Wahrheitsfrage in der Theologie. Entscheidend ist, ob der Mensch nach Wahrheit sucht und in der Wahrheit lebt.

Ein weiterer Aufsatz des Schweizer Kardinals gilt dem Thema „Stern der Neuevangelisierung. Marianische Dimension des Missionsauftrags in der Sicht von Benedikt XVI.“ (S. 209-229): In seiner Homilie bei der Eröffnung der Bischofssynode im Oktober 2012 hat Papst Benedikt der Gottesmutter den Titel „Stern der Neuevangelisierung“ zugesprochen. Zwischen dem marianischen Glaubensgeheimnis und der Dynamik der missionarischen Tätigkeit der Kirche besteht kein Gegensatz. Die Konzilspäpste Johannes XXIII. und Paul VI. haben das Konzil unter einer „marianischen Leitperspektive“ gesehen. Es war der ausdrückliche Wunsch von Johannes XXIII., dass das Zweite Vatikanum – gemäß dem damaligen liturgischen Kalender – am Fest der Mutterschaft Marias eröffnet wurde. Zwischen der Mission des Sohnes und der Sendung seiner Mutter besteht eine tiefe innere Einheit. Die Mission der Kirche müsse mit einem „marianischen Notenschlüssel“ versehen werden. Neuevangelisierung ist die logische Konsequenz, die sich aus der Freude am Glauben von selbst ergibt.


Die Gottesfrage in modernen Gesellschaften

Abschließend beleuchtet der Kardinal „das Erbe des Pontifikats von Benedikt XVI.“ (S. 230-240): In diesem Vortrag aus dem Jahr 2013 betont er, dass der papa emerito die Kirche vornehmlich durch sein Lehren geleitet hat. Papst Benedikt wird man „gewiss als einen der großen Kirchenlehrer in Erinnerung behalten“. Wenn die Wahrheit nur eine mathematische Formel wäre, würde sie sich von selbst aufdrängen. Weil sie jedoch Liebe ist, verlangt sie den Glauben. „Im klaren Bewusstsein, dass die Frage nach Gott für die Zukunftsfragen der Menschheit von grundlegender Bedeutung ist, hat Papst Benedikt mit seinen großen Reden wesentlich dazu beigetragen, dass die Gottesfrage in den modernen Gesellschaften wach gehalten wird“ (S. 234). Die „entscheidende Herzmitte“ des Pontifikats von Benedikt XVI. besteht in der Christozentrik seiner Verkündigung.

Summa summarum: Mit diesem Buch legt der Schweizer Kardinal, der das Wirken von Papst Benedikt seit Jahrzehnten intensiv wahrgenommen hat, ein überaus kompetentes Werk vor. Dem Verfasser gelingt es, die entscheidenden theologischen und pastoralen Einsichten des emeritierten Papstes klar zu benennen und damit einer breiten Rezeption dieses Theologenpapstes den Weg zu bereiten. Prof. Dr. Josef Kreiml     

Kurt Kardinal Koch, Bund zwischen Liebe und Vernunft. Das theologische Erbe von Papst Benedikt XVI., 240 Seiten, Verlag Herder, Freiburg 2016, ISBN 978-3-451-37533-0, 26 Euro.

 

„Eine neue Brücke zwischen der ökumenischen und der marianischen Frage bauen“


Während seines Aufenthalts in Regensburg im vergangenen September hat Kardinal Dr. Kurt Koch dem „Boten von Fátima“ ein Interview gegeben. Geführt hat es Prof. Dr. Veit Neumann, Stellvertretender Chefredakteur der Publikation. Das Interview hat folgenden Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Kardinal, Sie leiten den Vatikanischen Rat für die Einheit der Kirchen. Wie sehen Sie die Botschaft von Fátima heute?

Es ist ein deutliches Zeichen, dass die Botschaft von Fátima im Jahr 1917 erfolgt ist als eine Initiative des Friedens mitten im grausamen und völlig nutzlosen Ersten Weltkrieg. Eine ökumenische Dimension kann man zunächst in der Tatsache sehen, dass 2017 nicht nur 100 Jahre vergangen sind, seit die Botschaft von Fatima ergangen ist, sondern auch 500 Jahre seit dem Beginn der Reformation, wenn man ihn mit dem so genannten Anschlag der Thesen über den Ablass in der Schlosskirche in Wittenberg ansetzt. Es wäre gewiss gut, die beiden Gedenkjahre miteinander in Beziehung zu bringen und eine neue Brücke zwischen der ökumenischen und der marianischen Frage zu bauen. Denn die Gestalt Maria kann auch in ökumenischer Hinsicht etwas sehr Verbindendes und nicht Trennendes sein. Es gibt bei den Reformatoren, Luther, Zwingli und Calvin, sehr schöne Texte über Maria, die in der evangelischen Tradition etwas in Vergessenheit geraten sind.

Das Herzensanliegen der evangelischen Christen ist die Christozentrik, die Ausrichtung auf Christus hin.

Maria ist die Gestalt, die uns ganz zu Christus hin führen will. Das ist auch die zentrale Botschaft von Fátima. Ich kenne keine christozentrischere Gestalt als Maria. Für mich ist da immer wieder die schöne Szene von Kana von Bedeutung, in der sich die Gastgeber der Hochzeit an Maria wenden und sie nur eine Antwort gibt: Tut, was er euch sagt! (Joh 2,5) Das ist die klare Botschaft auch von Fátima, die ins Zentrum des Evangeliums hinein führt. Maria ist gleichsam die Türe, um in die Gemeinschaft mit Christus hinein zu kommen. Von daher wäre es sehr schön, wenn die beiden Jubiläen 100 Jahre Fátima und 500 Jahre Beginn der Reformation einander mehr zu sagen hätten, als ich das bisher feststelle.

Mich beeindruckt an der Botschaft von Fátima, dass sie gleichzeitig etwas Geistliches sowie auch etwas Politisches mit sich bringt. Ist die Gestalt Mariens nicht auch „politisch“ und damit nicht allein geistlich zu sehen? Das könnte eine weitere Brücke hin zu den evangelischen Christen sein. Man denke nur an das „Magnificat“ Mariens, in dem es heißt, die Mächtigen würden depotenziert, die Niedrigen aber erhöht. Das ist eine durchaus politische Botschaft.

Ja, aber dieser Aspekt sollte nur in einer Synthese präsentiert werden, nicht indem der aktive und politische Aspekt gegen den geistlichen Aspekt des Hörens Mariens auf das Wort Gottes gestellt wird. Für mich ist es ebenfalls entscheidend, dass Maria diejenige ist, die für das Wort Gottes ganz empfänglich ist und dieses Wort Gottes schon in ihrem Leib empfangen hat, bevor sie es der Welt geschenkt hat. Insofern ist Maria für mich die personifizierte Gestalt der Rechtfertigungslehre. Darin erkenne ich eine weitere Brücke zu den evangelischen Christen. Das „Magnificat“ nimmt übrigens das Evangelium Jesu Christi voraus. Es zeigt, dass Jesus in die Schule seiner Mutter gegangen ist und von ihrer tiefen Frömmigkeit viel gelernt hat.

Bestellmöglichkeit des <link http: www.institutum-marianum-regensburg.de htm b_bestellung.html _blank external-link-new-window von>Bote von Fatima.



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