Regensburg, 9. April 2023
Jahrhunderte hindurch wurde an Ostern vor allem in bayerischen Kirchen laut und herzhaft gelacht. Pfarrer und Prediger versuchten seit dem Mittelalter ihre Gemeinde zu erheitern, indem sie lustige Geschichten erzählten oder unerwartete Scherze machten. Die Osterfreude sollte durch das Lachen sozusagen körperlich erlebt werden.
Männer gegen Frauen
So ist überliefert, dass der Festprediger der Klosterkirche zu Marchtal an der Donau im Jahr 1506 alle anwesenden Männer aufforderte, wenn sie zu Hause das Sagen hätten, sollten sie das Lied „Christ ist erstanden“ anstimmen. Niemand fing an zu singen. Als er daraufhin die gleiche Aufforderung an die anwesenden Frauen richtete, erschallte das Lied vielstimmig und laut – das anschließende herzhafte Lachen kam dann wohl eher von der Frauenseite.
Im Jahr 1698 hat Pfarrer Andreas Strobel aus dem bayerischen Puchbach sogar 40 komische Geschichten aufgeschrieben, die als Handreichung für weniger komödiantisch begabte Pfarrer gedacht waren.
Oster-Märl zum Wachbleiben
In der Einleitung des Büchleins heißt es da, die Osterbotschaft „lasset den Predigern zu, ihre Zuhörer mit einem erfreulichen oder kurzweiligen Gedicht und Oster-Märl aufzumuntern, damit sie hernach auf die darauf folgende Lehr und Wort Gottes aufmerksamer werden“. Es ging also nicht nur um das hehre Ziel, die Osterfreude erlebbar zu machen, sondern auch darum, die Leute in die Kirche zu bringen und dort während des langen Ostergottesdienstes auch wach zu halten.
Derbe Scherze
Doch es gab auch „schwarze Schafe“ unter den Predigern, die mit derben Witzen „zur Verderbnis der Kirchenbesucher beitragen“. Da wurden Tierlaute nachgeahmt und regelrechte sakrale Komödien einstudiert. Im Barock wurde diese Art des Ostergottesdienstes in den Kirchen teilweise verboten. In abgeschwächter Form hat sich der Brauch des Osterlachens dennoch bis ins 19. Jahrhundert erhalten. Die Pfarrer erzählten sogenannte Ostermärlein, doch mit derben Sprüchen und Aufführungen war es vorbei. Im Jahr 1853 schließlich wurde in Regensburg ein Erlass verkündet, der „Fabeln, gereimte Dichtungen, Obskures“ aus den Osterpredigten verbannte.
Aberglaube an Ostern
Nach der Auferstehungsfeier in der Osternacht folgte der Gang zum österlichen Hochamt – allerdings mussten früher zwischen diesen hochheiligen Kirchenterminen noch andere „dringende Geschäfte“ erledigt werden, die für den Haussegen ebenso wichtig waren.
So berichtet Josef Schlicht aus dem Niederbayern des 19. Jahrhunderts, wie ärgerlich es doch für die Bäuerin sei, wenn die Hennen ihre Eier in alle möglichen Schlupfwinkel verlegen: „Aber sieh, der Ostertag bringt das Gegenmittel. Im Auftrage und Vertrauen der Bäuerin muss der Oberknecht ein großes appetitliches schneeweißes Ei im Maul, vor Sonnenaufgang heute den ganzen Hof umlaufen, Haus, Stallung, Speicher, Schupfe, Stadel und Backofen. Nun ist’s den Hennen angetan: sie verlegen in diesem Jahr nicht.“
Die Speisenweihe
Nach diesem und ähnlichen Ritualen ging die ganze Familie zum feierlichen österlichen Hochamt. Jeder Haushalt stellte seinen Korb mit den Speisen möglichst weit vorn in der Kirche ab – denn je näher am Pfarrer, desto mehr Segen würde auf die Speisen abfallen, davon war man überzeugt. Neben Schinken, Osterwecken, Brot, Salz und Kren befanden sich natürlich Ostereier im Speisenkorb. Vor der Weihe mussten die Eier „angepeckt“, also aufgeschlagen werden, und sogar die Reißverschlüsse an den Taschen wurden aufgemacht, damit der Segen auch wirklich eindringen konnte.
„Oascheibn“ und „Eierknacken“
Nach dem Osterfrühstück ging’s vielerorts nach draußen zu den Eierspielen. Sie erfreuten sich früher auch bei den Erwachsenen großer Beliebtheit. Da gab es das „Eierpicken“ oder „Eierknacken“, bei dem zwei Eier so lange zusammengeschlagen wurden, bis eines davon in die Brüche ging. Der, dessen Ei am Schluss ganz geblieben war, hatte gewonnen. Beliebt war auch das „Oascheibn“: Zwei Rechenstile werden auf der Wiese nebeneinander aufgestellt. Sie bilden eine Kugelbahn, auf der die Eier in die Wiese gerollt werden. Wer mit seinem Ei das andere trifft, darf beide behalten, oder: Wessen Ei getroffen wird, der muss einen Pfennig bezahlen.
Das Oabecka, Oiastoußn oder Oierhirn ist ein alter bayerischer Brauch. Der Oberpfälzer Volkskundler Franz Xaver von Schönwerth beschrieb das Osterspiel um 1890 so: „Zwei stoßen die Eyer aufeinander, zuerst Spitz auf Spitz, dann Spitz auf Arsch oder umgekehrt. Wessen Ey bricht, verliert es an den anderen.“
„Oierhiartn“ in Mitterteich
Weithin bekannt ist das alljährliche „Oierhiartn“, in Mitterteich im Landkreis Tirschenreuth. Am Ostersonntag um 13.30 Uhr treffen sich dort die Teilnehmer am Johannisplatz. Bei schönem Wetter sind es oft 50 bis 60 Personen. Kinder wie Erwachsene treten gegeneinander an. Man „hiartet“, wie es sich gerade ergibt. Mit dem Ausspruch: „Spitz auf Spitz – Ruck auf Ruck“, werden die Eier dabei, wie schon Franz Xaver von Schönwerth beschreibt, zuerst mit der Spitze und dann mit dem Rücken gegeneinandergestoßen. Derjenige, dessen Ei eine Bruchstelle abbekommt, ist der Verlierer und gibt seines dem Kontrahenten. Steht das Eierspiel dagegen immer noch unentschieden, stößt man die Eier seitlich zusammen. Hier ist dann eine endgültige Entscheidung fällig. Auf diese Art und Weise tritt fast jeder gegen jeden an. Das „Oierhiartn“ dauert so lange, bis sich keine Zwei mehr finden, die mit einem intakten Ei gegeneinander antreten können.
Wissenschaftliche Erklärung
Und noch ein Tipp für alle „Hiatara“: Entscheidend für den Ausgang des Eierspieles sind ja bekanntlich die Härte und die Dicke der Eierschale. Und diese Faktoren hängen maßgeblich vom Alter des Huhnes ab, denn die Eierschale von jungen Hühnern enthält mehr Proteine und ist dadurch stabiler. Daneben ist auch der Winkel, in dem die beiden Eier aufeinandertreffen, entscheidend.
Text: Judith Kumpfmüller