News Bild Die Würde des Menschen ist wiederhergestellt. Die Texte von Weihnachten sprechen von der ganzen Heilsgeschichte, vom Anfang bis ans Ende

Die Würde des Menschen ist wiederhergestellt. Die Texte von Weihnachten sprechen von der ganzen Heilsgeschichte, vom Anfang bis ans Ende

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Wenn Christen Gottesdienst feiern, dann gedenken sie immer der ganzen Heilsgeschichte. Gottes Handeln in der Welt und an den Menschen lässt sich nicht nur auf singuläre Ereignisse verengen und begrenzen. Sicher – wir stehen in der Gefahr, das immer wieder zu vergessen. So wie wir am Karfreitag des Todes Jesu und an Ostern seiner Auferstehung gedenken, so feiern wir an Weihnachten seine Geburt. Im Mittelunkt steht das Geschehen im Stall von Bethlehem. Dies aber darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum Heilsgeschehen die ganze Geschichte Gottes mit den Menschen gehört. Das beginnt mit der Erschaffung des Menschen und dauert noch heute an, bis Gott einst diese Welt vollenden wird.

Dieses Motiv bestimmt, ein klein wenig versteckt vielleicht, die Lesetexte des Weihnachtstages. Er beginnt mit dem Evangelium (Johannes 1,1-18), dem sogenannten Prolog“ des Johannesevangeliums. In diesen Versen gibt der Evangelist eine Leseanweisung für sein Evangelium. Er erklärt, wer Jesus ist, woher er kommt. Das tun die Evangelisten auf unterschiedliche Weise. Matthäus und Lukas bieten Berichte über die Geburt des Herrn, Johannes tut das mit einem eher grundsätzlichen Text: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“ (Johannes 1,1). Durch diese Wortwahl verbindet Johannes die Geschichte Jesu mit der Erschaffung der Welt, denn das Buch Genesis beginnt mit den gleichen Worten: „Am Anfang“. Von Anfang an war Jesus bei Gott, er ist vor aller Schöpfung. Das Wort, das Gott in der Schöpfung spricht, ist Jesus.

 

Das göttliche Wort

Und Jesus ist Gott. Oder besser: göttliches Wort. Im Christentum spricht man gerne davon, Gott sei Mensch geworden. Der heutige Text stützt das nicht ganz. Denn Johannes unterscheidet hier. Wo es um Gott, den Vater geht, schreibt er „ho theós“ – „der Gott“. Wo es um das Wort geht, um Jesus, steht nur „theós“, „Gott“. Der Artikel fehlt. Korrekter also könnte man sagen: Gottes Wort ist Mensch geworden. Und so kann Johannes, wie es auch der christlichen Trinitätstheologie entspricht, einen Unterschied zwischen den göttlichen Personen machen. Vater, Sohn und Geist sind zwar alle Gott und sind auch nur ein einziger Gott, aber es lassen sich eben doch drei göttliche Personen festmachen. Und eine dieser Personen ist das Wort, ist Jesus. Dieses Wort ist Licht und Leben, wie Johannes schreibt. Die ganze Schöpfung basiert auf ihm: „Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist“ (Johannes 1,3).

 

Gott wohnt unter uns

 

Das große Geheimnis, das an Weihnachten gefeiert wird, ist, dass dieses Wort Fleisch wird. Dieser Satz ist so gewichtig, dass sich in der Kirche der Brauch entwickelt hat, den Kopf zu neigen, wenn es heißt: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“ (Johannes 1,14). Das schließt an ein bedeutendes Bild der alttestamentarischen Theologie an. Dort entwickelte sich die Vorstellung, Gott wohne mitten unter seinem Volk. Dass dies so ist, wird unüberbietbar deutlich in seiner Menschwerdung. So sehr ist Gott unter den Menschen, dass er ihr Schicksal teilt. Er wird Mensch wie wir – verbunden mit all der menschlichen Armseligkeit, mit Schmerz, Angst, Verzweiflung. So sehr hat Gott diese, seine Welt geliebt, dass er sich selbst erniedrigt, uns gleich wird.

Auch die zweite Lesung (Hebräerbrief 1,1-6) unterstreicht die Kontinuität im Heilshandeln Gottes: „Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch seinen Sohn“ (Hebräerbrief 1,1-2). Gott hat schon zuvor gesprochen. Er hat seinem Volk zuvor Propheten gesandt, die sein Wort verkünden sollten. In Jesus aber spricht Gott selbst. Der Hebräerbrief weist daraufhin, Jesus habe die Reinigung von den Sünden bewirkt. Das ist schon ein Hinweis auf das Leiden des Herrn am Kreuz. Weihnachten mag uns schöne, romantische Gefühle vermitteln, doch wir müssen das ganze Leben Jesu betrachten. Nicht nur durch ein Ereignis erlöst er, sondern durch seine Geburt wie durch sein ganzes Leben, seine Heilungen, aber auch sein Leiden, seinen Tod und seine Auferstehung.

 

Jubel in Jerusalem

 

Angesichts dieser großen Zusage Gottes an die Menschheit bleibt eigentlich nichts anderes, als in Jubel auszubrechen. Und genau das tut die erste Lesung (Jesaja 52,7-10): „Wie willkommen sind auf den Bergen die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt, der eine frohe Botschaft bringt und Rettung ankündigt, der zu Zion sagt: Dein Gott ist König“ (Jesaja 52,7). Der Prophet spricht hier in eine außergewöhnliche Situation Israels. Die Oberschicht Jerusalems war ins Exil nach Babylon verschleppt worden. Am Ende dieses Exils können sie wieder in die Heimat zurückkehren. Das ist die Freudenbotschaft, die Jesaja verkündet. Gott ist ein König, der rettet. Sogar die Trümmer Jerusalems werden aufgefordert, in Jubel auszubrechen: „Denn der Herr tröstet sein Volk, er erlöst Jerusalem“ (Jesaja 52,9).

Weihnachten ist ein großes Fest der Freude. Schon in der Geburt Jesu dürfen wir wissen, dass durch ihn Erlösung in die Welt kommt. Wenn wir an Weihnachten Gottesdienst feiern, versammeln wir uns – wie in jedem Gottesdienst – im Licht des auferstandenen Herrn, indem wir seine Hingabe in Leiden und Tod vergegenwärtigen. Durch sein ganzes Handeln hat Jesus die Menschheit erlöst. Davon spricht auch das Tagesgebet an Weihnachten: „Allmächtiger Gott, du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer wiederhergestellt.“



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