Regensburg, 2. November 2024
„Auch in diesem Jahr bin ich wieder gerne auf den Ziegetsberg gekommen, um mit Ihnen allen die Heilige Messe für die Verstorbenen des vergangenen Jahres zu feiern. Ich habe Papst Benedikt XVI. einmal gesagt, dass ich sozusagen stellvertretend für ihn, auch am Grab seiner Eltern und seiner Schwester beten werde. Seit Silvester 2022 können wir ihn nun in dieses Gebet mit hineinnehmen“, so begrüßte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer am Abend des Allerseelentages die Gläubigen, die zum Pontifikalamt in die Pfarrkirche St. Josef im südlichsten Stadtteil Regensburgs, nach Ziegetsdorf gekommen waren. Mit ihm feierte Pfarrvikar Pater Udochukwu Jude Ugorji SMMM aus Nigeria die Gedenkmesse für die 35 Verstorbenen aus der Pfarreiengemeinschaft St. Paul – St. Josef Regensburg.
Päpstliches Vermächtnis
In seiner Predigt nahm Bischof Rudolf die am 24. Oktober von Papst Franziskus veröffentlichte Enzyklika „Dilexit nos“, zu Deutsch: „Er hat uns geliebt“ in den Blick, ein Lehrschreiben, das von der Thematik her überrascht und als Vermächtnis des bald 88-jährigen Papstes gesehen werden kann. In seiner vierten Enzyklika greift er, zur Überraschung vieler, die Herz-Jesu-Verehrung auf, die eher eine traditionelle Form der Frömmigkeit ist, und die man nicht unbedingt mit Papst Franziskus in Verbindung bringt. Alle vorhergehenden Lehrschreiben und Aktionen des Papstes, so Bischof Rudolf, „sollen im Licht dieses Vermächtnisses gelesen werden“. Die Trostbotschaft, „Er hat uns geliebt“, passe daher auch gut zum Allerseelentag.
Das Urwort Herz
In der deutschen Sprache, ob alltäglich oder in der Dichtkunst, ist das Herz nicht wegzudenken. Wir senden herzliche Grüße. München bezeichnet sich sogar als „Weltstadt mit Herz“. Wir können unser Herz einer Person gegenüber verschließen oder öffnen oder sie ins Herz schließen. Und wirft man einen Blick auf sein Smartphone, dann ist das Herz-Emoji wohl das meist verwendete und das unmissverständlichste Symbol. Das Herz ist aber auch ein biblisches Thema. Es steht für die Mitte der Person, für die Gesamtheit von Verstand, Wille und Gemüt. So betet der hl. Kirchenvater Augustinus: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet bei Dir“.
Glaube ist Herzensbeziehung zu Gott
Biblischer Bezugspunkt ist die Szene aus dem Johannes-Evangelium: Durch den Lanzenstich des Soldaten fließen Blut und Wasser aus dem geöffneten Herzen Jesu. Auch wenn er von dieser Welt gegangen ist, bleibt seine Liebe über den Tod hinaus. Bereits in der Antike und dann ganz ausgeprägt im 17. Jahrhundert greift die Herz-Jesu-Verehrung dieses Bild des Glaubens auf und entfaltet eine eigene Frömmigkeit. Federführende Personen waren die französische Mystikerin und Ordensfrau, die hl. Margareta Maria Alacoque (1647-1690), und deren geistlicher Begleiter, der hl. Pater Claude de la Colombière SJ (1641–1682). In einer Vision hatte sie den Auftrag erhalten, sich für die Einführung des Herz-Jesu-Festes einzusetzen. Aus einem Gebet seines jesuitischen Mitbruders zitiert Papst Franziskus, das mit den Worten beginnt: „Mein Gott, ich bin so überzeugt, dass du über jene wachst, die auf dich hoffen…“ Dieses Gebet sieht Bischof Rudolf als die Antwort auf die große Liebeserklärung Gottes an den Menschen durch seinen Sohn Jesus Christus. Zum Ende seiner Predigt schlug er einen Bogen zum Tagesevangelium (Johannes 14,1-6) und den Worten Jesu: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren.
Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ Dass unsere Verstorbenen dort ankommen mögen, dafür erbat der Bischof das Gebet der Anwesenden.
Ziegetsdorf – Regensburg - Rom
Nach dem Pontifikalamt begab sich Bischof Rudolf mit dem Liturgischen Dienst und einigen Gläubigen auf den benachbarten Friedhof zur letzten Ruhestätte der Familie Ratzinger. Die Schwester der Ratzinger-Brüder, Maria Ratzinger (1921-1991), war zum Allerseelentag 1991 wie immer bereits einige Tage zuvor von Rom nach Regensburg gekommen, um noch einige Besorgungen zu machen und verstarb dort am 2. November. Joseph Kardinal Ratzinger schrieb damals in seinem Kondolenz-Dankschreiben: "... ihre Seele aber wissen wir in Gottes gütigen Händen geborgen, der ihr all das vergelten wird, was sie so still und unauffällig Tag um Tag ohne Schonung ihrer Kräfte getan hat". Im Familiengrab auf dem Ziegetsdorfer Friedhof wurde sie dann neben ihren Eltern Joseph Ratzinger (1877-1959) und Maria Ratzinger geb. Peintner (1884-1963) beigesetzt, die die drei Geschwister 1974 von Traunstein hatten umbetten lassen. Ihr Bruder, der Apostolische Protonotar und Domkapellmeister, Georg Ratzinger (1924-2020) fand seine letzte Ruhestätte in der Stiftungsgruft der Domspatzen auf dem „Unteren Katholischen Friedhof“ neben seinem Vorgänger Theobald Schrems (1893-1963). Ihr Bruder Papst emeritus Benedikt XVI., geb. Joseph Aloys Ratzinger (1927-2022), wurde in den vatikanischen Grotten von St. Peter in Rom im ehemaligen Grab seines Vorgängers, Papst Johannes Paul II. (1920-2005), beigesetzt.
Text und Fotos: Carl B. Prämaßing
(jas und SG)