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Angela Kreuz beim Literarischen Café der Ackermann-Gemeinde

„Picknick an der Grenze“

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Regensburg, 24. Oktober 2024

Die Ereignisse im Sommer und Herbst 1989, also vor 35 Jahren, standen im Fokus des jüngsten Literarischen Cafés der Ackermann-Gemeinde Regensburg. Die Schriftstellerin Angela Kreuz stellte im Café Pernsteiner by Sipl ihren bereits 2019 veröffentlichten Roman „Picknick an der Grenze“ vor und las einige Passagen daraus. Außerdem blickte sie auf ihren nächsten, bereits fertiggestellten Roman, der im böhmischen Bereich angesiedelt sein wird.

Der Buchtitel weise bereits auf eines der einschneidenden Ereignisse im Jahr 1989 hin, das Paneuropäische Picknick am 19. August 1989 an der ungarisch-österreichischen Grenze zwischen Sopor (Ödenburg) und Sankt Margarethen im Burgenland, erläuterte Prof. Dr. Bernhard Dick in seiner Begrüßung und Einführung. Der Diözesanvorsitzende konnte rund 20 an Literatur Interessierte begrüßen und erinnerte an weitere Ereignisse damals wie zum Beispiel die Ausreisezusage des damaligen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher für die DDR-Flüchtlinge in der Deutschen Botschaft in Prag. Dick selbst hat danach „den Mauerfall sehr emotional erlebt“, unter anderem anhand von vollständig leeren Regalen in Supermärkten. „Eine Geschichte aus dieser Zeit“ erzähle Angela Kreuz in ihrem Roman, leitete er zum Vortrag der Autorin über.

Recherchen zwischen 2016 und 2019

Ihr Roman spiele auf zwei Zeitebenen: zum einen Ende der 2010er Jahre, wo Erinnerungen an das Jahr 1989 ausgetauscht werden. Im Mittelpunkt steht Kitty, die als Sängerin einer Band für einen Musikauftritt im August 1989 – die zweite Zeitebene – eben an die ungarisch-österreichische Grenze reist und dieses in die Geschichte eingegangene Picknick mit allen dazugehörenden Aspekten mitbekommt. Zur Recherche habe Kreuz zwischen 2016 und 2019 viele Zeitzeugen getroffen und interviewt, einige davon seien dann zu Romanfiguren geworden – wie zum Beispiel der ungarische Grenzbeamte, der sich dem Schießbefehl widersetzt hat, oder die Fluchthelferin.

Die Roman-Hauptperson Kitty ist in Regensburg angesiedelt, weshalb immer wieder auch – wie im vorgetragenen ersten Textabschnitt – lokale (Mälze, Zuckerfabrik) und regionale (z.B. Anti-WAAhnsinns-Festival im Jahr 1986) Bezüge deutlich werden. Aber auch manche politischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Aspekte (Pershing, Musikzeitschrift „Spex“, Kassettenrekorder, Band „Barclay James Harvest“) spiegeln jene Zeit wider. Die Vorkommnisse im August 1989 werden durch TV-Nachrichten und -Berichte angedeutet, versehen mit Kommentaren der Roman-Protagonisten aus verschiedenen Perspektiven.

Damalige Grenzmodalitäten werden beschrieben

In der zweiten von Angela Kreuz vorgelesenen Szene macht sich Kitty mit ihrem Zündapp-Moped auf nach Ungarn. Nach einigen Pannen und Hindernissen, verbunden auch mit dem Kennenlernen mehrerer für die weitere Handlung wichtiger Personen kommt sie in Sopor an, wo die damaligen Grenzmodalitäten (Visum, Geldumtausch usw.) beschrieben werden. In der dritten vorgetragenen Passage aus dem Roman trifft Kitty ihre Tante Agnes, von der sie nicht nur vom niedergeschlagenen Ungarn-Aufstand im Jahr 1956 erfährt, sondern auch von den eigentlichen Gründen für die Vielzahl an DDR-Bürgern mit ihren Trabbis – dem Versuch oder der Chance zur Flucht in den Westen. „Die wollen alle weg oder wollen es wenigstens versuchen“, erklärt Agnes im Roman. Die Ungarn hatten übrigens schon am 1. Januar 1988 einen „Weltpass“ erhalten, der ihnen Reisen auch in nicht-sozialistische Länder erlaubte. Nach den drei gelesenen Abschnitten berichtete Angela Kreuz über ihre Recherchen für diesen Roman, die weiteren Entwicklungen und Schicksale einiger der realen Personen und zeigte Fotos, auf denen diese abgebildet sind. Besonders betonte sie die „halbe Minute Zeit für die Entscheidung“ seitens der damaligen Grenzbeamten, die schließlich in die Weltgeschichte eingegangen ist.

Neuer Roman im deutsch-tschechischen Bereich

Zum Abschluss informierte die Autorin kurz über ihren nächsten, bereits fertigen Roman, der ebenfalls auf zwei Zeitebenen (1945/46 – Flucht/Vertreibung sowie Gegenwart) spielt und im böhmischen bzw. deutsch-tschechischen Bereich angesiedelt ist. Auch einige autobiografische Aspekte finden sich darin: Angela Kreuz hat väterlicherseits Wurzeln in Böhmen und die Protagonistin des Romans spielt – wie auch sie – Cello. „Mein Vater wurde mit vier Jahren vertrieben, die Großeltern haben nie darüber gesprochen“, erklärte sie. In mühevoller Kleinarbeit hat sie die Hintergründe im Nachbarland recherchiert, so dass ein „Versöhnungsroman“ mit einer Liebesgeschichte entstanden ist. Dabei müssen sich die Hauptfiguren mit vielen Altlasten auseinandersetzen. Auch Angela Kreuz fühlt sich durch ihre Recherchen schließlich „heute viel freier“. Aktuell ist sie noch auf der Suche nach einem Verlag für den neuen Roman. Über zwei neue Mitglieder für die Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg konnte sich am Ende der Veranstaltung Jean Ritzke Rutherford von der Vorstandschaft freuen.

Buchcover mit einem Fahrrad

Text und Fotos: Markus Bauer

(jas)

Weitere Infos

Picknick an der Grenze ist im Spielberg Verlag erschienen.



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