rohbau eines hauses auf einer baustelle

Diözese Regensburg verfolgt verantwortungsvolle und sozial ausgewogene Strategie bei der Verlängerung von Erbbaurechten

Individuelle Lösungen statt Automatismus


Regensburg, 14. Juli 2025 

In Zeiten steigender Grundstückspreise und intensiver Diskussionen um bezahlbaren Wohnraum rückt ein Begriff zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit: der Erbbauzins (Erbpachtzins). Steigende Bodenwerte treiben diesen in die Höhe und stellen Erbbauberechtigte vor finanzielle Herausforderungen. Doch wie damit umgehen, wenn die Bodenpreise immer weiter steigen? Die Diözese Regensburg setzt bei den Erbbauberechtigten auf Sozialverträglichkeit.

Die Diözese Regensburg stellt sich der Herausforderung steigender Bodenwerte mit einem klaren Ziel: das Erbbaurecht auch künftig als sozialverträgliche, planbare und wirtschaftlich tragfähige Alternative zum Eigentum zu erhalten. In einer Zeit, in der die Bodenrichtwerte in vielen Regionen deutlich gestiegen sind, wäre eine mechanische, pauschale Anpassung der Erbbauzinsen für viele Erbbauberechtigte eine erhebliche Belastung. Aus diesem Grund verfolgt die Diözese einen differenzierten, orts- und einzelfallbezogenen Ansatz.

„Wir wissen, dass der Erhalt des Erbbaurechts als lebensnahe und finanzierbare Option entscheidend davon abhängt, wie mit Vertragsverlängerungen und Erbbauzinsen umgegangen wird“, erklärt der Hauptabteilungsleiter des diözesanen Immobilienmanagements Christian Balletshofer „Dabei stehen wir im Spannungsfeld zwischen unserem Stiftungsauftrag – nämlich das Vermögen zu bewahren und zu sichern – und der sozialen Verantwortung gegenüber den Menschen, die auf unseren Grundstücken leben.“

Steigende Bodenwerte erfordern differenziertes Vorgehen

In vielen, meist südlichen Gebieten der Diözese – insbesondere dort, wo die Bodenrichtwerte überdurchschnittlich hoch sind – stoßen klassische Berechnungsmodelle an ihre Grenzen. Würde man wie bisher den Erbbauzins nach einem starren Prozentsatz vom Nettobaulandpreis berechnen, lägen die jährlichen Zahlungen in manchen Fällen bei weitem über dem ursprünglichen, vor Jahrzehnten vereinbarten Erbbauzins.  Eine solche Erhöhung lässt sich sozialpolitisch oft kaum vertreten und ist den betroffenen Erbbauberechtigten nicht zuzumuten.

Individuelle Lösungen statt Automatismus

Vor diesem Hintergrund hat sich die Diözese bewusst gegen ein pauschales Modell entschieden. Stattdessen wurde ein Rahmen geschaffen, der flexible, angepasste und gebietsbezogene Lösungen ermöglicht:

  • Reduzierte Berechnungssätze: In Regionen mit hohen Bodenwerten kann der zur Berechnung des Erbbauzinses herangezogene Prozentsatz deutlich abgesenkt werden. Ziel ist es, den Erbbauzins auf einem für beide Seiten tragbaren Niveau zu halten.
  • Einbezug von Standortfaktoren: Regionale Gegebenheiten und die wirtschaftliche Situation der Erbbauberechtigten werden individuell berücksichtigt. Das ermöglicht eine gerechtere und angemessenere Einschätzung.
  • Verhandlungsspielraum bei Vertragsverlängerung: Für Erbbaurechtsverträge mit kurzer Restlaufzeit, bei denen eine Verlängerung unter herkömmlichen Konditionen schwer vermittelbar wäre, wird gezielt ein Handlungsspielraum eröffnet. Die Diözese zeigt sich hier offen für einzelfallbezogene Lösungen in enger Abstimmung mit den betroffenen Parteien.
  • Vorzeitige Vertragsverlängerung mit Aktualisierung: Um Verträge rechtssicher und zukunftsfähig zu gestalten, wird die Möglichkeit genutzt, Erbbaurechtsverhältnisse vorzeitig zu verlängern. Dies erlaubt die Einführung moderner Wertsicherungsklauseln, die eine regelmäßige, nachvollziehbare und maßvolle Anpassung des Erbbauzinses ermöglichen – ohne plötzliche Sprünge.

Balance zwischen wirtschaftlicher Verantwortung und sozialem Ausgleich

Die Diözese Regensburg versteht sich als verlässlicher und verantwortungsbewusster Partner – sowohl im Hinblick auf ihre Verpflichtung als kirchliche Stiftung zur Erhaltung des Vermögens als auch im Umgang mit den Menschen, die auf Basis eines Erbbaurechts auf kirchlichem Boden wohnen und leben.

„Es geht uns nicht um Maximierung, sondern um einen langfristig tragfähigen Ausgleich“, heißt es aus dem Ordinariat. „Wir wollen keine Zinssätze festsetzen, die rechnerisch vielleicht möglich, aber praktisch nicht vermittelbar sind. Stattdessen setzen wir auf Fairness, Verständigung und gegenseitiges Vertrauen.“

Erbbaurecht als Teil nachhaltiger Bodenpolitik

Die Diözese versteht das Erbbaurecht nicht nur als ein wirtschaftliches Instrument, sondern als Teil einer verantwortungsvollen Bodenpolitik, die langfristige Perspektiven ermöglicht. Planbare und bezahlbare Erbbauzinsen sind ein entscheidender Baustein, um Wohnen auf kirchlichem Grund auch in Zukunft zu ermöglichen – besonders für Familien und Menschen mit mittlerem oder geringerem Einkommen.

Mit dem eingeschlagenen Kurs möchte die Diözese Regensburg ein klares Zeichen setzen: Für soziale Verantwortung, für partnerschaftliche Lösungen und für eine nachhaltige, gerechte Nutzung kirchlicher Grundstücke.

Hintergrund

„Erbbauzins in Bayern: Was er bedeutet, woher er kommt und worin er sich vom Grundstückskauf unterscheidet“

Während viele Immobilieninteressierte mit dem klassischen Grundstückskauf vertraut sind, wirft der Erbbauzins oft Fragen auf. Was verbirgt sich dahinter? Seit wann gibt es ihn? Wie hoch ist er und was unterscheidet ihn vom Kauf eines Grundstücks? Diese Pressemitteilung liefert Antworten und schafft Klarheit

Was ist der Erbbauzins?

Der Erbbauzins, oft auch vereinfacht „Bodenmiete“ genannt, ist ein regelmäßiger Geldbetrag, der an den Eigentümer eines Grundstücks gezahlt wird – meist von Privatpersonen oder Investoren, die das Grundstück im Rahmen eines Erbbaurechts nutzen. Das bedeutet: Der Grundstücksnutzer darf auf dem fremden Boden ein Haus bauen und es für viele Jahrzehnte bewohnen oder vermieten, ohne das Grundstück selbst zu kaufen.

In der Regel wird das Erbbaurecht für 60 bis 99 Jahre vergeben. Während dieser Zeit zahlt der Erbbauberechtigte den Erbbauzins – meist jährlich oder halbjährlich. Diese Regelung kommt besonders häufig in Städten, Kommunen oder Kirchengemeinden zum Einsatz, die ihre Grundstücke langfristig selbst behalten wollen, etwa um über deren Nutzung mitzubestimmen oder um langfristige Einnahmen zu sichern.

Historischer Hintergrund – Seit wann gibt es den Erbbauzins in Bayern?

Die Ursprünge des Erbbauzins in Bayern lassen sich bis in das frühe 20. Jahrhundert zurückverfolgen. Mit dem Erbbaurechtsgesetz von 1919, das deutschlandweit eingeführt wurde, etablierte sich diese Form der Bodennutzung auch in Bayern als Alternative zum klassischen Grundstückskauf. Damals war es Ziel, auch einkommensschwächeren Familien den Bau eines Eigenheims zu ermöglichen – ohne den hohen Kaufpreis für das Grundstück aufbringen zu müssen.

Besonders in den 1950er- und 60er-Jahren erlebte das Erbbaurecht einen Aufschwung, als Kommunen gezielt Grundstücke vergaben, um bezahlbaren Wohnraum zu fördern. Bis heute ist der Erbbauzins in vielen Städten und Gemeinden Bayerns fester Bestandteil der kommunalen Bodenpolitik.

Wie hoch ist der Erbbauzins?

Die Höhe des Bebauzinses variiert erheblich – je nach Region, Lage und Bodenwert. Er beträgt in der Regel 3 bis 5 Prozent des aktuellen Bodenwerts pro Jahr.

Ein Rechenbeispiel:

Für ein Grundstück mit einem Bodenwert von 150  €/m² bei 500 m² Fläche ergibt sich ein jährlicher Erbbauzins von ca. .2.250 bis 3.750 Euro.

In Großstädten wie München oder Nürnberg kann der Erbbauzins deutlich höher liegen, da hier auch die Bodenrichtwerte extrem gestiegen sind. In ländlicheren Gegenden Bayerns fallen die Beträge entsprechend niedriger aus.

Der Unterschied zum Grundstückskauf

Grundstückskauf:

Beim klassischen Grundstückskauf zahlt der Käufer einen einmaligen Kaufpreis und wird im Grundbuch als Eigentümer eingetragen. Er kann frei über das Grundstück verfügen – verkaufen, bebauen, beleihen oder vererben.

Erbbauzins (Erbbaurecht):

Das Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf einem fremden Grundstück ein Gebäude zu errichten und für einen fest bestimmten Zeitraum zu belassen. Der Erbbaurechtsnehmer (Erbbauberechtigte) wird Eigentümer des Bauwerks, ohne zugleich Eigentümer des Grundstücks zu sein. Als Gegenleistung für die Überlassung des Grundstücks erhält der Erbbaurechtsgeber ein Entgelt - den Erbbauzins. Der Erbbaurechtsgeber (z.B. Stiftung) stellt sein Grundstück für den vereinbarten Zeitraum zur Nutzung zur Verfügung. Der Erbbaurechtsnehmer errichtet auf diesem Grundstück sein Gebäude und wird bzw. ist Eigentümer der Gebäude. Der Erbbaurechtsnehmer zahlt für die Bereitstellung des Grundstücks ein laufendes Entgelt (Erbbauzins).

Text: Dr. Dr. Stefan Groß



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