News Bild Bischof Rudolf Voderholzer beim Josefstag 2017 in der Lernwerkstatt der KJF: Eine/r von uns – gemeinsam für ein buntes Land

Bischof Rudolf Voderholzer beim Josefstag 2017 in der Lernwerkstatt der KJF: Eine/r von uns – gemeinsam für ein buntes Land

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Der Josefstag lenkt jährlich mit einer bundesweiten Aktion den Blick auf die Zukunftsperspektiven benachteiligter Jugendlicher. Sie erfahren in katholischen Einrichtungen der Jugendberufshilfe und Jugendsozialarbeit wertvolle Förderung und Unterstützung. So werden in der Lernwerkstatt der Katholischen Jugendfürsorge (KJF) im Regensburger Gewerbepark junge Menschen begleitet, die aus ihrem Heimatland geflohen sind und bei uns neue Lebenschancen suchen. Bischof Rudolf und der Vorstandsvorsitzende der KJF, Domkapitular Dr. Roland Batz, besuchten die jungen Menschen und kamen bei einem gemeinsamen Arbeitseinsatz mit ihnen ins Gespräch.

 

Bischof Rudolf in der Metallwerkstatt

Bischof Rudolf hält sein selbst gefertigtes Kreuz aus Edelstahl und Messing in Händen. Schön ist es geworden, so schlicht. Stolz präsentieren er, Domkapitular Dr. Roland Batz und KJF-Direktor Michael Eibl ihre Arbeitsergebnisse. Zum Josefstag 2017 waren sie gerne der Einladung des Einrichtungsleiters Hubert Schmalhofer gefolgt, haben sich Einblicke in die Arbeit mit benachteiligten jungen Menschen verschafft und sich selbst in der Metallwerkstatt betätigt. Drei Auszubildende im Fachbereich Metall, darunter der 22-jährige Hussein aus Afghanistan, haben fachkundig mitgeholfen.

 

Was war zu tun?

Zuerst bog der Bischof vier Edelstahlflacheisen im Biegeapparat. Danach zeichnete er Bohrlöcher auf. Die nächsten Arbeitsschritte: Bohren, Senken und Zusammenschrauben erledigte er konzentriert. Hussein stand dem Bischof dabei zur Seite. "Er hat mich kompetent angeleitet. Das war hervorragend", sagte der Bischof, "ich glaube, er ist für seine künftige Arbeit gut gerüstet", so der Bischof. "Ich wünsche ihm, dass er eine Arbeit bekommt, mit der er anständig Geld verdienen und seine Familie unterstützen kann." Zuvor hatte Hussein erzählt, dass er bereits als 16-Jähriger alleine nach Deutschland gekommen sei. Seine Eltern lebten in der Heimat. "Gut ausgebildete Leute können den Menschen in ihrer Heimat helfen und sich selbst eine Existenz aufbauen. Das Know-How, das sie hier im technischen und alltäglichen Bereich erworben haben, sollen sie auch umsetzen. Hoffen wir, dass die Situation im Heimatland so ist, dass man dort auch in Frieden leben kann", sagte der Bischof. "Wenn junge Menschen gut ins Leben kommen, wenn sie ertüchtigt werden einen Beruf zu erlernen, um von ihrer Hände Arbeit zu leben, dann ist das ein wunderbarer Erfolg dieser Einrichtung", stellte Bischof Rudolf heraus.

Starkes Engagement katholischer Einrichtungen in Bayern für junge Flüchtlinge

KJF-Direktor Michael Eibl verdeutlichte den Besuchern, wie wichtig es sei, einer breiten Öffentlichkeit aufzuzeigen, was die Kirche für junge Menschen in unserer Gesellschaft leiste. Der diesjährige Josefstag mit dem Motto: "Eine/r von uns - gemeinsam für ein buntes Land" passe sehr gut zur aktuellen Situation und zur Arbeit der Einrichtungen mit jungen Flüchtlingen. Diese begann, so Eibl, bereits Anfang 2014. Die Lernwerkstatt und das Kinderzentrum St. Vincent in Regensburg hätten damals die ersten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in einer Zentralen Inobhutnahme aufgenommen. Eibl zeigte den Gästen die bisherige Entwicklung und aktuelle Zahlen aus katholischen Einrichtungen in Bayern auf: "In der KJF haben wir seit 2014 in den Spitzenzeiten bis zu 250 minderjährige unbegleitete Flüchtlinge aufgenommen, aktuell sind es 152. Die Prognose für den Sommer liegt bei etwa 120. Sie werden in der Lernwerkstatt, im Kinderzentrum St. Vincent, im Berufsbildungswerk in Abensberg mit den Außenstellen in Neufahrn und in Landshut, im Haus des Guten Hirten in Schwandorf/Ettmannsdorf sowie im Kinderzentrum St. Elisabeth in Windischeschenbach betreut. Der Trend, der sich bei uns abzeichnet, gelte so auch für katholischen Einrichtungen bayernweit. Letztes Jahr im Juli waren es rd. 3.000 Jugendliche, im Januar 2017 2.100. "Das ist ein enormes Engagement der katholischen Einrichtungen in ganz Bayern und vor allem auch hier in der Diözese."

 

Sorge um die Zukunft der jungen Menschen

"Seit einiger Zeit sind wir damit konfrontiert, dass junge Flüchtlinge Abschiebebescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge bekommen", erzählte Eibl. Er erinnere sich noch gut daran, als die ersten aufgenommen wurden. "Ich habe sie im Januar 2014 bei uns begrüßt gemeinsam mit Politikern, Vertretern der Regierung und dem Integrationsbeauftragten. Deren Angebot an sie war eine Perspektive, eine Ausbildung - und das galt auch für die jungen Afghanen." Die allermeisten jungen Menschen hätten sich mit hohem Engagement daran gemacht und auch die Mitarbeiter in den Einrichtungen hätten Enormes geleistet. Wenn heute der Abschiebebescheid käme und die Fachkräfte vor Ort es so einschätzen, dass der Bescheid nicht in Ordnung sei, "dann", so Eibl, "unterstützen wir die Jugendlichen dabei, Rechtsmittel einzulegen. Denn wir sind der Meinung, unsere Mitarbeiter kennen die jungen Menschen nach anderthalb Jahren besser als das Bundesamt für Migration." In einem Rechtsstaat sei dies eine völlig normale und legitime Vorgehensweise, bekräftigt der Vorsitzende der KJF, Domkapitular Dr. Roland Batz. Wenn letztlich doch herauskomme, dass ein junger Mensch nicht bleiben könne, dann versuche die KJF, die jungen Menschen bei der freiwilligen Ausreise zu begleiten.

"Jeder braucht doch ein Ziel und eine Perspektive."

Was die Lernwerkstatt für die jungen Flüchtlinge bietet, zeigte Hubert Schmalhofer auf: "Unser Part war es, den jungen Leuten tagesstrukturierende Maßnahmen anzubieten mit Deutsch als Zweitsprache und ihre schulische Leistungsfähigkeit abzuklären", gibt Hubert Schmalhofer, der Leiter der Lernwerkstatt, Auskunft. "Das Staatsministerium hat die Zentralen Inobhutnahmestellen Ende 2015 wieder aufgelöst", sagt Schmalhofer. In dieser Situation habe die Lernwerkstatt in Kooperation mit den Jugendämtern und den Jobcentern der Stadt und des Landkreises Regensburg ab Mai 2016 eine Nachfolgemaßnahme konzipiert und angeboten. "Ein Glück für die jungen Menschen", so Schmalhofer. Geholfen habe dabei ein Sonderzuschuss der Diözese Regensburg in Höhe von 60.000 Euro für die Arbeit mit den jungen Flüchtlingen. Insgesamt 120.000 Euro der Diözese Regensburg fließen in die Maßnahmen der KJF für junge Flüchtlinge in Niederbayern und der Oberpfalz. Dafür bedankten sich KJF-Direktor Michael Eibl und Hubert Schmalhofer beim Bischof und Domkapitular Dr. Roland Batz, der das Anliegen für diese Förderung in das Domkapitel erfolgreich einbrachte.

In der Lernwerkstatt befinden sich aktuell 13 Teilnehmer, die nach Deutschland geflohen sind, in einer berufsvorbereitenden Maßnahme, drei weitere in einer Ausbildung. "Die meisten jungen Geflüchteten kommen aus Afghanistan und Syrien, aber auch aus Libyen oder Äthiopien", sagt Hubert Schmalhofer, "sie sind mittlerweile in einem Alter von 16 bis 21 Jahren." Die Lernwerkstatt habe ihre Maßnahme Modul A+ speziell für junge Geflüchtete konzipiert. Diese bekommen dort intensive pädagogische Unterstützung, lernen Deutsch als Zweitsprache und sie können sich beruflich orientieren und qualifizieren. Die Jobcenter und die Agentur für Arbeit vermitteln diese jungen Menschen in die Lernwerkstatt. "Drei von ihnen, die schon etwas länger in Deutschland sind und entsprechende Voraussetzungen mitbringen, machen gerade eine Ausbildung bei uns", so Schmalhofer weiter.

Große Sorgen macht sich der Einrichtungsleiter wegen der Abschiebungen junger Menschen etwa nach Afghanistan aber auch in andere als sicher eingestufte Herkunftsländer: "Sie sind zu uns gekommen, weil sie Schutz und Perspektiven suchen. Jetzt haben sie Angst und sind verunsichert. Die jungen Leute haben nur dann eine Zukunft, wenn ihnen die Politik auch eine anbietet. Was ist mit den Versprechen aus vergangenen Jahren? Zählen diese heute nicht mehr?" Unter großen Anstrengungen und unter Einsatz erheblicher finanzieller Mittel habe die KJF eine Versorgungs- und Betreuungsstruktur geschaffen, die immer die Integration im Fokus hatte, was politisch gewollt war. "Die Weichen für die Integration wurden gestellt, verschiedenste Qualifizierungsangebote sind erfolgreich vorangeschritten, aber was hilft das, wenn es nun einen anderen Plan gibt. Keiner will in Unsicherheit leben, jeder braucht doch ein Ziel und eine Perspektive", fordert Schmalhofer.

Weiterführende Informationen zur Lernwerkstatt:

220 junge Menschen haben aktuell in der Lernwerkstatt einen guten und Erfolg versprechenden Weg für ihr späteres berufliches Leben eingeschlagen. Die Hälfte von ihnen wird auf eine Ausbildung oder Arbeitsaufnahme vorbereitet, die andere Hälfte befindet sich in Ausbildung zum Fachpraktiker oder in einer Vollausbildung in einem von 28 Berufen in 12 Handwerks- und Dienstleistungsbereichen. In Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen probieren die Jugendlichen ihre Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten aus, orientieren sich und treffen eine Berufswahlentscheidung, um eine berufliche Erstausbildung aufnehmen zu können.



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