Am kommenden Wochenende werden in ganz Bayern die Pfarrgemeinderäte neu gewählt. Weniger bewusst ist, dass derzeit in vielen Unternehmen auch über die Betriebsratsgremien abgestimmt wird. Alle vier Jahre finden diese im Zeitraum von März bis Mai statt. Mit den aktuellen Wahlen endet in den meisten Unternehmen somit eine Amtszeit, die in der zweiten Hälfte von den enormen Herausforderungen rund um die Bewältigung der Pandemie geprägt war.
Große Herausforderungen in Zeiten von Corona
Im Bereich des Bistums Regensburg pflegt die katholische Betriebsseelsorge engen Kontakt zu vielen Betriebsratsgremien und ist über viele Jahre hinweg zum vertrauten Ansprechpartner für die Betriebsräte geworden. Die Mitglieder der Mitbestimmungsgremien haben in den letzten vier Jahren Großes geleistet, wie Richard Wittmann, der Leiter der Betriebsseelsorge, betont. Betriebsräte hätten dazu beigetragen, dass Schutzkonzepte auf den Weg gebracht wurden und die Gesundheit der Beschäftigten an oberster Stelle stand. Zudem musste eine gerechte Kurzarbeit geregelt werden und zusammen mit der Unternehmensleitung Qualifizierungsmaßnahmen erarbeitet werden. Christine Schmid, Gemeindereferentin und seit gut einem Jahr als Betriebsseelsorgerin im Dienst, hat vor allem die Betriebe im niederbayerischen Bereich der Diözese im Blick. Sie erinnert daran, dass das Ziel der Mitbestimmung eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und der Vertretung der Arbeitnehmenden sei. Das komme im Betriebsverfassungsgesetz sehr deutlich zum Ausdruck und werde in der Regel so auch im betrieblichen Alltag gelebt.
Würde des Menschen ins Zentrum der Wirtschaft rücken
Einzelne Betriebe hätten schon gewählt, berichtet Richard Wittmann. In den meisten Industrie- und Dienstleistungsbetrieben, aber auch in größeren Handwerksbetrieben stehen die Abstimmungen in den kommenden Wochen noch an. Das sei diesmal unter Pandemiebedingungen gar nicht so einfach, da sich viele Beschäftigte im Homeoffice oder wegen der Engpässe bei den Lieferketten in Kurzarbeit befänden. Für Richard Wittmann gehört es zum Kerngeschäft der Betriebsräte, für gute Arbeit, gutes Betriebsklima und Gerechtigkeit im Unternehmen zu sorgen. Gewählte und mit dem Vertrauen der Kolleginnen und Kollegen ausgestattete Arbeitnehmervertretungen würden dazu beitragen, dass der Mensch nicht zum „Kostenfaktor oder zu einer Nummer reduziert wird, sondern aufgrund seiner ihm eigenen Würde ins Zentrum allen Wirtschaftens gerückt wird. So wie es die katholische Soziallehre seit weit über hundert Jahren fordert.“ „In seiner Sozialenzyklika Laborem exercens (1981) habe Papst Johannes Paul II. vom Prinzip des Vorrangs der Arbeit gegenüber dem Kapital gesprochen,“ so Christine Schmid. Und weiter: „Für den ‚Arbeiterpapst‘ war klar, dass der Mensch nicht zum Objekt der Arbeit gemacht werden darf. Es gehe daher darum, die Arbeitswelt so auszugestalten, dass die Würde des arbeitenden Menschen und seine Rechte garantiert sind.“ Dazu würden Betriebsräte, Personalräte oder auch Mitarbeitervertretungen wesentlich beitragen.
Nicht leicht, aber wichtig
Richard Wittmann hat viel persönlichen Kontakt zu Betriebsräten. Er weiß, dass die Tätigkeit in den Arbeitnehmervertretungen nicht immer leicht ist. Oft sitzen sie zwischen zwei Stühlen. Trotzdem mache es vielen Betriebsratsmitgliedern Freude, sich für Gerechtigkeit und für die Belange der Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen einzusetzen. In Begegnungen erlebe er Betriebsräte als enorm kompetent. Vom Arbeits- und Betriebsrecht bis sogar zum Seelsorger, müssen sie alles können. „Ich bin immer wieder beeindruckt von dem, was Betriebsräte leisten!“ so Wittmann. Die Mitbestimmung in Deutschland und auch in unserer Region sei durchaus noch ausbaufähig, wie Christine Schmid betont. „Ängste und Vorbehalte bei Unternehmensleitungen seien unbegründet. Studien hätten sehr deutlich gezeigt, dass mitbestimmte Betriebe mittel- und langfristig erfolgreicher unterwegs seien als andere.“ Ein Grund mehr, dort wo es noch keinen Betriebsrat gibt, einen solchen auf den Weg zu bringen und den Kandidaten mit einer guten Wahlbeteiligung den Rücken zu stärken.
Dies gerade auch, weil Betriebsräte vor großen Herausforderungen stehen. „Es wird vor allem auch darum gehen, all die wirtschaftlichen Auswirkungen zu begleiten, die der schreckliche Krieg in der Ukraine neben dem unendlichen Leid für die direkt Betroffenen mit sich bringt. Es wird darum gehen, die Lasten, die Arbeitszeit, die Einschränkungen gerecht zu verteilen, Unternehmen am Laufen zu halten und Härten abzumildern“ betont Richard Wittmann. „Es geht also um immense zusätzliche Herausforderungen. Nicht nur für die Unternehmensleitungen, sondern auch für die aktuell zu wählenden Betriebsräte.“