News Bild Bischof Gerhard Ludwig Müller feiert mit den Regensburger Gläubigen am ersten Weihnachtsfeiertag die Heilige Messe im Dom St. Peter - „Jeder Mensch ist Sohn und Tochter in Jesus Christus, dem Wort, das bei Gott war“

Bischof Gerhard Ludwig Müller feiert mit den Regensburger Gläubigen am ersten Weihnachtsfeiertag die Heilige Messe im Dom St. Peter - „Jeder Mensch ist Sohn und Tochter in Jesus Christus, dem Wort, das bei Gott war“

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Der Hohe Dom St. Peter war am 1. Weihnachtsfeiertag dicht mit Gläubigen gefüllt, die die Heilige Messe mit Bischof Gerhard Ludwig Müller feierten. Die Regensburger Domspatzen unter der Leitung von Domkapellmeister Roland Büchner und die Choralschola (Leitung Kathrin Giehl) gestalteten die festliche Liturgie musikalisch. Domorganist Professor Franz Josef Stoiber ließ die Regensburger Domorgel festlich erklingen.

In seiner Predigt ging der Regensburger Bischof auf den Sinn des Lebens ein, den viele Menschen in einer Welt geprägt von Materialismus und Außenwirkung suchten: „Der Graben zwischen materiellem Wohlstand und geistiger Armut, von Arroganz gegenüber dem Glauben an Gott und der Verzweiflung an sich und der Welt ist gewaltig und unüberbrückbar geworden. Wer könnte denn seinem Leben selbst einen Sinn geben oder sich von seinesgleichen einen Sinn stiften lassen?“ fragte der Bischof. Selbsterlösung sei nicht möglich, auch wenn dies von „exotischen Gurus und heimischen Welterklärern“ so dargestellt werde.

Tatsächlich sei der Mensch ein Vakuum, eine Leere, ein Abgrund, ein Geheimnis, das nach Sinn, Erfüllung, Glück, Erkenntnis, Wissen und dem Überschreiten irdischer Grenzen geradezu schreit und bettelt. Der Mensch ist die Suche nach dem Sinn des Seins. Dieser Sinn müsse aber „vor der Zeit und jenseits des Geschaffenen“ liegen. Genau hier offenbare sich „das WORT, das vor allem Anfang in der Zeit schon bei Gott war und Gott ist. Das WORT ist Sinn, Erkenntnis, Zuspruch und Vernunft. Alles, was geworden ist, ist im WORT erschaffen, hat Anteil am Sinn und ist darum die Offenbarung Gottes in allen Dingen seiner Schöpfung. Gottes Sinn und WORT macht unseren Geist hell und gibt uns Leben – ein Leben in wahrhaft menschlicher Bedeutung und Würde“.

Christus, der Erlöser, sei der Sohn Gottes, der das WORT sei. Seine Menschwerdung, also die Menschwerdung Gottes, wertete der Regensburger Oberhirte als eine „ungeheure Bestätigung des Menschen, den ER, Gott, Geschaffen hat.“ Das Christentum habe das positivste Menschenbild, denn schließlich habe sich Gott in seinem Sohn als Mensch unter Menschen auf die Erde begeben und sich dem Joch des Lebens, des Schmerzes und des Todes ausgesetzt, um all jene Menschen davon zu erlösen, die an das WORT glauben und ihr Leben als Söhne und Töchter Gottes begriffen. „Gott die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16), zitierte der Bischof aus der Heiligen Schrift. Die Sinnstiftung des Lebens durch Gott werde den Sieg davon tragen über Zerstörung und Vernichtung. Das Christentum sei kein „moralisches Aufrüstungsprogramm. Und kein System von Werten oder Anstoß zu irgendeiner vergänglichen Kultur. Christentum ist nichts anderes als die Wirklichkeit, dass wir…. als Söhne und Töchter Gottes angenommen sind.“

Jeder Christ, der sich als Kind Gottes erkenne, dürfe sich auf ein gutes Leben verlassen, das auch nach dem Tod nicht ende. „Er ist nicht mehr der Gefangene der Kontingenz der Welt, ein Spielball der ständig wechselnden Gefechtslage im Interessenkampf, der lässt sich nicht von antikirchlichen Kampagnen das Gottvertrauen ausreden“. Bischof Gerhard Ludwig Müller rief dazu auf, sich der eigenen Berufung gemäß, sei es als Priester, Ordensangehöriger oder Laie auch bei widrigen Umständen für die Verkündigung der Heilsbotschaft und das Wohl der Mitmenschen einzusetzen. Gleichzeitig bestärkte er die Gläubigen darin, an Weihnachten voller Freude in die Kirche zu gehen und die alltäglichen Sorgen zu vergessen. Es gebe schließlich Anlass zu feiern: Das Ereignis der Menschwerdung Gottes und die Geburt der Menschen als Söhne und Töchter Gottes.

Am Nachmittag feierte Bischof Gerhard Ludwig Müller im gut besuchten Dom St. Peter mit zahlreichen Gläubigen eine Pontifikalvesper.


Predigt von Bischof Gerhard Ludwig Müller im Wortlaut:

Wer an Weihnachten in die Kirche geht, möchte eine schöne Liturgie mitfeiern, die alt vertrauten Lieder singen, die unser Herz rühren, und voller Freude wieder nach Hause gehen. Einmal ein paar Tage verschont bleiben von Problemen, einmal nichts mitbekommen von den Schlechtigkeiten dieser Welt, mit denen wir erbarmungslos jeden Augenblick über die Medien konfrontiert werden, ein paar ruhige Stunden erleben im Kreis der Lieben ohne Berufstress und ständige Kontrolle durch missgünstige Nachbarn und Kollegen. Und das ist recht so, denn in Verkündigung und Liturgie geht es nicht um die Fortsetzung des irdischen Lamentos mit religiösen Mitteln. An diesem Hohen Fest geht es nicht um Probleme, sondern um ihre Lösung: die Wahrheit des Menschen im Lichte der Offenbarung Gottes.

Wie oft wird in einer materialistischen Welt von einem Sinn-Vakuum gesprochen, von der mangelnden geistigen und ethischen Orientierung der Jugend, der politischen und ökonomischen Klasse und der berufsmäßigen Sinnstifter. Der Graben zwischen materiellem Wohlstand und geistiger Armut, von Arroganz gegenüber dem Glauben an Gott und der Verzweiflung an sich und der Welt ist gewaltig und unüberbrückbar geworden. Wer könnte denn seinem Leben selbst einen Sinn geben oder sich von seinesgleichen einen Sinn stiften lassen? – Die politischen Ideologien der Selbsterlösung und die exotischen Gurus und heimischen Welterklärer machen lediglich das Chaos offenbar, das ihr Programm eines Humanismus und Posthumanismus ohne Gott notwendig zur Folge hat.

Der Mensch ist in der Tat ein Vakuum, eine Leere, ein Abgrund, ein Geheimnis, das nach Sinn, Erfüllung, Glück, Erkenntnis, Wissen und dem Überschreiten irdischer Grenzen geradezu schreit und bettelt. Der Mensch ist die Suche nach dem Sinn des Seins, der aber vor der Zeit und jenseits des Geschaffenen liegen muss.

Hier offenbart sich der logos, das WORT, das vor allem Anfang in der Zeit schon bei Gott war und Gott ist. Das WORT ist Sinn, Erkenntnis, Zuspruch und Vernunft. Alles, was geworden ist, ist im WORT erschaffen, hat Anteil am Sinn und ist darum die Offenbarung Gottes in allen Dingen seiner Schöpfung. Gottes Sinn und WORT macht un-seren Geist hell und gibt uns Leben – ein Leben in wahrhaft menschlicher Bedeutung und Würde.

Alles Geschaffene hat einen Sinn und verweist auf den Sinn, den logos, das WORT, das Gott in alle Geschöpfe eingestiftet hat. Der Mensch sucht nach Sinn und ist Hörer des WORTES, das von Gott kommt. Darum kommt der Sohn Gottes, das WORT, das Gott ist, in sein Eigentum.
Er wird nur dann von den Seinen nicht erkannt und aufgenommen, wenn die Gedanken der Menschen finster sind und ihr Herz böse. „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“ (Joh 1,12).
Christus ist unserer Vernunft Sinn und Licht und unserem Willen das Gute, das anzustreben ist. In IHM sind „alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen“ (Kol 2,3). In IHM hat „Gott die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat“ (Joh 3,16).
Die Menschwerdung Gottes ist eine ungeheure Bestätigung des Menschen, den ER geschaffen und in ein Sohnesverhältnis zu sich berufen hat. Darum hat das Christentum das denkbar positivste Menschenbild! Ohne die Sünde und das Leid zu bagatellisieren, wissen wir, dass die Sinnstiftung durch Gott, unseren Schöpfer und Retter, stärker ist und den Sieg davontragen wird über die Lust am Zerstören und Vernichten, über Zyniker und brutale Menschenverächter.

Das Christentum ist keine von Menschen gemachte Religion, kein moralisches Aufrüstungsprogramm, kein System von Werten oder Anstoß zu irgendeiner vergänglichen Kultur. Christentum ist nichts anderes als die Wirklichkeit, dass wir in Jesus Christus dem ewigen WORT, das bei Gott war und das Gott ist, dem ewigen Sohn des Vaters im dreieinigen Gott, als Söhne und Töchter Gottes angenommen sind.

Der Apostel Paulus hat in seinem literarisch frühesten Zeugnis die Weihnachtsbotschaft so gefasst: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz (d.h. der Sklaverei der Sünde und des Todes) unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen. Weil ihr aber Söhne (und Töchter) seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater. Daher bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn (und Tochter); bist du aber Sohn, dann auch Erbe (d.h. des göttlichen und damit ewigen Lebens), Erbe durch Gott“ (Gal 4,4-7).

Wer weiß und glaubt, dass er als Mensch Person ist und dazu berufen ist, in der Gnade Christi Sohn und Tochter Gottes zu heißen und zu sein, der kann nicht mehr am guten Ausgang seiner Biographie und der Weltgeschichte zweifeln. Er ist nicht mehr der Ge-fangene der Kontingenz der Welt, ein Spielball der ständig wechselnden Gefechtslage im Interessenkampf, der lässt sich nicht von antikirchlichen Kampagnen das Gottvertrauen ausreden und die Bereitschaft, sich für sein Reich auch unter widrigen Bedingungen einzusetzen.

Als Kinder Gottes beten wir voller Vertrauen zu Gott, unserem Vater im Himmel, der für unser geistliches, geistiges und leibliches Wohl sorgt. Gerade weil wir frei sind vom Getriebe der Welt und ihren Mechanismen der Meinungsmache und Manipulation ganz iridisch-selbstsüchtiger Interessen, sind wir auch frei, für das ewige Heil und das irdische Wohl unserer Mitmenschen zu sorgen, sei es in einer geistlichen Berufung als Priester, Diakon, als Ordensmann und Ordensfrau, sei es als Christ in Ehe und Familie, im Beruf und Dienst am Gemeinwohl in Politik, Kultur und Wissenschaft, in Wirtschaft und im Dienst an Frieden und Gerechtigkeit in der einen Völkerfamilie.

Wenn wir die Weihnachtsbotschaft mit frohem und freien Herzen hören, das Ereignis der Menschwerdung Gottes und unsere Geburt als Söhne und Töchter Gottes in der Liturgie feiern und in diesen Tagen innerlich zur Ruhe finden, dann wissen wir auch um den Grund dieses weihnachtlichen Jubels, der uns zukunftsfähig, kinderfreundlich und weltoffen werden lässt: Gott ist zu seinem Volk gekommen, wie es der Prophet Jesaja angekündigt hatte (vgl. Jes 52). In Christus ist Gottes Königsherrschaft aufgerichtet.

„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt. Die Herrschaft liegt auf seiner Schulter; man nennt ihn: Wunderbarer Ratgeber, Starker Gott, Vater in Ewigkeit, Fürst des Friedens“ (Jes 9,5).

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14).



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