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Bischof Rudolf zu seiner erneuten Berufung ins Glaubensdikasterium

„Ich hatte nicht damit gerechnet“

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Regensburg, 29. Mai 2024

Papst Franziskus hat die Mitgliedschaft des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer im Dikasterium für die Glaubenslehre im Vatikan für weitere fünf Jahre verlängert. Dazu gab der Bischof Redaktionsleiter Veit Neumann und Redakteur Karl Birkenseer von der Regensburger Katholischen Sonntagszeitung ein Interview.

Herr Bischof, zum zweiten Mal seit 2014 ist Ihre Mitgliedschaft im Dikasterium für die Glaubenslehre verlängert worden. Was bedeutet dieser Vertrauensbeweis des Papstes für Sie persönlich?

Ich hatte ehrlich gesagt nicht mehr damit gerechnet, umso mehr freut es mich, und ich will weiterhin versuchen, nach meinen Möglichkeiten konstruktiv mitzuarbeiten.

Thema der Vatikanischen Glaubensbehörde ist die Dogmatik – ein Begriff, den die säkularisierte Gesellschaft geradezu als „Teufelszeug“ ansieht. Was halten Sie solcher Polemik als ehemaliger Dogmatikprofessor entgegen?

Der dogmatische Antidogmatismus von Teilen der säkularen Gesellschaft ist zum Teil sehr amüsant, ebenso wie die mit größter Leidenschaft behauptete Wahrheitsunfähigkeit des Menschen. Aber im Ernst: Es geht um den Glauben als Antwort auf die Selbstmitteilung Gottes zum Heil für die Welt. Der Glaube ist keine Erfindung der Menschen, sondern Geschenk Gottes und der Kirche zur Bezeugung und Weitergabe anvertraut. Der Wahrheitsanspruch der christlichen Botschaft ist nicht ein angemaßter, sondern entspricht dem demütigen Bekenntnis zu Jesus dem Herrn, der in seiner Person der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. In einer Welt, in der alles funktionalisiert erscheint, alles nur vorläufig und zur Probe geschieht, ist die nicht-hypothetische Lebensentscheidung im Glauben eine (heilsame!) Provokation.

Sie haben in letzter Zeit immer wieder betont, dass die Säkularisierung nicht aufzuhalten sei. Ist das eher ein Grund zur Resignation oder eher ein Ansporn für Sie?

Zunächst ist es auch eine Art Entlastung – so jedenfalls hat es Professor Detlef Pollack in Erläuterung der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung 2023, der „KMU 6 Studie“, vorgestellt. Die Säkularisierung, verbunden mit einer Individualisierung der Glaubenseinstellung betrifft alle Konfessionen. Die unterschiedlichen Arten und Weisen, darauf zu reagieren – durch strukturelle Änderungen oder Anpassung – haben offensichtlich keine Auswirkung. Daher der Ratschlag, sich auf die Kernaufgabe zu konzentrieren, den Glauben froh und würdig zu feiern und zu verkünden, Gutes zu tun, den Menschen nahe zu sein. Ob der Mensch von Natur aus religiös ist und sich – angesichts des Rätsels seines eigenen Todes – unweigerlich vor die letzten Fragen und damit auch vor die Gottesfrage gestellt sieht, lässt sich empirisch, glaube ich, nicht widerlegen.

Papst Franziskus soll am Anfang seiner Amtszeit die Parole ausgegeben haben, man solle Briefe der Glaubenskongregation zwar zur Kenntnis nehmen, dann aber auch wieder beiseitelegen. Ein für Sie nachvollziehbarer Ansatz?

Nach meiner Beobachtung schätzt Papst Franziskus die Arbeit des Dikasteriums für die Glaubenslehre sehr. Dass er jetzt seinen langjährigen Vertrauten zum Präfekten gemacht hat, spricht auch dafür.

Was ist Ihr spezieller Arbeitsbereich im Glaubensdikasterium, und welche Gestaltungsmöglichkeiten sind damit verbunden?

Mir wie allen anderen Mitgliedern werden alle Dokumente (Texte oder disziplinarische Urteile), die in der Regel von Experten vorbereitet werden, zur Begutachtung vorgelegt. Ich bin aufgefordert, Stellung zu nehmen, Verbesserungen oder Korrekturen einzubringen. Natürlich konzentriere ich mich besonders auf die Themen, bei denen ich mir von meinen Kompetenzen und Erfahrungen her ein begründetes Urteil zutraue. Es kam vor, dass Texte zur vollständigen Überarbeitung zurückgegeben wurden, bei anderen waren nur geringfügige Modi notwendig. Im Falle von „Dignitas infinita“ hat ein längerer Entstehungsprozess zu einem sehr guten Ergebnis geführt. Bei „Fiducia supplicans“ waren wir nicht einbezogen, was auch kritisch vorgebracht wurde bei der letzten Vollversammlung. Trotzdem stehe ich auch hinter diesem Text, der eine beachtliche und innovative Lehre bezüglich des „Segens“ bringt und etwas erlaubt, was nie verboten war. (Siehe „Dignitas infinita“ rechts)

Wie oft sind Sie für das Dikasterium in Rom? Finden Gespräche und Austausch auch online statt?

Normalerweise findet etwa alle vier Wochen eine sogenannte Feria quarta-, also Mittwochs-Konferenz statt, und alle zwei Jahre eine einwöchige Vollversammlung, die sogenannten Plenaria. Die Corona-Pandemie hatte zu einer Unterbrechung geführt. Aber mittlerweile, auch durch den neuen Präfekten und die neuen Sekretäre, normalisiert sich der Arbeitsrhythmus wieder. Online-Konferenzen gab es nicht.

Ist die Verlängerung Ihrer Mitgliedschaft ein Signal in der Diskussion um Synodalität und Synodalen Weg in Deutschland? Oder ist die Zusammensetzung der Glaubensbehörde so ausgewogen, dass auch die jeweilige Gegenposition vertreten ist?

Aus dem deutschen Episkopat bin ich tatsächlich das einzige Mitglied. Andererseits sollte man die Bedeutung des deutschen Synodalen Wegs nicht zu hoch veranschlagen. Ich wurde 2014 und 2019 ohne diesen Hintergrund berufen. Ich habe freilich seither meine Einschätzung auch in Rom freimütig kundgetan. Das hat offensichtlich der Verlängerung meines Mandats nicht geschadet.

Sie haben bisher drei verschiedene Präfekten erlebt. Welche Unterschiede weisen sie auf?

Es sind tatsächlich drei sehr unterschiedliche Charaktere und theologische Köpfe. Kardinal Müller ist ja mein Lehrer und Doktorvater. Zu ihm gab es einen engen und freundschaftlichen Kontakt. Mit seinem Denken und seiner Art, die Themen mit einem phänomenalen Wissen, klarem analytischen Verstand und tiefer Verwurzelung im Glauben anzupacken, bin ich seit Studienzeiten vertraut, und sie liegen mir vor dem Hintergrund der deutschen Universitätstheologie auch am nächsten. Kardinal Ladaria schätze ich wegen seiner profunden patristischen Kenntnisse und seiner väterlichen Art. Er war an den Vorgängen in Deutschland immer äußerst interessiert, aber auch darüber sehr besorgt. Kardinal Fernández habe ich bei den letzten Plenaria erst näher kennengelernt. Ich bewundere seine Schaffenskraft, seine ruhige und durch nichts zu erschütternde klare Linie, auf der Basis des nicht antastbaren Depositum fidei die Impulse von Papst Franziskus treu umzusetzen. Wir verstehen uns gut. Dass ich von allen drei Präfekten bzw. auf deren Vorschlag hin vom Papst berufen wurde, im Dikasterium mitzuarbeiten, freut mich und macht mich auch ein bisschen stolz.

Haben Sie Glückwünsche zur Verlängerung Ihres römischen „Mandats“ erhalten? Von wem ja, von wem nein?

Es haben mich tatsächlich etliche Gratulationen erreicht von Mitbrüdern, Freunden und Bekannten, die meine Haltungen unterstützen und die sich deshalb darüber gefreut haben.

 

Das Interview führten Karl Birkenseer und Prof. Dr. Veit Neumann, Katholische Sonntagszeitung für das Bistum Regensburg; Ausgabe 22 vom 1./2. Juni 2024, IV-V.

(to)

Weitere Infos

„Dignitas infinita“

ist eine Erklärung des Dikasteriums für die Glaubenslehre, die die Unterschrift von Papst Franziskus vom 25. März 2024 trägt. Demnach fördert die Kirche die Menschenwürde und macht sich zu ihrem Garanten. Nach der Begründung des Konzepts der Menschenwürde werden „schwere Verstöße“ gegen sie genannt: u.a. Armut, Krieg, das Leiden der Migranten, der Menschenhandel, sexueller Missbrauch, Gewalt gegen Frauen, Abtreibung, Leihmutterschaft, Euthanasie sowie der assistierte Suizid, die Zurückweisung von Menschen mit Behinderungen, die Gender-Theorie und Geschlechtsumwandlung. „Fiducia supplicans“, eine Erklärung des Glaubensdikasteriums aus dem Jahr 2023, die die Bedeutung der katholischen Ehe-Lehre unterstreicht. In diesem „Horizont“ liege die Möglichkeit der Segnung von „Paaren in irregulären Situationen und von gleichgeschlechtlichen Paaren“. Die Form einer solchen Segnung dürfe aber von den kirchlichen Autoritäten nicht rituell festgelegt werden, um keine Verwechslung mit dem dem Ehesakrament eigenen Segen hervorzurufen (FS III.31). Vor allem seien solche Segnungen nicht mit einem Sakrament zu verwechseln (FS 3.36).



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