Der Chor zuerst – Die historisch-kritische Studie zu den Fällen von Gewalt bei den Regensburger Domspatzen
Im Pustet-Verlag ist nun die historisch-kritische Studie zu den Fällen von Gewalt bei den Regensburger Domspatzen in den Jahren 1945 – 1995 erschienen.
„Der Chor zuerst“, so lautet der Titel des Buches, das kürzlich der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Damit ist die gemeinsame Aufarbeitung des „Domspatzen-Skandals“ mit Fällen von Gewalt und Missbrauch in den Jahren 1945 bis 1995 wieder einen Schritt weitergekommen. „In Gesprächen mit Vertretern von Betroffenen haben wir ein Vier-Säulen-Konzept im Aufarbeitungsgremium entwickelt“, sagt der Regensburger Bischof Dr. Rudolf Voderholzer. Er hat maßgeblich Anteil an dieser Aufarbeitung. Christian Heiß, der aktuelle Domkapellmeister, ist froh und dankbar, dass der Prozess der Aufarbeitung so transparent und zielstrebig vorangetrieben wird. „Wir haben diese große Verantwortung für die Vergangenheit, und wir übernehmen sie erst recht für die Zukunft“, sagt er.
Die beiden Autoren, Bernhard Frings und Bernhard Löffler, ordnen in ihrem Buch die Geschehnisse in Vorschule und Internat aus den 50er bis 90er Jahren historisch und sozialwissenschaftlich ein. Sie zeichnen darin die institutionellen Zusammenhänge und Verantwortlichkeiten nach und analysieren die Belastungen, die sich aus der Kombination strenger Erziehungsmaximen, schulischer Vorgaben und großem Probenaufwand ergaben. Thematisiert wird auch die Rolle der Erziehenden (Präfekten) vor allem in Chor, Internaten und Vorschule. Unter den Domkapellmeistern Theobald Schrems und Georg Ratzinger wurden die Regensburger Domspatzen vornehmlich als weithin strahlendes kirchlich-bayerisches Kulturgut wahrgenommen und vermarktet. Der dahinterstehende institutionelle Schul- und Internatsapparat mit komplizierten Trägerstrukturen und erheblichen Problemen in der täglichen Erziehungspraxis blieb im Hintergrund.
Die Aufarbeitung startete zunächst mit der Aufklärung der Fälle von Gewalt. Rechtsanwalt Ulrich Weber wurde als unabhängiger Sachverständiger damit betraut. Nach der Vorstellung des Abschlussberichts formierte sich das Aufarbeitungsgremium mit Vertretern von Betroffenen, Vertretern der Domspatzen und der Kirche. Peter Schmitt, als einer von drei Betroffenen Mitglied im Aufarbeitungsgremium, sagte damals: „Nach Jahren des Stillstands haben wir innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums eine Lösung gefunden, die von allen Beteiligten gemeinsam getragen wird. Ein besonderes Zeichen war es für die Betroffenen, dass Bischof Dr. Rudolf Voderholzer an allen Sitzungen teilgenommen hat und zu jeder Zeit an einer gerechten Gesamtlösung interessiert war. Jetzt gilt es, die Beschlüsse umzusetzen.“ Beschlossen wurde zur Aufarbeitung ein Vier-Säulen-Konzept. Es beinhaltete konkret das Angebot einer unabhängigen Anlaufstelle mit therapeutischer Hilfeleistung, eine soziologische und historische Studie und monetäre Anerkennungsleistung. Ein Anerkennungsgremium begutachtete die einzelnen Anträge und entschied bei Ausschluss des Rechtsweges darüber, welche Zahlungen geleistet werden. Das Anerkennungsgremium war besetzt mit Anwalt Ulrich Weber, Professorin Dipl. Päd. Barbara Seidenstücker (OTH Regensburg) sowie Professor Dr. jur. Dipl. Sozialpädagoge Knud Hein (FH Darmstadt). Die angebotene unabhängige Anlaufstelle MIM in München hat Ihre Arbeit noch im Oktober 2017 aufgenommen. Die vorgesehenen Studien wurden zum einen an die Kriminologische Zentralstelle e.V. (KrimZ) mit Sitz in Wiesbaden vergeben, zum anderen an den Lehrstuhl von Professor Dr. Bernhard Löffler (Universität Regensburg), der die historische Einordnung übernahm. Beide Studien gingen über einen Zeitraum von zwei Jahren.
Die historisch-kritische Studie liegt nun als Buch, aufgelegt vom Pustet-Verlag, vor:
Bernhard Frings/Bernhard Löffler, Der Chor zuerst – Institutionelle Strukturen und erzieherische Praxis der Regensburger Domspatzen 1945 bis 1995, 424 Seiten, 33 Abb., Hardcover, ISBN 978-3-7917-3120-9, € (D) 24,95 / € (A) 25,70.
Die kriminologische Studie kann <link https: www.krimz.de forschung opfer-von-straftaten regensburger-aufarbeitungsstudie.html _blank external-link-new-window>im Internet heruntergeladen werden.