Das „Straubinger Tagblatt“ hat mit Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, der auch Vorsitzender des „Institutum Marianum Regensburg“ ist, ein Gespräch über die Bedeutung der Gottesmutter für den christlichen Glauben geführt. Im religiösen Leben Bayerns spielt Maria, die Mutter Christi, eine besondere Rolle. Sie ist die Schutzfrau unseres Landes („Patrona Bavariae“), deren Hochfest am 1. Mai gefeiert wird. Im Gespräch mit Markus Salzeder (Redakteur beim „Straubinger Tagblatt“) äußert sich Domkapitular Kreiml über die Gründe der Marienverehrung.
Bedeutung der Gottesmutter
„Maria ist ihrem Sohn besonders nah.“
Markus Salzeder: Herr Prof. Kreiml, warum haben gerade Erscheinungen, die mit der Gottesmutter zu tun haben, eine solche Strahlkraft?
Josef Kreiml: Im Zentrum unseres Glaubens stehen die Menschwerdung Jesu Christi und seine Auferstehung am Ostermorgen. Von Anfang an haben die Christen auch seine Mutter verehrt. Denn sie hat von Gott eine besondere Berufung erhalten und ihr Jawort gegeben. Die Strahlkraft von Marienerscheinungen hängt damit zusammen, dass die Gläubigen spüren: Maria ist ihrem Sohn besonders nah. Wir Menschen suchen immer Vorbilder. Die Heiligen und besonders Maria helfen uns, unseren eigenen Weg zu Gott zu finden. Die Kirche hat verschiedene Marienerscheinungen, zum Beispiel in Lourdes oder Fatima, als echt anerkannt. Was die Gottesmutter dort gesagt hat, entspricht ganz der Botschaft Jesu.
Von welchem Marienerscheinungsort sind Sie besonders fasziniert?
Josef Kreiml: Da muss ich Fatima nennen. Mitten in den Schrecken des Ersten Weltkriegs hat die Gottesmutter dort zu drei Kindern gesprochen, nicht zu Einflussreichen und „Mächtigen“. Maria ruft in Fatima zum Rosenkranzgebet für den Frieden auf – auch heute ein wichtiges Anliegen. Das „Institutum Marianum Regensburg“ hat 2017 das Buch „100 Jahre Botschaft von Fatima“ herausgegeben. Die meisten Päpste der letzten Jahrzehnte haben eine Wallfahrt zum Marienheiligtum in Fatima unternommen und zur Verehrung der Gottesmutter aufgerufen.
Ist Ihnen aus der näheren Umgebung ein ähnliches Phänomen bekannt?
Josef Kreiml: Aus der näheren Umgebung ist mir keine Marienerscheinung bekannt. Nur auf Erscheinungen zu schielen, könnte auch Ausdruck von Sensationslust sein. Das haben wir im Glauben gar nicht nötig. Entscheidend ist, dass wir die Freundschaft, die Jesus uns anbietet, annehmen und mit ihm vertraut werden. Er will uns Freude am Glauben schenken und uns die Kraft geben, das Evangelium in unserem Leben in die Tat umzusetzen. Maria hilft uns dabei und zeigt uns den Weg zu ihrem Sohn. Es gibt in unserer Umgebung viele Wallfahrtsorte, wie zum Beispiel Haader bei Laberweinting, an denen sich Gläubige am 13. Tag eines jeden Monats, den Erscheinungstagen in Fatima, zur Feier des Gottesdienstes versammeln, um sich von Maria im Glauben stärken zu lassen. Ich war in Haader schon mehrmals zur Eucharistiefeier und zur Predigt eingeladen.
Welcher Marienwallfahrtsort in der Region ist der bekannteste und was macht ihn so besonders?
Josef Kreiml: Da ist auf jeden Fall die Wallfahrtskirche auf dem Bogenberg zu nennen. Wallfahrtsorte sind geistliche Kraftzentren. Bereits um das Jahr 1100 ist eine Kirche mit einem Marienaltar auf dem Bogenberg bezeugt. Seitdem ist das dortige Gnadenbild zum Ziel vieler Pilgerinnen und Pilger geworden. Sie haben ihre Sorgen und Bitten und auch ihren Dank der Gottesmutter, der „Hilfe der Christen“, anvertraut. Seit rund 530 Jahren pilgern jedes Jahr an Pfingsten Wallfahrer aus Holzkirchen bei Vilshofen zu Fuß mit ihrer 13 Meter langen Kerze zum Bogenberg. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Wallfahrt zu diesem Marienheiligtum eine neue Blüte.
veröffentlicht in: Straubinger Tagblatt Nr. 78 / 6. April 2021, S. 3