Bischof Gerhard Ludwig Müller überreicht dem Heiligen Vater den zweiten Band der Gesammelten Schriften – Papst verfolgt mit Aufmerksamkeit und Freude Edition seiner Arbeiten
In Castel Gandolfo nahm der Heilige Vater am Sonntag nach dem Angelus aus den Händen Bischof Ludwig Müllers ein entscheidendes Dokument seiner persönlichen Geschichte als Wissenschaftler und Theologe entgegen. Der zweite Band der Gesammelten Schriften von Joseph Ratzinger führt weit zurück ins Jahr 1955, als der junge Joseph Ratzinger an der theologischen Fakultät der Ludwig Maximilians Universität zu München seine Habilitationsschrift einreichte. Wählte er sich auch mit dem Heiligen Bonaventura und seiner Theologie ein Thema des 13. Jahrhunderts aus, so erkennt der Leser unverzüglich, wie sehr die Arbeit mit seinem Lebensthema, dem Verhältnis von Glauben und Vernunft, verbunden ist. Wie wendet sich Gott an die Menschen und wie können wir dieser Ansprache vernünftig begegnen? Diese Frage bearbeitet der scholastische Kirchenlehrer des Mittelalters ebenso wie Joseph Ratzinger als Theologe, als Kardinal und als Oberhaupt der katholischen Kirche.
Der Heilige Vater, so Bischof Gerhard Ludwig Müller, habe sich froh darüber gezeigt, dass innerhalb kurzer Zeit bereits der Zweite, von 16 projektierten Bänden seiner Opera Omnia erschienen sei. Dabei verfolge er den Fortgang dieser Edition mit großem Interesse, da es sich ja um sein eigenes theologisches Werk handele. „Dieses theologische Werk bekommt jetzt mit dem Kontext dieser Ausgabe auch eine systematische Strukturengestalt. Im Laufe der langen Jahrzehnte sind eine Vielzahl von Beiträgen, Aufsätze, Artikel entstanden, die oft auf bestimmten Anlass bezogen waren. Aber jetzt eben geht es darum auch die Systematik herauszustellen und die Anordnung sichtbar zu machen. Auch so, wie es der Papst selber in der Vorbereitung der einzelnen Bände vorgibt und wie es sich dann im Gespräch mit ihm heraus kristallisiert“, erklärte der Regensburger Oberhirte als Herausgeber der Gesammelten Schriften.
Im vorliegenden Band zeige sich, welch bedeutende Figur Bonaventura im großen Fluss der 2000-jährigen katholischen Theologie darstelle. Papst Benedikt XVI. habe es in seinen Abhandlungen zu verstehen vermocht, seine Theologie fruchtbar zu machen für den gesamten theologischen Prozess und damit auch seine Bedeutung für die Kirche und der Welt von heute darzustellen, hob Bischof Gerhard Ludwig Müller hervor.
Man sah dem Heiligen Vater die Freude an, als er das Buch mit seinen wissenschaftlichen Wurzeln in den Händen hielt. Der Papst betrachtete den 912 Seiten starken Band, gedruckt auf festem Papier und in ästhetisch-schlichtem Einband, für einige Minuten, und dankte dann herzlich den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Bischof Gerhard Ludwig dabei unterstützen, sein Werk in dieser autorisierten und wissenschaftlich umfassenden Form herauszugeben. Der Papst fühlte sich sichtlich wohl im Kreis der aktuell führenden Bonaventura-Forscher, die sich zuvor im Geburtsort des Heiligen, in Bagnoregio mit Bischof Gerhard Ludwig Müller zu einem 2-tägigen Colloquium getroffen hatten, um den aktuellen Stand theologischer Forschung auszutauschen. Die Aktualität Bonaventuras wurzelt in der Auseinandersetzung mit der Säkularisierung, der sich die Kirche heute stellen muss. Die Frage, wie des Menschen Vernunft und der Glaube an der dreifaltigen Schöpfergott zusammenwirken und einander bedingen.
Papst Benedikt XVI. hatte Ende 2006, im Jahr des Pastoralbesuches des Heiligen Vaters in Regensburg, Bischof Gerhard Ludwig Müller mit der Herausgabe seiner Gesammelten theologischen Schriften beauftragt und damit die Umsetzung dieses Mammutprojektes vertrauensvoll in dessen Hände gelegt. Zur wissenschaftlichen Begleitung dieses Projekts gründete Bischof Müller das Institut-Papst-Benedikt XVI. in Regensburg. Hauptaufgabe dieses Instituts ist die Sammlung und Bereitstellung des gesamten gedruckten und ungedruckten Werkes des Theologen, Bischofs und Papstes Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. sowie der biographischen und theologischen Kontexte. Alle 16 Bände erscheinen im Herder Verlag in Freiburg im Breisgau.