News Bild Clearingstelle - und was dann? - Kinder und Jugendliche in intensiv-therapeutischen Gruppen brauchen Betreuungskontinuität für ihre gute Entwicklung

Clearingstelle - und was dann? - Kinder und Jugendliche in intensiv-therapeutischen Gruppen brauchen Betreuungskontinuität für ihre gute Entwicklung

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Besuch in der Clearingstelle des Kinderzentrums St. Vincent der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V. ist keine Seltenheit. Immer wieder kommen interessierte Gäste aus der Fachwelt, um sich über das besondere Setting der Clearingstelle zu informieren, da es sich um eine Einrichtung zur geschlossenen Unterbringung besonders schwieriger Jugendlicher handelt.

Eine einwöchige Hospitanz eines Hochschulprofessors zählt dennoch zu einem außergewöhnlichen Ereignis. Tatsächlich betrieb Professor Dr. Mathias Schwabe, Professor für Methoden der Sozialen Arbeit an der Evangelischen Fachhochschule Berlin, Feldforschung in der Regensburger Clearingstelle. Hintergrund ist die von Wolfgang Berg, Gesamtleiter von St. Vincent, forcierte Verzahnung von Praxis und Forschung sowie der geplante 2. Band von Schwabes und Burkhard Müllers Erfolgstitel: „Pädagogik für schwierige Jugendliche“.

In der Clearingstelle St. Vincent betreuen Pädagogen, Psychologen, Psychiater und Lehrer interdisziplinär sieben Jugendliche im Alter zwischen 12 und 15 Jahren. Sie kommen mit schweren psychischen Beeinträchtigungen, hochbelasteten Biographien – zum Teil Missbrauchserfahrungen –, bei eskalierenden Entwicklungskrisen und nachdem andere Maßnahmen nicht mehr gegriffen haben. Wesentliche Aufgaben sind dementsprechend Akutkrisenintervention, umfassende interdisziplinäre Diagnostik (pädagogische Diagnostik, psychiatrische Diagnostik, Schulleistungsdiagnostik) und Perspektivenfindung und –anbahnung. Prof. Dr. Mathias Schwabe interessierte sich für das Setting, die Rahmenbedingungen, die den Kindern aber auch den Pädagogen eine gute Entwicklung ermöglichen.

Seine ethnografischen Erkundungen, in Form mehrtägiger teilnehmender Beobachtung, beziehen Gebäude, Gegenstände und Ausstattung, selbstverständlich die Menschen, an erster Stelle die Kinder, mit ein. „80% der Heime haben keine so guten Bedingungen wie hier in der Clearingstelle in St. Vincent“, so Schwabe, der bis vor 10 Jahren selbst Heimleiter, vorher Gruppenleiter war. Er weiß, wovon er spricht, denn er ist praxiserfahren und interessiert sich nach wie vor für den Erziehungsalltag in den Einrichtungen. Auch Xaver Waitzhofer, der als Erziehungsleiter für die Clearingstelle zuständig ist und über den die Hospitation von Prof. Schwabe eingefädelt wurde, freut sich über das Interesse an der Arbeit der Clearingstelle. „Wir betrachten dies als Möglichkeit uns ständig zu verbessern. Diese Verpflichtung haben wir den Kindern gegenüber.“ Durch die Kooperation mit Hochschulen und Universitäten will Berg die Vernetzung innerhalb der Jugendhilfe vorantreiben und die Weiterentwicklung von Konzepten in der Erziehungshilfe im Austausch mit anderen Einrichtungen anstoßen. „Wir verstehen uns dabei als beständig lernende Einrichtung, deshalb wollen wir uns auch nach Außen öffnen“, so Berg weiter.

Die Beobachtungen und Eindrücke Schwabes sind umfassend. Wie sieht das Sicherheitskonzept aus, welche äußeren, stabilen Strukturen ermöglichen auch innere Stabilität, wie wird das akustische Konzept umgesetzt? Das alles ist von Bedeutung. Er hat die Verzahnung von sozialpädagogischen und schulischen Inhalten im Alltag miterlebt, hat gesehen, dass Orts- und Raumwechsel ein wichtiges Prinzip sind und konnte nicht zuletzt auch neben der Standardisierung und Strukturierung Nischen entdecken, in denen Kinder und BetreuerInnen einander ganz individuell begegneten. Regeln und Rituale schaffen Sicherheit und Berechenbarkeit. Alltag in der Clearingstelle ist sehr viel mehr als nur „eingeschlossen sein“. Deutschlandweit seien sehr viel mehr Plätze in der geschlossenen Unterbringung notwendig und es müsse für geeignete Anschlussmaßnahmen gesorgt werden. „Der positive Entwicklungsverlauf, der hier angestoßen wird, muss in einer entsprechenden Maßnahme fortgeführt werden. Die Kinder brauchen Betreuungskontinuität“, stellte Schwabe heraus. Er sieht einen deutlichen Entwicklungsbedarf an der Schnittstelle zur Clearingstelle.



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