„Der Mensch kann die innere Sinnhaftigkeit der Offenbarung nachvollziehen“ - Bischof Gerhard Ludwig sprach bei den Heilig-Grab-Rittern in München über den seligen John Henry Newman
(pdr) Bischof Gerhard Ludwig Müller hat am Dienstagabend in der Heilig-Geist-Kirche im Zentrum von München ein Pontifikalamt gefeiert. Die Komturei Patrona Bavariae der Heilig-Grab-Ritter in München hatte den Regensburger Bischof dazu eingeladen. Bischof Gerhard Ludwig war bei der Investitur im Jahr 2008 in Köln in den päpstlichen Ritterorden aufgenommen worden. Anlass der Veranstaltung in der bayerischen Landeshauptstadt war die Gebetswoche für die Einheit der Christen. Bischof Gerhard Ludwig sprach im Anschluss an den Gottesdienst im Hotel Platzl über die Bedeutung von John Henry Newman heute. Erst kürzlich hat Papst Benedikt XVI. den Konvertiten aus der anglikanischen Kirche bei seinem Pastoralbesuch in England selig gesprochen.
Der Bischof sagte, dass die Einheit der Kirche vor allem wegen großer Menschenschuld zerbrochen sei. Die Kirchenspaltung, die seit 500 Jahren andauert, nannte er eine „schwere Wunde“. Martin Luther habe dies nicht gewollt, sondern vielmehr eine neue Verwurzelung der Menschen in der Gnade Gottes. „Wie viele Menschen müssen die Last dieser widernatürlichen Trennung aushalten?“ Bischof Gerhard Ludwig sprach sich dagegen aus, die katholische und die evangelische Kirche gegeneinander auszuspielen. „Das bringt uns als Christen nicht weiter und das dient auch nicht der Einheit der Christen.“ Der Bischof erinnerte daran, dass die Kirche allerdings keine äußerliche Organisation der christlichen Religion, sondern die Lebensgemeinschaft mit Jesus Christus in der Einheit mit dem dreifaltigen Gott sei. „Die Kirche ist der Ort der Lebensgemeinschaft mit Gott“, so der Bischof. Er forderte auf, nicht nur auf negative Erscheinungen der Kirche zu blicken, sondern vielmehr sich selbst zu fragen: „Was können wir tun? Wie ist es mit unserer Teilnahme am christlichen Leben?“ Zum Abschluss der Predigt betonte der Bischof, Jesus Christus sei das ewige Wort des Vaters. In ihm müssten die getrennten Kirchen wieder ihre Einheit finden.
Im Vortrag vor der Münchner Komturei sprach der Bischof über den seligen englischen Kardinal John Henry Newman. Sein berühmtes Werk „Apologia pro vita sua“ habe ihn selbst von früh an zutiefst geprägt. Newman habe erkannt, dass die christliche Religion nicht auf subjektiven Anschauungen, sondern auf Tatsachen beruht. Heute würde man in diesem Zusammenhang von einem „heilsgeschichtlichen Realismus“ sprechen, so Bischof Gerhard Ludwig. Dementsprechend sei das christliche Glaubensbekenntnis das objektive Bekenntnis der Selbstoffenbarung Gottes, mit der besonderen Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft. Die Auffassung Newmans sei es, dass der Mensch die innere Sinnhaftigkeit dessen nachvollziehen könne, was uns geoffenbart worden ist. Dies sei bis heute von größter Bedeutung, sagte der Bischof. Newmans „Apologia“ stellte er in eine Reihe mit den „Confessiones“ des heiligen Augustinus und den „Pensées“ von Blaise Pascal.
Leitender Komtur Folker Müller dankte Bischof Gerhard Ludwig für seine tiefschürfenden Ausführungen. Kardinal Reinhard Marx, der eigens gekommen war, grüßte Bischof Gerhard Ludwig und würdigte seine Anwesenheit in der Komturei Patrona Bavariae.